Fasching in Oberösterreich

Unser Faschingstreiben hat viele Wurzeln. Maskierungen finden sich in nahezu allen archaischen Gesellschaften. Das Christentum formte die Vorstellung von der verkehrten Welt. Die staatliche Obrigkeit versuchte seit dem 18. Jahrhundert den Fasching auf die Ballsäle zu beschränken. Seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, vor allem aber nach dem 2. Weltkrieg, wurden die Einflüsse des rheinischen Karnevals auf den österreichischen Fasching immer stärker.

Fasching - Karneval
Das Wort Fasching geht auf das mittelhochdeutsche vast-schanc zurück und bedeutet das wilde Treiben und Trinken vor Beginn der vierzigtägigen Fastenzeit. Im 17. Jahrhundert setzte es sich im bayerisch-österreichischen Raum als Bezeichnung für den Karneval durch. Das Wort „Karneval“ wiederum bedeutet nichts anderes als das Ende der Fleischzeit: carnelevale, die Wegnahme des Fleisches, oder in einer volkstümlichen, sprachgeschichtlich aber nicht wirklich haltbaren Umdeutung auf carne vale! – „Fleisch, lebe wohl!“ In der Fastnacht, der Nacht, bevor das große Fasten beginnt, will man noch einmal so richtig essen und trinken und ausgelassen feiern.

Ursprünglich gab es im christlichen Kirchenjahr ja zwei Fastenzeiten, das vierzigtägige Fasten vor Weihnachten, das heute auf den Advent zusammengeschrumpft und im Vorweihnachtstrubel untergegangen ist, und das vierzigtägige Fasten vor Ostern. Die Weihnachtsfastenzeit begann ursprünglich am 11. November, 40 Tage vor Weihnachten (die Sonntage nicht mitgerechnet), die Osterfastenzeit beginnt am Aschermittwoch, 40 Tage vor Ostern.

11. 11.
Dass der 11. 11. um 11 Uhr 11 der Faschingsbeginn sei, unterschlägt die Adventzeit und springt vom Martinitreiben gleich in das Faschingstreiben. Zum 11. 11. passt natürlich, dass die Elf als närrische Zahl gilt. Sie symbolisiert die Überschreitung der Zehn, der Zehn Gebote Gottes und ihrer heiligen Ordnung. Dazu kommt noch die Bedeutung der Elf in der elften Stunde. Die Zeit bis zur Umkehr ist nur mehr kurz. Die zwölfte Stunde meint das Ende der Lebensuhr und der Weltuhr. Allerdings hat dieses Spiel mit der Elf in Österreich keine lange Tradition, ähnlich wie all die vielen Faschingsgilden mit ihren Elferräten, Prinzenpaaren, Mädchengarden und Büttenrednern. Unser Fasching begann immer erst nach Dreikönig und endete strikte am Faschingsdienstag.

Die verkehrte Welt
Das alpenländische Faschingsbrauchtum ist einerseits geprägt von einem Maskentreiben, das sich von Winterbeginn über Mittwinter bis Winterende durch das gesamte Winterhalbjahr zieht, mit wilden und schönen Masken und allerlei Verkleidungen. Dazu kam das Bild von der verkehrten Welt, die aber die wahre Ordnung eines naturgegebenen Oben und Unten umso eindringlicher vor Augen führen sollte: mit ihren Narrenkönigen und falschen Prinzessinnen, Kanzlern und Hofschranzen, Männern in Frauenkleidern und Faschingsnarren in zusammengeflickten Fetzen, wo der Bürgermeister für einen Tag den Schlüssel an die kleinen Leute abgibt und man den „Großkopferten“ für einen Tag einmal ungestraft alles sagen kann.

Die Gegenreformatoren, vor allem die Jesuiten, förderten dieses Spiel mit der verkehrten Welt, weil sie damit nicht nur die herrschende gesellschaftliche Realität zu stabilisieren, sondern auch ein allzu wildes Faschingstreiben zu kanalisieren hofften. Die Reformatoren hingegen standen jeglichem Maskenrummel ablehnend gegenüber. Daher sind bis heute die Hochburgen des Faschingstreibens in katholischen Regionen zu finden: in Rom und Venedig, in Rio und Buenos Aires, in Mainz und in Köln, in Tirol und nicht zufällig auch in Ebensee, das durch die Jesuiten von Traunkirchen aus geistlich betreut wurde.

