Täufer

Die Täufer in Oberösterreich


Entstehung religiöser Randgruppen
Die allmähliche Auflösung des einheitlichen (mittelalterlichen) Weltbildes begünstigte naturgemäß auch die Bildung religiöser Randgruppen. Die herrschenden sozialen Spannungen bereiteten zudem den Boden für die neuen Anschauungen etwa über Ablass, Klosterwesen und Papsttum. Martin Luther stellte das Evangelium, die „reine Lehre“, in den Mittelpunkt seiner Kritik an den kirchlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen und damit die (kirchliche) Autorität in Frage. Nun trat die subjektive Heilserfahrung in den Vordergrund.

Verschiedene Strömungen
In Zürich löste sich aus dem Kreis der Reformatoren eine neue Bewegung, die von Freunden Ulrich Zwinglis (1484–1531) ins Leben gerufen worden war. Diese lehnten die Kindertaufe ab und praktizierten stattdessen die Gläubigen- oder Erwachsenentaufe. Deswegen wurden sie von den Gegnern polemisch Wiedertäufer genannt. (Heute spricht man dagegen von Täufern.) Die Forderung der Erwachsenentaufe ergab sich für die Anhänger dieser Auffassung als Konsequenz aus der Rechtfertigungslehre bei Luther, wonach der Glaube und die Glaubensentscheidung des Einzelnen allein maßgeblich sind (Sola-Fides-Lehre). In diesem Licht erscheint die Kindertaufe fragwürdig. Luther, Zwingli und Calvin gingen diesen radikalen Schritt allerdings nicht.
Die Lehre der Täufer fand in Europa Verbreitung, wobei sich verschiedene Strömungen mit unterschiedlichen ethischen Ansätzen herausbildeten (etwa die Hutterer in Tirol und Mähren, die Mennoniten in den Niederlanden und am Niederrhein oder die Münsterschen Täufer).

Täufergemeinden in Oberösterreich
In Oberösterreich trat das Täufertum im dritten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts auf, dessen Höhepunkt und Niedergang fiel in die Jahre 1527 bis 1531. Luthers Anhänger konnten in der politisch-konfessionellen Auseinandersetzung mit den Täufern vorerst einen Erfolg verbuchen, der in den folgenden Jahrzehnten zu einem Angelpunkt in der Argumentation werden sollte: Sie konnten sich, den sektenhaften Charakter der Täufer zurückweisend, bezüglich ihrer Lehre auf dem Boden des Evangeliums behaupten. Da die Täufer indirekt Obrigkeit, letztlich Institution und Berechtigung des Staatswesens als solche in Frage stellten, barg ihr Programm zusätzlichen Konfliktstoff.

Für Oberösterreich maßgeblich war die Gemeindegründung eines Dr. Balthasar Hubmayr (Hubmaier) in Mähren (Nikolsburg), der mit seinen Schriften großen Einfluss auf die Täufer ausübte. Steyr und Linz waren Zentren der Täufer in Oberösterreich, wo unter anderem der Passauer Wolfgang Brandhuber (als Täuferbischof 1530 verbrannt) sowie Ambrosius Spittelmayr aus Linz wirkten und zum Teil unter dem Einfluss von Hans Hut standen.

Hans Hut (1490–1527)

Der Buchdrucker und -händler Hans Hut stammte aus Haina (Thüringen). Er war von Thomas Müntzer beeinflusst, der das baldige Ende der Welt und die Wiederkehr Christi voraussagte. 1526 von Hans Denck in Augsburg getauft, ging Hut 1527 nach Wien und kam – nachdem die Lage für die Täufer dort kritisch geworden war – schließlich nach Steyr. Bei der hier bestehenden Täufergemeinde wurde Hut Gemeindeleiter. Im Zuge der Verfolgung der Täufer konnte Hut u. a. über Freistadt, Gallneukirchen und Linz nach Augsburg fliehen. Dort ging der Rat aber ebenfalls gegen die Täufer vor. Hut wurde gefangen genommen und gefoltert. In Folge eines Brandes im Gefängnis kam er schließlich ums Leben.

Die Mitglieder der Täufergemeinden rekrutierten sich fast ausschließlich aus der Stadtbevölkerung, das Gros kam aus der Gruppe der Handwerker. In Steyr kamen allerdings auch Anhänger aus den Familien reicher Eisenhandelsherren. Täufer wirkten aber nicht nur in der Stadt Steyr, sondern auch im Ennstal. Ehemalige (katholische) Mönche, Priester und auch Lehrer übten meist die Funktion von „Gemeindevorstehern“ aus.
Bekannte Täufer in Oberösterreich waren u. a. Hans Schlaffer und Johannes Bünderlin.

Hans Schlaffer – Johannes Bünderlin

Hans Schlaffer war römisch-katholischer Priester, der sich allerdings der lutherischen Lehre anschloss. 1526/27 lebte er im Umkreis der Herren von Zelking auf Schloss Weinberg. Schlaffer unterhielt auch Kontakte zu den Täufern in Nikolsburg. Dies kostete ihm vermutlich das Leben; er wurde in Schwaz in Tirol hingerichtet.
Johannes Bünderlin stammte aus Linz. Bartholomäus Starhemberg (1459–1531) stellte auf Empfehlung Martin Luthers Bünderlin als Sekretär und Prediger auf seinen Herrschaften ein. Der auch schriftstellerisch tätige Bünderlin musste aber – da er Täufer war –  bald darauf Oberösterreich verlassen und ging nach Nikolsburg, später nach Straßburg und Preußen. Die Anstellung bei den Starhembergern ist aber ein Zeichen für das ursprüngliche Naheverhältnis, das zwischen Protestanten und Täufern herrschte.

Verfolgung der Wiedertäufer
Ferdinand I. befürchtete von Seiten der Täufer einen Aufstand, da diese jegliche Autorität massiv in Frage stellten, und dies wäre angesichts der drohenden Türkengefahr alles andere als wünschenswert gewesen. Mehrere Mandate erflossen gegen die Täufer, schließlich wurde ihnen der Prozess gemacht, u. a. in Freistadt und Steyr, wohin alle landesfürstlichen Städte Deputierte zu entsenden hatten. Deren Vorschläge und Hinwirken auf Bekehrung wurden verworfen, König Ferdinand befahl die Hinrichtung der Angeklagten. Die Verfolgungswelle des Jahres 1528 brachte in Oberösterreich mehr als hundert Täufer die Liquidation, manchen gelang die Flucht, einzelne leisteten Widerruf. Die Täufergemeinde von Steyr wurde so großteils zerschlagen. 
Mit dem Jahre 1531 verschwinden die Informationen in den Quellen. Das massive Vorgehen der Staatsgewalt hatte in Glaubensfragen ein für sie (zum letzten Mal) „erfolgreiches“ Exempel statuiert.

1568 kamen erneut Täufer nach Steyr, sie wurden allerdings ausgewiesen, sollten aber im Falle einer Bekehrung zur Kirche zurückkehren können. In der Gegend lassen sich dennoch für die 1570er Jahre Wiedertäufer nachweisen, so z. B. das Ehepaar Barbara und Wolfgang Köberer, einst Steyrer Handelsherren. Deren Sohn Hans führte das Handelshaus weiter. Er war aber mit großer Wahrscheinlichkeit kein Täufer mehr.

Autor: Johannes Ebner, 2010