Die Entwicklung
der oberösterreichischen Wirtschaft

Oberösterreich hat in den sechzig Jahren seit 1945 einen rasanten Modernisierungsprozess durchlaufen. Es ist in der wirtschaftlichen und sozialen Dynamik an die Spitze der österreichischen Bundesländer gerückt.
Vor dem Zweiten Weltkrieg war Oberösterreich immer noch ein hauptsächlich agrarisch sowie klein- bis mittelbetrieblich strukturiertes Land. Oberösterreich profitierte zweifellos von der Welle von Industriegründungen, die gleich nach dem Anschluss realisiert wurden. Dieses Gründungsszenario wurde nach 1945 durch die Verlagerung von Betrieben in die amerikanische Besatzungszone, durch amerikanische Marshallplan-Hilfe, die vorwiegend der amerikanischen Besatzungszone zugute kam, und die beginnende ökonomische Integration nach Westeuropa nochmals bekräftigt.

Die grundsätzliche Entscheidung für eine großzügige Weiterführung und Ausweitung der Kriegsgründungen fiel aber nicht bereits unmittelbar nach Kriegsende, sondern erst in den Jahren 1947 und 1948 im Zusammenhang mit dem Marshallplan und der damit verbundenen wirtschaftlichen Integration Westeuropas und als Ersatz für entsprechende Produktionen in der russischen Besatzungszone. Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung schätzte die Zahl der in Oberösterreich ansässigen Industriebetriebe im Sommer 1946 auf ca. 1100 gegenüber 500 bis 600 im Jahr 1937. Davon waren ca. 100 im Krieg entstanden oder hieher verlagert worden. Den Rest bildeten nach Kriegsende vorgenommene Neugründungen. Für diesen „Gründerboom“ unmittelbar nach Kriegsende gab es viele Ursachen: der Zustrom von Flüchtlingen, Vertriebenen und Wagemutigen, die in der amerikanischen Besatzungszone eine neue Chance fanden, die Verlegung von Firmensitzen und Firmenvermögen hierher, das große Angebot an neuen Arbeitskräften, nicht zuletzt die amerikanische Marshallplanhilfe, die der amerikanischen Besatzungszone in besonderem Maße zugute kam.

Zwischen 1948 und 1955 ergab sich daraus eine industrielle Gründungswelle, die sich auch in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre noch fortsetzte. Durch den Strukturwandel zählte Oberösterreich bereits 1955 zu den bedeutendsten Industrieregionen des Bundesgebietes. Oberösterreich ist im Verlauf der siebziger Jahre zum größten Industrieland Österreichs geworden, hat Niederösterreich und Wien in dieser Stellung überholt und hat auch in der gewerblichen Sachgüterproduktion hinter Wien die zweite Stelle übernommen. In Beschäftigung wie Exportquote liegt Oberösterreich voran. Es hat österreichweit die niedrigste Arbeitslosenrate, der Landeshaushalt ist schuldenfrei.

Nicht zuletzt war es die Tatkraft der politischen und ökonomischen Entscheidungsträger, dass Oberösterreich zum größten Industrieland Österreichs geworden ist. Viele zukunftsweisende Ideen sind in Oberösterreich früh aufgegriffen worden: In der Nachkriegszeit konnte die Infrastruktur des Landes entscheidend verbessert werden: Donaubrücken, Autobahnbau, die Neutrassierung von Bundes- und Landesstraßen, Ortsumfahrungen, Bau von Güterwegen und bäuerlichen Zufahrtsstraßen, die Staubfreimachungen, die Ortsplatzgestaltungen, die Orts- und Ringkanalisationen, die Wasserleitungen, der Hochwasserschutz, der Kraftwerksbau und generell die Stärkung der Energieversorgung des Landes, das waren die Voraussetzungen und begleitenden Maßnahmen des Wirtschaftswunders.

Autor: Roman Sandgruber, 2005