Der Ebenseer Fetzenfasching

„Fåschingtåg, Fåschingtåg, kimm na bald wieda, wånn ma koån Geld nit håbn, schern ma di nieda …“
(Ebenseer Faschingshymne) Der Ebenseer Fasching ist der traditionsreichste in Oberösterreich. Die Anfänge gehen wohl bis ins 17. Jahrhundert zurück, als die Saline Ebensee und der zugehörige Ort gegründet wurden.

„Fåschingtåg, Fåschingtåg, kimm na bald wieda, wånn ma koån Geld nit håbn, schern ma di nieda …“
(Ebenseer Faschingshymne)

Der Ebenseer Fasching ist der traditionsreichste in Oberösterreich. Die Anfänge gehen wohl bis ins 17. Jahrhundert zurück, als die Saline Ebensee und der zugehörige Ort gegründet wurden.
Am Faschingsamstag findet der Kinderfaschingszug statt, am Sonntag der große Faschingsumzug mit Schauwägen, am Montag aber der Höhepunkt mit dem Fetzenzug. Am Dienstag kommen wieder die Kinder zum Zug. Das Faschingverbrennen am Traunufer und der Heringschmaus in den Gasthöfen bilden am Aschermittwoch schließlich den Abschluss.

Der Fetzenzug hat eine „traditionelle“ Struktur: Angeführt von einer Reitergruppe folgen als „Fetzenpolizei“ die Pritschenmeister in Harlekinskostümen, dann die Musikkapelle, die unermüdlich den Fetzen- oder Parapluiemarsch spielt, dann die Faschingshonoratioren, dahinter die eigentlichen „Fetzen“: Männer in alten Frauenkleidern oder Fetzen, mit aufwendigen Holzmasken oder einfachen „Fürhangerln“, riesigen Hüten, alten Regenschirmen, Besen oder auch alten Kinderwägen als Requisiten.

In der Anonymität der „geschnegerten“ Larven kann unerkannt und ausgelassen kritisiert werden, was während des Jahres gestört hat.

Die Disziplinierung des Faschingstreibens
Dem aufgeklärten Bürgertum und den staatlichen Obrigkeiten erschien das alles nicht nur suspekt, sondern auch gefährlich. Die früher üblichen Maskenumzüge auf der Straße wurden aus sittlichen, polizeilichen und politischen Gründen unterdrückt. Masken und Verkleidungen wurden verboten oder sollten zumindest auf die Ballsäle beschränkt werden. Die Masken mussten allerdings ehrbar sein. Masken mit ekelhaften Figuren oder völligem Verbergen der Leibsgestalt (Zuckerhüte, Fledermäuse, Zwerge, Riesen, Maschinen, Kästen) sowie geistliche Kleider wurden verboten.

1773 wurde eine oberösterreichische Ballordnung erlassen, die in den Grundzügen bis 1918 in Kraft blieb: Maskenbälle durften nur in Linz und nur in den Redoutensälen abgehalten werden. Wöchentlich sollten zwei- bis dreimal solche Bälle stattfinden dürfen, von 21 Uhr bis 3 Uhr, nach dem Sonntag Septuagesima (erster Sonntag der Vorfastenzeit bzw. der neunte Sonntag vor Ostern) auch öfters und von 21 bis 5 Uhr. Der Ball am Faschingdienstag musste um 23 h 30 enden.

Tanz und Faschingshochzeiten
Im Mittelpunkt der Linzer Faschingsfreuden stand seither der Tanz, sowohl beim Adel mit entsprechenden Hausbällen - den so genannten Merenden - wie auch den Freibällen, die als vornehme Faschingsveranstaltungen vom Landeshauptmann im Schloss oder Landhaus, später im Redoutensaal oder in der landschaftlichen Reitschule gegeben wurden. Beliebt beim Adel wurden zudem Bauernhochzeiten und maskierte Schlittenrennen. Das wurde auch auf dem Land übernommen, in Form von so genannten Faschingshochzeiten: Junge Burschen stellten am Faschingssonntag eine ganze Hochzeit dar, Braut und Bräutigam, Brautführer und Kranzljungfer, Prokurator, Gäste, Musikanten. Mitgeführt wurde die Aussteuer der Braut, lauter Gerümpel, oder man stellte einen Faschingszug zusammen. An dessen Spitze fuhr ein Wagen mit Spielleuten, mit Bratpfannen und Ähnlichem als Musikinstrumenten, dann ein Wagen mit Wäscherinnen, die ihre nassen Tücher über den Zuschauern ausschwangen, ein Dritter mit Dreschern, die die strohenen Dreschflegel auf die Köpfe niedersausen ließen und am Schluss ein Wagen mit dem „Strohmann“: dem Fasching, einer Strohpuppe, die zuletzt erschossen und eingegraben wurde.

