August Eigruber

August Eigruber, zwischen 1938 und 1945 als Reichsstatthalter und Gauleiter der mächtigste Mann in Oberdonau, wurde am 16. April 1907 in Steyr als unehelicher Sohn von Augustin Thaler und Aloisia Eigruber geboren. Seine Mutter verdiente ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Gemüse. Geld für eine höhere Schulbildung des Sohnes war nicht vorhanden. August Eigruber absolvierte nach der Volksschule und vier Klassen Realschule die einjährige Eisen- und Stahlfachschule und wurde Vermessungstechniker und Feinmechaniker.

Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse war er immer wieder auf Arbeitssuche. Seine Anstellung in einer Rechenmaschinenfabrik verlor er ebenso wie seine Tätigkeit als Hilfsarbeiter in der Vulkanisierabteilung einer Gummifabrik. Vorübergehend erhielt er Arbeit im Bezirksvermessungsamt Steyr, wurde aber wiederum entlassen. Zwischen 1928 und 1934 konnte er mehrmals in den Steyr-Werken Arbeit finden, zuletzt als Magazinarbeiter.

Nationalsozialistische Arbeiterjugend
1922 trat Eigruber der Nationalsozialistischen Arbeiterjugend Österreichs bei, ein Jahr später war er bereits Gruppenleiter der Jugendgruppe Steyr, 1925 Jugendführer in Oberösterreich. Er engagierte sich für die Unterstellung der Nationalsozialistischen Arbeiterjugend unter die Führung Adolf Hitlers, wozu es 1927 schließlich kam. Mit Erreichen der notwendigen Altersgrenze trat er 1928 der NSDAP bei.

1930 heiratete Eigruber Johanna Spatzenegger und gab das Amt des Jugendführers auf, als seine Frau ein Kind erwartete. Das Paar hatte insgesamt sechs gemeinsame Kinder, vier Söhne und zwei Töchter. Im selben Jahr übernahm er die Bezirksleitung der NSDAP in Steyr-Land und ein Jahr später zusätzlich die des Bezirkes Steyr-Stadt. 1933 avancierte er zum Kreisleiter des Kreises Steyr, dem die Bezirke Steyr-Stadt, Steyr-Land, Kirchdorf und Perg angehörten.

Politische Tätigkeit im Untergrund
Im selben Jahr wurde die NSDAP in Österreich verboten, Eigruber arbeitete im Untergrund weiter. Er wurde unmittelbar nach dem Verbot das erste Mal festgenommen und für eine Woche inhaftiert. Bis 1938 sollten 21 Hausdurchsuchungen und 19 Festnahmen folgen, mehrmals kam Eigruber auch in das Anhaltelager Wöllersdorf und teilte seine Zelle mit Sepp Teufl, einem der führenden oberösterreichischen Kommunisten, mit dem er rege politische Diskussionen führte. 1945 sollte Eigruber kurz vor der Befreiung des KZ Mauthausen den Befehl zur Ermordung des dort inhaftierten Teufl geben.

Der bisherige Gauleiter in Oberösterreich, Andreas Bolek, war 1933 nach München geflohen, wo sich auch der Landesleiter von Österreich, Alfred Proksch, und Landesinspekteur Theo Habicht aufhielten. Eigruber blieb mit ihnen mittels Fahrradstafetten bzw. im Winter über Skiläufer in Kontakt. Laut Eigruber existierten zu dieser Zeit Spannungen zwischen den in Österreich verbliebenen Nationalsozialisten und den nach Deutschland geflohenen, weil die Verbliebenen den Eindruck gewannen, dass sie den „Kampf“ weiterführen mussten, während es sich die Flüchtlinge in Deutschland „gut gehen ließen“. Als Beispiel nannte Eigruber einen Zigarettenstreik der österreichischen Nationalsozialisten. Damit sollte der Staat über den Verlust an Tabaksteuer getroffen werden. Während die Nationalsozialisten in Oberösterreich nicht rauchten, ließ sich Bolek österreichische Zigaretten nach Deutschland bringen, weil ihm die deutschen nicht schmeckten.

