Die Elektrifizierung
des Hauses

Elektrogeräte erobern den Haushalt
Ab den 1950er Jahren erfolgte eine breite, alle Gesellschaftsschichten erfassende Welle der Haushaltselektrifizierung, die als wesentlicher Aspekt des „Wirtschaftswunders“ wohlwollend betrachtet wurde: Die Anschaffung von Elektrogeräten, welche die Erleichterung und Beschleunigung der Haushaltsarbeit versprachen, boomte: Ob Gas- oder Elektrobügeleisen, Kocher (Kochplatten), Mixer, Kompressorkühlschränke, Elektroherd oder Staubsauger – Elektrogeräte begannen sich, obwohl als Idee zumeist schon vor der Jahrhundertwende erfunden und in kleinen Mengen abgesetzt, nun massenhaft durchzusetzen. Zwar war die Anschaffung derartiger dauerhafter Konsumgüter noch verhältnismäßig teuer, aber sie gehörten zum Prestige des Mittelstandshaushaltes. Hierfür wurde selbst die – vor dem Krieg noch verpönte – Bezahlung in Raten in Kauf genommen.

Weibliche Berufstätigkeit und Haushaltsarbeit
Trotz zunehmender Berufstätigkeit der Frauen ab den 1950er und 1960er Jahren, blieb die Haushaltsarbeit weiterhin ungebrochen eine weibliche Domäne. Unterstützt wurde die Frau lediglich durch die Anschaffung teurer Elektrogeräte, die dem Markt zu einem erhöhten Absatz und den Männern mehr gemeinsame Zeit mit ihren Frauen bescheren sollten. „Miele machts der Hausfrau leichter“ verspricht ein Werbeslogan aus jener Zeit. Der Haushalt als der „Staat im Kleinen“ oder als „Generalnenner für ein Dutzend Berufe“ (Frauenrundschau) pochte auf den Stolz der Frau für ihre täglich geleistete Arbeit.
Besonders wurde auch die Einrichtung und technische Ausstattung propagiert, denn die rationell geplante Einbauküche und zeitsparende Elektrogeräte wären ein unabdingbares Hilfsmittel für die berufstätige Frau. Mit technischer Hilfe würde sie mit der Haushaltarbeit zurechtzukommen, und außerdem Mann und Kinder neben dem Beruf noch „anständig“ umsorgen können. Die Rollenzuschreibungen zwischen Mann und Frau zu jener Zeit kommen deutlich zum Ausdruck, wenn ein Werbeslogan aus dem Jahr 1952 verspricht:

Werbeslogan

aus: Beyers Mode für alle, 1952
„Mutti hat Zeit, um den kleinen Peter geduldig zu füttern. Sie hat Zeit für ihren Mann – sie hat Zeit für sich selbst! Mutti hat keine Hausgehilfin – aber sie hat einen PROGRESS MINOR SUPER, diesen vielseitigen, praktischen Staubsauger, der ihre bei der täglichen Hausarbeit kostbare Zeit und viel Mühe spart.“

Rationalisierung
Rationalisierung war ab den 1950er Jahren das häufigste Argument im Bereich der modernen Haushaltsarbeit und diese wurde direkt mit Technisierung gleichgesetzt. Zeitprobleme sollten durch technische Geräte und sorgfältig geplante Einrichtung dauerhaft beseitigt werden. In diesem Sinne basierten rationalisierte, amerikanische Küchen auf klar kalkulierten Arbeitswegen, genau bemessenen Schrankhöhen und funktionaler Anordnung. Kurze Wege sollten die Arbeit weniger und die Freude an der Arbeit dafür größer machen. Die eindeutige Zielgruppe der Rationalisierung waren die Hausfrauen, die durch die Werbung direkt angesprochen wurden und die Argumente lauteten Kraft- und Zeitersparnis und sogar Zeitgewinn für Arbeit, Mann und Kinder. Mit der Elektrifizierung des Haushalts begann eine neue Ära, in der die Frau nun mehr Zeit für wichtigere Aufgaben erhalten sollte, wie unter anderem die weibliche Berufstätigkeit, mittels welcher das Familieneinkommen aufgebessert und der Lebensstandard erhöht werden sollte. Tatsächlich stiegen jedoch auch die Hygienestandards, die einen Zeitgewinn durch die Nutzung elektrischer Geräte wieder fraglich erscheinen lassen.

