Höfisches Leben

Höfisches Leben im Mittelalter


Das Gebiet des heutigen Oberösterreich verfügte während des gesamten Mittelalters über kein eigentliches Machtzentrum. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts allerdings wurde Linz für wenige Jahre zur Kaiserstadt. Nachdem Kaiser Friedrich III. hier bereits 1484/85 Residenz genommen hatte, wurde die Stadt von 1489 bis 1493 zum Mittelpunkt des Heiligen Römischen Reiches, weilte doch in dieser Zeit der kaiserliche Hof ständig in Linz.

Der Begriff ‚Hof’
Der Hof hat im Mittelalter grundsätzlich vier verschiedene Erscheinungs- bzw. Existenzformen.
Da ist der architektonisch materielle Hof als Burg, Residenz oder anderes Gebäude. Die zweite Erscheinungsform ist der Hof als Zentrum der politischen Macht, wo die handlungsrelevanten Entscheidungen gefällt werden, wo Hofleben stattfindet. Der Hof setzt sich allerdings auch aus einem ganz bestimmten Personenrepertoire zusammen, dem Herrscher – sei es nun Kaiser, König, (Erz-)Bischof oder Fürst - und der unmittelbaren Hofgesellschaft, die über die Jahrhunderte keine homogene Gruppierung bildete. Auf einer ganz anderen, geistigen Ebene existierte der Hof als Idealbild, das sich aus der Literatur speiste und auf sie zurückwirkte.
Die lateinischen Quellen bieten für ‚Hof’ verschiedene Bezeichnungen: palatium, das noch in ‚Pfalz’ und ‚Palast’ erkennbar ist; aula regia, also königlicher Raum, wo sich der König mit seinem Gefolge aufhält; curtis, das das schon erwähnte Gebäude an sich meint. Auch die angesprochene Idealvorstellung vom Hof findet sprachlich ihren Niederschlag. Das lateinische curialitas (von curia) wird im Provencalischen zur cortizia und im Französischen zur courtiosie. Das Mittelhochdeutsche bildet die hövescheit, die sich im Neuhochdeutschen als ‚Höflichkeit’ erhalten hat.

'Vorbild römisches Kaisertum
Als Vorbild für die Königshöfe diente im frühen und hohen Mittelalter das spätantike römische Kaisertum. Das galt für die architektonische Ausstattung ebenso wie für das Hofzeremoniell. Die historisch näher liegenden Vorbilder sind in den Höfen Frankreichs zu finden. Allerdings etablierte sich im ‚deutschsprachigen Raum’ nicht der Hof einer dauernden Residenz, da unter der Regentschaft der Merowinger (7./8. Jahrhundert) die Reichsteilung dies verhinderte. Damit etablierte sich der ‚Hof in Bewegung’. Das Ziel war, dass der Herrscher im ganzen Reich präsent sein müsse. Das bedeutete, dass der Herrscher mit seinem ‚Tross’ von Residenz zu Residenz, von Burg zu Burg, manchmal auch nur von Burg zu größerem Gehöft – das Erscheinungsbild der Pfalzen divergierte stark – unterwegs war und dort u. a. seine Hoftage abhielt. Die Existenz von drei Königspfalzen auf engem Raum im heutigen Innviertel – in Ranshofen, Mattighofen und Ostermiething - erklärt sich allerdings aus deren Lage inmitten großer Wälder, in denen die karolingischen Herrscher und ihre Nachfolger die Jagd pflegten.

In Kriegszeiten war es nur das Zelt, das zur Hofhaltung diente. Diese bewegliche und bewegte Form der Hofhaltung erlebte unter Karl dem Großen (Krönung 800) in vieler Hinsicht einen Höhepunkt. Dies führt nun zu der Frage, für welche Lebensbereiche dieser Hof, seine Protagonisten und Zusammenkünfte von Relevanz waren, welche Funktionen der Hof erfüllte.

Autorin: Siegrid Schmidt, 2009