Putschversuch der Nationalsozialisten im Juli 1934
Am 25. Juli 1934 verblutete der österreichische Bundeskanzler Engelbert Dollfuß bei einem Putschversuch der Nationalsozialisten im Bundeskanzleramt. Eigruber wurde verhaftet und wiederum nach Wöllersdorf gebracht, eine Verbindung zu den Putschisten konnte ihm aber nicht nachgewiesen werden. 1935 übernahm Eigruber die Gaugeschäftsführung in Oberösterreich und ein Jahr später wurde er in Marchtrenk zum illegalen Gauleiter gewählt und seine Wahl anschließend von Landesleiter Josef Leopold offiziell bestätigt. Im Herbst erneut verhaftet, wurde er zu sechs Monaten Einzelhaft verurteilt. Eigrubers finanzielle Situation verschlechterte sich und er sah sich gezwungen, Unterstützung vom NS-Hilfswerk anzunehmen.

Im Juli 1937 reiste Eigruber legal nach Deutschland, um seine Frau zu besuchen, die sich dort gemeinsam mit dem jüngsten Kind auf einem von der Partei finanzierten Kuraufenthalt befand. Er wollte sich gleichzeitig ein Bild von Deutschland machen, das zu diesem Zeitpunkt bereits fünf Jahre unter nationalsozialistischer Herrschaft stand, und war beeindruckt vom wirtschaftlichen Aufschwung. Ein Angebot, mit seiner Familie in Deutschland zu bleiben, lehnte er aber ab, weil ihm das Schicksal der österreichischen Flüchtlinge als wenig verlockend erschien. Zurück in Österreich stellten ihn die Behörden in Steyr vor die Wahl, entweder wiederum verhaftet zu werden oder Steyr zu verlassen. Eigruber zog daraufhin nach Linz um, das sich als Zentrale für die Parteiaktivitäten auch besser eignete.

Gauleiter in Oberösterreich
Auf Weisung des deutschen Sonderbeauftragten Wilhelm Keppler und im Einverständnis mit den Gauleitern von Salzburg und Kärnten übernahm August Eigruber in der Nacht vom 11. auf den 12. März 1938 die Macht in Oberösterreich. Nicht eingeweiht in diese Pläne war allerdings der neue nationalsozialistische Bundeskanzler Arthur Seyß-Inquart in Wien. Als Adolf Hitler am Abend des 12. März auf dem Balkon des Linzer Rathauses zur Linzer Bevölkerung sprach, stand Eigruber unmittelbar neben ihm.

Zwei Tage später bildete er eine neue Landesregierung. Ende März wurde Eigruber als Gauleiter in Oberösterreich bestätigt, womit er der jüngste Gauleiter auf ehemalig österreichischem Gebiet war. Bei seinen Verhören nach dem Zweiten Weltkrieg gab er gegenüber den Amerikanern an, dass er schon aufgrund seiner Ausbildung keinerlei Erfahrung mit der Arbeit einer staatlichen Verwaltung hatte. Er hätte drei Jahre benötigt, um überhaupt einen Überblick zu erlangen. Aus diesem Grund war er auch auf die fachliche Mithilfe von Gegnern des Nationalsozialismus angewiesen.

Eigruber wurde 1938 in den Deutschen Reichstag gewählt, ein Gremium, dem keine tatsächliche Macht zukam. Eigruber fragte später die amerikanischen Ermittlungsbeamten, wer die am besten bezahlten Wiener Sängerknaben seien? - Die Mitglieder des Reichstages: Einmal im Jahr stehen sie auf, singen das Horst Wessel-Lied und bekommen 500 Reichsmark im Monat dafür.