Deutscher Einfluss
Im 19. Jahrhundert begann sich im liberalen, meist deutschnational orientierten Bürgertum von Linz und bald auch in den übrigen Städten und Märkten des Landes ein von deutschen Vorbildern beeinflusstes Faschingsleben zu entwickeln. Besonders berühmt wurden die Faschingsfeste der Linzer Liedertafel „Frohsinn“. Das erste ist für 1863 belegt. Beteiligt waren nur Männer, die sich in einem kostümierten Zug vom Vereinsheim ins Theater bewegten, dort spielte man eine parodistische Oper vor kostümierten Zuschauern, anschließend gab es einen Kostümball in den Redoutensälen. Prinz Karneval zog feierlich ein und hielt eine große Thronrede. Eine Faschingszeitung wurde herausgegeben. Das Vorbild wirkte auch auf die kleinstädtische und ländliche Umgebung.

Fasching 1939
Auch wenn Fasching und Faschismus nichts miteinander zu tun haben, brachte der Anschluss an vielen Orten den Fasching nach Österreich. Man forschte nicht nur intensiv nach germanischen Wurzeln des Faschingstreibens, sondern inszeniere in Linz im Fasching 1939 unter dem Motto „Linz tanzt und lacht wieder“ den bis heute größten Faschingsumzug der Stadt: mit den drei Themen „Heimat“, „Militär“ und „Fremde“. Heimat war unter anderem symbolisiert durch Most und Geselchtes, Linzer Torte, Linzer Buam und Blasmusik, das Militär durch einen „erotisch-militärischen großen Mörser“ und einen „Gaswagen“, das Fremde durch den „Judenwagen der Landesbühne“, eine „Negermusik“, einen „Entrümpelungswagen“, den „Auszug der Tschechen“ und den in Ketten abgeführten „letzten Juden“.

Faschingsgilden
Nach dem Krieg wurde unter dem Druck der Medien der deutsche Einfluss auf den österreichischen Fasching weiter verstärkt. An vielen Orten entstanden Faschingsgilden mit Elfer-Räten, Prinzenpaaren, Mädchengarden, Büttenrednern und allem, was aus dem rheinischen Fasching geläufig ist. Die Faschingsgilde Timelkam (Fagiti) wurde 1958 gegründet. 1960 formierte sich aus der schon 1865 gegründeten Kirchdorfer Juxgesellschaft die Kiridorfer Faschingsgesellschaft. Im Jahr 1971 entstand aus dem seinerzeitigen Bad Haller Kurverein der Bad Haller Carnevalclub. 1980 wurde die Faschingsgilde Ebelsberg gegründet. Oberösterreich zählt inzwischen viele Faschingsvereine. Im 1962 gegründeten Bund Österreichischer Faschingsgilden ist Oberösterreich besonders stark vertreten.

Faschingsvereine in Oberösterreich (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)
Bad Haller Carneval Club bhcc.at
Ebenseer Faschingsverein
Faschingsgilde Bad Ischl
Faschingsgilde Ebelsberg www.faschinginlinz.at
Faschingsgilde Eberschwang www.fge.at
Faschingsgilde EILISCHO Rufling www.eilischo.at.tf
Faschingsverein Frankenburg www.fasching-oesterreich.at
Faschingsgilde Gamundien www.faschingsgilde-gamundien.at
Faschingsgilde Perg www.pergerfasching.at
Faschingsgilde Reindlmühl www.dorflachrichten.at
Faschingsgilde Timelkam www.fagiti.at
Faschingskomitee Vorchdorf www.voridori.at
Faschingsverein Frankenburg
Haider Faschingsgilde
Ischler Faschingsverein
Kiridorfer Faschingsgesellschaft www.kiridorf.com
Lambacher Faschingsgilde
Marchtrenker Faschingsgilde
Prinzengarde Braunau
Trauner Faschingsgilde
Windischgarstner Carneval Club www.faschinggilde.at

Literatur:

  • Moser, Dietz-Rüdiger: Fastnacht – Fasching – Karneval. Das Fest der „Verkehrten Welt“. Graz, Wien, Köln 1986.
  • Rieder, Walter. Fasching in Ebensee: Faschingtag, Faschingtag, kim na boid wieda … Mit einem Bildteil von Johann Jocher: Bad Ischl 2008.


Autor: Roman Sandgruber

Oberösterreichische Nachrichten, 21. Februar 2009