Musik

Anton Bruckner
Unter all jenen KünstlerInnen, die in Oberösterreich von den Nationalsozialisten vereinnahmt wurden, sticht besonders Anton Bruckner hervor. Mit ihm identifizierte sich Hitler nicht nur biografisch. Für die Nationalsozialisten war Bruckner ein Sinnbild für die „geistige und seelische Schicksalsgemeinschaft, die das gesamte deutsche Volk verbindet“. Kein Wunder also, dass im Marmortempel der Walhalla in Regensburg schon vor dem Anschluss, im Juni 1937, eine Bruckner-Büste des Münchner Bildhauers Adolf Rothenburger in persönlicher Anwesenheit Hitlers enthüllt wurde – im Übrigen die einzige Büste, die man während der NS-Zeit in der Walhalla aufstellte. Nach dem Anschluss sollte insbesondere das Stift St. Florian bei Linz den angemessenen Rahmen für die Bruckner-Verehrung bieten. Hierhin sollte der Sitz der Deutschen Bruckner-Gesellschaft unter Wilhelm Furtwängler von Wien verlegt, eine Orchesterschule zur Ausbildung von Dirigenten eingerichtet und eine Musikhochschule und ein musisches Gymnasium gegründet werden. Regelmäßige Orgelimprovisationswettbewerbe und Bruckner-Festspiele waren geplant. Vor allem aber sollte das Stift Sitz der Reichsrundfunkgesellschaft unter Heinrich Glasmeier werden und das Reichs-Bruckner-Orchester des Großdeutschen Rundfunks (auch Bruckner-Orchester genannt) sowie den Reichs-Bruckner-Chor beherbergen. Das alles sollte möglich werden, nachdem das bestehende Stiftsgymnasium, das Sängerknabenkonvikt und die Lehrerbildungsanstalt in St. Florian im Juli 1938 aufgelöst worden waren. „Wir wollen die Pfaffen hier vertreiben, eine Hochschule für Musik und die Brucknergesellschaft hinlegen“, schrieb Joseph Goebbels in sein Tagebuch, als er im März 1941 das Stift besuchte.

Neben der Bruckner-Verehrung versuchte man, Bezüge zu Komponisten herzustellen, die im Sinne der NS-Kulturpolitik „akzeptabel“ waren und Oberösterreich und Linz zumindest auf der Durchreise gestreift hatten: Christoph Willibald Gluck, Wolfgang Amadeus Mozart, Franz Schubert, Josef Lanner, Carl Michael Ziehrer und Hugo Wolf.

Propagandawert der Populärmusik
Vor allem nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges erkannten die kulturpolitisch Verantwortlichen den hohen Propagandawert der Populärmusik. Die Operette wurde damit kriegswichtiger als die Oper. So fand etwa 1942 am Linzer Landestheater das „Land des Lächelns“ von Franz Lehár in einer opulenten Führerausstattung großen Anklang. Nach dem Namen des Librettisten dieser Operette, Fritz Beda-Löhner, suchte man allerdings am Theaterzettel vergebens. Er war bereits im März 1938 ins KZ Dachau gebracht worden und wurde 1942 in Auschwitz ermordet.

Aufführungsverbot für jüdische Werke
Der Musikbolschewismus sollte durch die arische Moderne Oberdonaus ersetzt werden, so lauteten die Schlagworte. Aufführungen von Werken jüdischer Komponisten wurden verboten. Nach Beginn des Russlandfeldzuges im Juni 1941 kam das Verbot für russische Komponisten hinzu. Dies sollte Platz schaffen für zeitgenössische KomponistInnen des Gaues, unter ihnen Franz Schnopfhagen (kurzzeitig Landesleiter der Reichsmusikkammer), Franz Neuhofer, Ludwig Daxperger, Franz Xaver Müller, Karl Rausch, Isidor Stögbauer oder Frida Kern. Diese KomponistInnen versuchten über politische Mittler wie Franz Kinzl und Anton Fellner zu erreichen, dass Georg Ludwig Jochum, der Leiter des Städtischen Symphonieorchesters und des Bruckner-Orchesters, mehr „gaueigene zeitgenössische Kompositionen“ in seiner Programmgestaltung berücksichtigte.

Aufwertung der Musikerziehung
Die Musikerziehung erfuhr durch die Gründung der Städtischen Musikschule, der Musikschulen für Jugend und Volk und der HJ-Musikschulen im Mai 1939 eine enorme Aufwertung. Daneben gab es als Ausbildungseinrichtung – von den Plänen für St. Florian abgesehen – auch noch das Bruckner-Konservatorium. Dieses war durch eine Umbenennung aus der Linzer Musikvereinsschule hervorgegangen. Adolf Trittinger, der bisherige Stiftsorganist von St. Florian, wurde 1939 Direktor des Bruckner-Konservatoriums, nachdem sein Vorgänger, Robert Keldorfer, nach der Auflösung des Linzer Musikvereins als politisch untragbar beurlaubt wurde.

Zwischen den einzelnen Einrichtungen der Musikerziehung kam es zu einer Konkurrenzsituation, die neben der kriegsbedingten Raum- und Lehrernot 1942 zur Zusammenlegung der Musikschulen führte.

Neben dem Bruckner-Orchester des Großdeutschen Rundfunks, das als Reichsorchester galt, gab es in Linz auch das Städtische Symphonieorchester unter der Leitung von Georg Ludwig Jochum, der ab 1943 auch das Bruckner-Orchester leitete. Die ständigen Einberufungen zur Wehrmacht stellten das Symphonieorchester, das auch Theaterorchester am Landestheater war, vor ernste Personalprobleme. 1942/43 stand sogar seine Auflösung im Raum.

Autoren: Josef Goldberger und Cornelia Sulzbacher

Aus: Goldberger, Josef - Cornelia Sulzbacher: Oberdonau. Hrsg.: Oberösterreichisches Landesarchiv (Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus 11).- Linz 2008, 256 S. [Abschlussband zum gleichnamigen Forschungsprojekt des Oberösterreichischen Landesarchivs 2002-2008.]


Weitere Informationen siehe Themenrundgang"Musikgeschichte Oberösterreichs"

 

 

  • Musik im Nationalsozialismus
  • Anton Bruckner

und in der Ausstellungsdokumentation "Kunst unter dem Nationalsozialismus"

 

 

  • Musik und Theater