Landwirtschaft

villa rustica
Als typische Siedlungsform im ländlichen Raum begegnet uns die villa rustica, ein Gutshof, ein landwirtschaftlicher Betrieb, der aus zwei Bereichen bestand: einem Wohnteil (pars urbana) und einem landwirtschaftlichen Teil (pars rustica) mit Ställen, Schuppen und Vorratsgebäuden. Vor allem der Wohnteil dieser Gutshöfe zeigt durch die Verwendung von Steinbau oder Steinfundamenten einen deutlichen Unterschied zu den einheimischen Bautraditionen, die ausschließlich aus Holzbauweise bestanden. Die Ausstattung der Anwesen mit Bad, Wandmalerei und Mosaiken, Ziegeldächern und Fußbodenheizungen veranschaulicht den mediterranen Einfluss. Man unterscheidet in den Nordwestprovinzen zwei verschiedene Hauptformen, den sogenannten  Streuhofbau und den Achsenhofbau. In Italien hingegen handelte es sich dabei um Kompaktanlagen, wo sich alle Elemente des Wohnens und der Landwirtschaft in einem Baukörper vereinten.

Streuhofbau
Beim Typ Streuhofbau handelte es sich meist um kleinere Hofareale mit einer Fläche von 1 bis 3 ha. Die Hoffläche war oft eher unregelmäßig gestaltet, von einem Graben, einer Hecke oder einer Hofmauer umgeben. Hier verteilten sich die einzelnen Bauteile wie Haupthaus, Bad, Schuppen, Vorratshäuser und Wirtschaftsräume eher locker über das ganze Areal, wobei das Wohnhaus des Grundbesitzers oft durch seine etwas erhöhte Lage, die verwendeten Baumaterialien und dem Grundriss (Hallenhaus und Innenhofhaus) etwas hervorstach. Innerhalb des abgeschlossenen Areals lagen auch Gemüse- und Obstgärten.

Achsenhofbau
Der zweite Bautyp war der so genannte Achsenhoftyp: ein großes rechteckiges Hofareal wurde von einer Mauer umschlossen. Ein aufwändiges Wohnhaus nahm eine Schmalseite ein und Wirtschafts- und Wohnteil waren durch eine Mauer voneinander getrennt. Das Wohnhaus war meist eine Peristyl oder eine Portikusvilla, daneben gab es auch noch etwas einfachere Wohnhäuser z. B. für den Gutsverwalter, den vilicus. Die Hofgröße betrug hier, z. B. in Frankreich bis ca. 13 ha, in Deutschland im Durchschnitt 4 bis 5 ha. Man betrieb Viehzucht als Weidewirtschaft und Ackerbau.

Römischer Ackerbau
Der römische Ackerbau bevorzugte ertragreichere Sorten als der keltische, man baute vor allem Dinkel, Emmer, Einkorn, Gerste und Roggen an, dazu kamen noch Lein, Hanf und Mohn. Vor allem der Gemüse-, Kräuter- und Obstanbau in Gärten war bis dahin unbekannt. Hülsenfrüchte, Gemüse und Salat, Ackerbohne, Erbsen, Linsen, Feldsalat, Karotten, Kohl, Portulak und Knoblauch wuchsen unter anderem im römischen Gemüsegarten. Als Gewürze, die man auch im Garten zog, verwendete man bei uns bevorzugt Dill, Sellerie, Senf, Petersilie, Minze, Kümmel, Kerbel, Fenchel, Weinraute, Bohnenkraut und Koriander, Lein, Leindotter, Mohn, Knoblauch und Zwiebeln. Kultivierte Sorten von Apfel, Birne, Pflaume und Kirsche baute man dort an, wo der Standort es zuließ, ebenso Edelkastanie und Walnuss. Dazu kamen noch viele auch wild wachsende Beeren wie Brombeeren, Himbeeren und Holunder. Den Speisezettel bereicherte man durch zahlreiche Importwaren wie Pfeffer, Reis, Spargel und Oliven, Fischsoße (garum) und Wein, den man aber auch nördlich der Alpen in den günstigen Lagen wie im Moselgebiet anbaute.

Viehwirtschaft
In der Viehwirtschaft hielten die Römer vorrangig Rinder und Schweine, auch Schafe und Ziegen, da sie ausschließlich die Ziegenmilch schätzten, sowie Geflügel. Da sich die Jagd großer Beliebtheit erfreute, ergänzte man das Nahrungsangebot auch durch Rotwild, Wildgeflügel und andere essbare Tiere, wie z.B. Feldhasen. In den Städten und den Legionslagern war der Verbrauch von Rindfleisch höher als in kleineren Orten wo verstärkt Schweinefleisch konsumiert wurde.
Archäozoologische Untersuchungen zeigen, dass bei uns stellenweise keltisch-norische und die größeren römischen Rinder nebeneinander weiterbestanden, wobei die kleineren alpinen Rassen vor allem in der Almwirtschaft und für die Milchgewinnung bedeutend waren. Man verwendete diese Milch vermutlich auch zur Herstellung eines schmackhaften Alpenkäses.

Die großen römischen Rassen, die im Limesgebiet vorrangig auftraten, wiesen vor allem eine höhere Arbeitsleistung und einen höheren Beitrag zur Fleischversorgung auf. Im Limesbereich kam es zwar mancherorts zu einer Kreuzung beider Rassen, aber nicht in Form einer Verdrängungszucht, da nach Abzug der Römer wieder die kleinwüchsigen Rassen dominierten. Größere Schafe und Schweine, sowie beachtliche Fortschritte in der Hühnerzucht stellten die Fleischversorgung der Städte und Kastelle sicher.

Die Versorgung der Städte
Gutshöfe befanden sich in der Regel an guten Verkehrswegen und nicht allzu weit von Städten oder Kastellen entfernt in mittleren Hanglagen und in der Nähe von Quellen oder Bächen. Die produzierten Überschüsse dienten der Versorgung der Soldaten und der Stadtbevölkerung. Besonders im Innviertel, in Altheim, hat die durch das Österreichische Archäologische Institut betriebene Villenforschung gezeigt, dass oft nur in einem Abstand von ca. 3 km mit mehreren Gutshöfen (z. B. in Simetsberg, in Weirading, in Wagham) gerechnet werden kann.

Autorin: Christine Schwanzar, überarbeitet 2006

 

Der Artikel basiert im Wesentlichen auf: Schwanzar, Christine: Ziviles Leben, Bauen und Wohnen sowie Landwirtschaft; in: Worauf wir stehen. Archäologie in Oberösterreich. Katalog zu einem Ausstellungsprojekt der Oberösterreichischen Landesmuseen [...]. Hrsg.: Jutta Leskovar u.a. (Kataloge des Oberösterreichischen Landesmuseums N. F. 195). - Weitra 2003, S. 143-150.