Heimkehrer

Bis 1950 kehrten in erster Linie Kriegsgefangene und ab 1955 vorwiegend Zivilverurteilte aus der sowjetischen Gefangenschaft zurück. Zu den ersten Heimkehrern aus der Sowjetunion im Juni 1945 zählten jene, die verwundet, zu schwach oder zu krank waren, um für den Arbeitseinsatz in den sowjetischen Lagern in Frage zu kommen.

Zurück in der Heimat
Im Zeitraum zwischen September 1947 und März 1948 kam es im Rahmen der insgesamt 39 großen organisierten Kriegsgefangenentransporte des österreichischen Innenministeriums zur Heimkehr des größten Teils (70%) an österreichischen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion. In den folgenden Jahren waren die Zahlen rückläufig: 1948 trafen 12 Prozent und 1949 nur mehr 9 Prozent Kriegsgefangene aus der Sowjetunion in Österreich ein. Die meisten dieser Transporte wurden über Wiener Neustadt, der „Heimkehrerstadt“ geführt, von wo aus sie in ihre Heimatorte weiterreisten. Empfangen wurden die Heimkehrer von einer jubelnden Menge und von Politikern ihres „Vaterlandes“, das nun einen anderen Namen trug. Sie erhielten etwas Geld, eine warme Mahlzeit und eine Packung Zigaretten.

Prägendstes Bild der Heimkehrerszenen waren sicherlich die vielen wartenden Frauen, Mütter und Kinder, die ihren Mann, Sohn oder Vater in der Menge der Heimkehrer wiederzufinden hofften oder in der Hoffnung auf Auskünfte über das Schicksal ihrer Familienangehörigen den Heimkehrern Fotos der vermissten Personen entgegenstreckten.

Betreuung der Heimkehrer
Neben der Organisation der Rückführung sorgte die dem Innenministerium unterstellte „Kriegsgefangenenfürsorge“ auch für den Empfang der Heimkehrer, für ärztliche Untersuchungen und die Ausstattung mit Kleidung, Unterkünften sowie fallweise Unterstützung mit Geld nach Bedürftigkeit. Bei ihrer Ankunft erhielten Heimkehrer den Heimkehrer-Entlassungsschein und einen Fahrtenschein für die weitere Reise sowie das Informationsblatt „Gruß der Heimat“, das Auskunft über Fragen der Versicherung, der Arbeitssuche und über die politische Neuordnung des Landes nach dem Mai 1945 gab sowie das „Merkblatt 2 für Heimkehrer“, das sanitäre und medizinische Informationen beinhaltete. Die Kriegsgefangenenfürsorge kümmerte sich auch um die Re-Integration in den Arbeitsmarkt und vermittelte Kontakte zu Landesarbeitsämtern und Landesinvalidenämtern.

Integration und Weiterleben
Die Heimkehr bedeutete für viele der aus der Kriegsgefangenschaft Entlassenen eine Ankunft in einer völlig neuen Welt: Viele hatten während der Gefangenschaft kaum Informationen über die weiteren Geschehnisse in ihrer Heimat erhalten. Das politische System hatte sich verändert, Österreich war (wieder) ein demokratischer Staat mit frei gewählten Vertretern geworden.
Vollkommen anders gestaltete sich auch das erneute Zusammenleben im Familienkreis, dies betraf sowohl die Heimkehrer als auch die Daheimgebliebenen. Oft kehrte nicht mehr dieselbe Person wie vor dem Krieg zurück: Ausgemergelt und vielfach psychisch gebrochen, hatte das in Gefangenschaft Erlebte das weitere Leben der Heimkehrer geprägt.

Kaum jemandem war es möglich, dort weiterzumachen, wo der Krieg eine Zäsur gesetzt hatte: Eingeholt von der Realität der Nachkriegszeit hatten die Heimkehrer die Bewältigung des Alltags meistern. „Es gab kaum einen von uns, der einfach weitermachen konnte. Die meisten standen vor dem Nichts. Zu vieles hatten wir verloren – Gesundheit, Jugend, Existenz, Freunde und manchmal sogar die Familie. Alles lag unter den Trümmern der Vergangenheit. Trotz dankenswerter Hilfe von manchen Seiten blieb es doch ein dornenvoller Weg, ein mühsamer Neubeginn, bis wir uns im Leben einigermaßen wieder zurechtfanden“, so der Bericht einer Heimkehrerin.
Die Re-Integration in Beruf und Gesellschaft dauerte oft Monate bis Jahre, und mit Sicherheit hat die Zeit in den Lagern das weitere Leben jedes Einzelnen geprägt.

Britische und amerikanische Kriegsgefangenlager
Insgesamt waren mehr Oberösterreicher in westalliierter als in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Zu Jahresende 1945 unterschied sich die Heimkehrerquote dieser Länder kaum. Sie betrug aus den westalliierten Staaten 36% und aus Osteuropa 38%. Jedoch wurden auch in der weiteren Zeit die Gefangenen der Westalliierten relativ zügig und vor allem kontinuierlich entlassen, was sich in der Sowjetunion gegenläufig entwickelte, da die Kriegsgefangenen einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor darstellten.

Verwendete Literatur siehe Bibliografie.
Redaktionelle Bearbeitung: Elisabeth Kreuzwieser, 2005


Siehe auch: Ausstellungsrundgang Heimkehrer 1947