„Kühl und frisch auf den Tisch …“ – Der Kühlschrank
Gegen Mitte der 1950er Jahre avancierte der Kühlschrank zum Wunschtraum der österreichischen Durchschnittsfamilie schlechthin und zählte neben Fernseher und Waschmaschine zu den begehrtesten Statussymbolen. 1955 befanden sich in den österreichischen Haushalten bereits 77.500 Kühlschränke und bis 1970 hatte sich diese Zahl mehr als verdoppelt. Innerhalb zweier Jahrzehnte war aus dem begehrten Luxusgegenstand ein alltägliches Haushaltsgerät geworden.

Ein gefüllter Kühlschrank mit Wurst, Käse, Obst und Gemüse symbolisierte den überwundenen Mangel und den nun endlich erreichten Wohlstand. Die Verankerung der Vorzüge des Kühlgerätes in den Köpfen der Bevölkerung wurde durch Reklame und Massenmedien intensiv unterstützt. Bilder von eisgekühlten Erfrischungsgetränken oder Cocktails verfehlten ihre Wirkung nicht. Schließlich waren die Vorzüge der dauerhaften elektronischen Kühlung nicht von der Hand zu weisen: Mit dem Argument der Frische von gekühltem Fleisch und Gemüse ging auch jenes von Hygiene und Gesundheit einher. Bequemlichkeit und Zeitersparnis wurden ebenfalls angepriesen, da sich durch die längere Haltbarkeit der frischen Lebensmittel im gekühlten Zustand der tägliche Besuch im Lebensmittelladens auf gut geplante Wocheneinkäufe reduzieren ließ. Überdies war man für Überraschungsbesuche jeder Art gerüstet. auch unerwartete Gäste konnten nach einem Griff in den Kühlschrank jederzeit stattlich bewirtet werden. Besonders die „Kalte Küche“ mit Brötchenkreationen und kalten Platten erlebte mit der Verbreitung des Kühlschranks eine Hochkonjunktur, wie diverse Rezepthefte bezeugen.

Bedarf und Verbreitung von Staubsaugern in Oberösterreich
Eine Studie der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich basierend auf Haushaltstatistiken der Jahre 1950 bis 1972 gibt Einblick in die Wohn- und Lebensverhältnisse der oberösterreichischen Bevölkerung.
1950 besaßen nur 34,2 % der oberösterreichischen Haushalte einen eigenen Staubsauger. Für viele Haushalte war die Anschaffung eines solchen Gerätes noch unwesentlich, da ohnehin nur das Wohnzimmer mit einem Teppich ausgestattet war, und die pflegeleichten Holzböden oder Fußböden aus Linoleum, Kunstharz oder Asbestfasern durchaus den Bedürfnissen der Bevölkerung entsprachen. So brachte eigentlich erst der Staubsauger den Teppich in die Wohnungen und diese wiederum wären ohne Staubsauger kaum verwendbar gewesen. Werbesprüche wie „Der Sauger saugt den Staub heraus, gesund und rein ist dann das Haus“ oder „Elektrisch bürsten, Gott sei Dank, macht raschest Dir den Boden blank“, versprachen schließlich eine schönere Zukunft. Die Ausstattung mit Staubsaugegeräten stieg rasch an. 1960 gab es bereits in 77,5 % der Haushalte ein derartiges Gerät. 1965 war mit 92,1 % schon eine weitgehende Sättigung gegeben.

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Verwendete Literatur siehe Bibliografie.
Redaktionelle Bearbeitung: Elisabeth Kreuzwieser, 2005