Eigruber wird Reichsstatthalter
Im Jahr 1940 wurde die Neuorganisation der Verwaltung in Oberdonau abgeschlossen und August Eigruber zum Reichsstatthalter ernannt. Er stand an der Spitze der staatlichen Verwaltung, der Gauselbstverwaltung und der Reichssonderverwaltung. Dazu kamen eine Reihe von Aufsichtsratsposten in der Alpine Montan AG Hermann Göring, der Steyr-Daimler-Puch AG, der Wohnungs-AG der Reichswerke Hermann Göring, der Wolfsegg-Traunthaler Kohlenwerks-AG und der Rhein-Main-Donau AG.

Eigruber wird Reichsverteidigungskommissar
1942 wurde Eigruber zum Reichsverteidigungskommissar ernannt und erhielt damit die Zuständigkeit für Angelegenheiten der zivilen Reichsverteidigung. Im selben Jahr erhielt er die Beförderung zum SS-Obergruppenführer, einem Rang, der für ihn allerdings mit keinen realen Machtbefugnissen verbunden war.

Als im Frühjahr 1945 amerikanische und sowjetische Truppen Richtung Oberösterreich vorrückten, forderte Eigruber von der Bevölkerung Widerstand bis zum Äußersten. Es kam zu standrechtlichen Erschießungen auf Eigrubers Befehl und zum Mord an bekannten Gegnern der Nationalsozialisten, die sich im KZ Mauthausen befanden.

Festnahme, Prozess  und Hinrichtung Eigrubers
Bevor amerikanische Truppen Linz erreichten, setzte Eigruber sich nach Kirchdorf an der Krems ab, wo er eine letzte Radioansprache an die Bevölkerung hielt. Mit falschen Papieren, die auf den Namen „Bernhard Gruber“ lauteten, versuchte Eigruber unterzutauchen und sich auf einer Jagdhütte zu verstecken. Von zwei ehemaligen HJ-Führern an den CIC verraten, wurde er am 10. August in St. Pankraz in Arrest genommen.

Bei den ersten Verhören durch den amerikanischen OSS (Office of Strategic Services) in Linz und im US Detailed Interrogation Center in Gmunden zeigte Eigruber keine Schuldeinsicht. Er berief sich darauf, immer nur auf Befehl der Reichsministerien gehandelt zu haben, und lehnte jede Verantwortung für die Verbrechen im Konzentrationslager Mauthausen und im Schloss Hartheim ab. Zeugenaussagen von Überlebenden belasteten ihn aber schwer. So sagte der Mauthausen-Überlebende Hans Maršálek aus, dass Eigruber bei der Erschießung von holländischen, britischen und amerikanischen Soldaten im KZ Mauthausen im Herbst 1941 persönlich anwesend gewesen sei.

Eigruber gestand, dass er zumindest einmal in Schloss Hartheim gewesen war, gemeinsam mit Reichsschatzmeister Franz Schwarz, Reichsminister Wilhelm Frick, dem Chef des Reichssicherheitshauptamtes Ernst Kaltenbrunner und anderen Parteifunktionären. Der Leiter der Anstalt Dr. Rudolf Lonauer hätte sie durch das Gebäude geführt.

Im Oktober 1945 wurde Eigruber nach Nürnberg überstellt, um dort vor dem Internationalen Militärgerichthof auszusagen. Im März 1946 stand Eigruber mit 60 weiteren Angeklagten in Dachau vor Gericht. Wegen seiner Beteiligung an den Verbrechen im KZ Mauthausen wurde er zum Tod durch den Strang verurteilt. Das Gnadengesuch seiner Frau Johanna wurde abgelehnt und Eigruber am 27. Mai 1947 in Landsberg am Lech hingerichtet.

Autoren: Josef Goldberger und Cornelia Sulzbacher

Aus: Goldberger, Josef - Cornelia Sulzbacher: Oberdonau. Hrsg.: Oberösterreichisches Landesarchiv (Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus 11).- Linz 2008, 256 S. [Abschlussband zum gleichnamigen Forschungsprojekt des Oberösterreichischen Landesarchivs 2002-2008.]