Napoleonische Kriege in Oberösterreich

Das letzte Mal, dass Oberösterreich in großem Ausmaß Kriegsschauplatz war, war in den Napoleonischen Kriegen der Fall. Fast 15 Jahre herrschte nahezu ununterbrochen Krieg. Dreimal wurde das Land besetzt.

Bauern setzen auf Napoleon
Anfänglich sehnten ja gar nicht so wenige Oberösterreicher die Franzosen herbei. Einzelne Oberösterreicher bekannten sich ganz offen zur französischen Revolution: etwa der Literat Franz Seraph Spaun, der bei einem Empfang des Linzer Regierungspräsidenten einen Skandal provozierte, oder der Mühlviertler Kreisschulkommissär Joseph Leibetseder, der offen gefragt haben soll, wozu man einen Kaiser oder König brauche. Auch Angehörige niedrigerer Gesellschaftsschichten und sogar Geistliche sollen verschiedentlich für die Französischen Revolution Sympathie gezeigt haben. Im Innviertel hofften 1794 zahlreiche Bauern, die Franzosen würden kommen und das Land wieder mit Bayern vereinigen. Als die Franzosen tatsächlich da waren, war die Stimmung gleich eine ganz andere.

Fußfall der Landrichterin
Im Ersten Koalitionskrieg 1792 bis 1797 kamen die Franzosen nicht bis Oberösterreich. Aber die Einquartierungen und Durchmärsche der eigenen Truppen beschwerten das Land sehr. 1800, im Zweiten Koalitionskrieg, war das Land in mehreren verlustreichen Gefechten Kriegsschauplatz, etwa am 19. Dezember bei Lambach. Am 18. Dezember 1800 zogen kurz nach Mittag die Franzosen, 10.000 Mann stark, in Ried ein. Es gab Tote und Blessierte auf beiden Seiten. Der Magistrat und die Bürgerschaft gingen den Franzosen entgegen. Sie machten vor dem kommandierenden General einen Fußfall und baten um Schonung und Gnade. Im Bericht darüber heißt es: „Sie schienen derselben nicht ganz versichert zu sein. Da eilte die Frau Landrichterin, die wahrhaft edle Frau von Kürsinger, der französischen Sprache vollkommen mächtig, zum General Grenier, machte vor ihm einen Fußfall und bat unter Thränen um Gnade für den Markt, besonders um Schonung vor Plünderung und Brand. Diese Gnade ward gewährt.“

In der Steyrer Löwenapotheke wurde am 25. Dezember 1800 jener Waffenstillstand vereinbart, der zum Frieden von Luneville am 9. Februar 1801 führte und der den Franzosen das gesamte Gebiet westlich der Erlauf und südlich der Donau einbrachte: Für Oberösterreich bedeutete die Besatzung Einquartierungen, Plünderungen, Beschlagnahmen und hohe Kontributionen. Bis Anfang April 1801 waren die Franzosen wieder abgezogen. Aber sie hinterließen ein ausgebeutetes Land. Im darauf folgenden Reichsdeputationshauptschluss von 1803 wurde das Territorium des Bistums Passau aufgeteilt. Die bislang österreichische Herrschaft Neuburg kam an Bayern. Österreich erhielt die bislang formell passauischen Herrschaften Obernberg, Vichtenstein, Rannariedl, Marsbach, Pürnstein, Ebelsberg, Sierning und Starhemberg.

Der Rückzug der russischen und kaiserlichen Truppen im Dritten Koalitionskrieg 1805 führte von Ulm über Oberösterreich nach Niederösterreich. Am 2. November marschierten die Franzosen in Linz ein. Napoleon wohnte vom 4. bis 9. November 1805 im Landhaus. In der Folge wurden auch das Mühlviertel und das Salzkammergut besetzt. Oberösterreich erlebte eine harte Zeit, es musste wieder eine hohe Kontributionssumme aufbringen.

Braunau hielten die Franzosen bis 10. Dezember 1807 besetzt. Dort wurde auch am 26. August 1806 der Nürnberger Buchhändler Johann Philipp Palm wegen Verbreitung einer antifranzösischen Schmähschrift (Deutschland in seiner tiefsten Erniedrigung) standrechtlich erschossen.

Anschläge auf Napoleon
Mit den neu geschaffenen Landwehrformationen, von denen Oberösterreich 15 Bataillone stellte, glaubte man 1809 einen weiteren Krieg gegen Napoleon riskieren zu können. Die österreichischen Truppen überschritten am 10. April bei Schärding, Obernberg und Braunau den Inn und besetzten Passau und München. Sie wurden aber zurückgeschlagen. Die Rückzugsgefechte zogen sich durch ganz Oberösterreich: bei Polling, Riedau, Kallham, Neuhofen am Inn, Tumeltsham, Pötting, Lambach. Aus einem Dachbodenfenster soll der Rieder Holzschuhmachermeister Heinrich Tuschl auf Napoleon geschossen haben; in Lambach verhinderte am selben Tag ein Pater einen Anschlag auf den Franzosenkaiser.

Die Kampfmoral der Österreicher wurde nicht besonders gelobt: „Der Österreicher taugt nicht zum Soldaten! Sagten mehrere. Er kann wohl den Pflug führen, aber nicht das Schwert. Er liebt den Frieden und versteht den Krieg nicht. Wenn’s der gnädige Kaiser befiehlt, marschieren wir alle, aber wenn’s auf uns ankommt, bleiben wir halt zu Haus“, notierte Johann Jakob Rühle von Lilienstern am 13. Mai 1809 in Eferding in sein Reisebuch.

Ebelsberg vollkommen zerstört
Beim Übergang über die Traunbrücke bei Ebelsberg am 3. Mai 1809 kam es zum schwersten Gefecht: Der fünfstündige Kampf, den Napoleon als eines der hässlichsten und unbesonnensten Unternehmen der Kriegsgeschichte bezeichnet haben soll, forderte insgesamt 12.000 Opfer. Markt und Schloss Ebelsberg wurden niedergebrannt. Von der so gepriesenen Landwehr waren fast drei Viertel desertiert. Unter den Toten war auch der Freiheitsdichter Leo Freiherr von Seckendorf (1773–1809), der als Hauptmann der Wiener Freiwilligen schwer verwundet wurde und schließlich in einem Haus am Ebelsberger Hauptplatz elend verbrannte.

Denkmäler

Auf dem Stefan-Fadinger-Platz in Ebelsberg erhebt sich ein 7,5 Meter hohes Denkmal, welches anlässlich des 100. Gedenktages der Schlacht bei Ebelsberg am 2. Mai 1909 enthüllt wurde.
In nächster Nähe von Ebelsberg ist der „Napoleonbauer“, der Baumgartner zu Gottschalling. Hier soll Napoleon die Nacht vom 3. zum 4. Mai 1809 zugebracht haben.

Auf dem Stefan-Fadinger-Platz in Ebelsberg erhebt sich ein 7,5 Meter hohes Denkmal, welches anlässlich des 100. Gedenktages der Schlacht bei Ebelsberg am 2. Mai 1909 enthüllt wurde.
In nächster Nähe von Ebelsberg ist der „Napoleonbauer“, der Baumgartner zu Gottschalling. Hier soll Napoleon die Nacht vom 3. zum 4. Mai 1809 zugebracht haben. In Wirklichkeit freilich nahm Napoleon beim Baumgartner nur das Abendessen ein, dann zog er sich in sein feudaler eingerichtetes Zelt zurück. Josef Speckbacher verwaltete 1811 das für die Familie des erschossenen Andreas Hofer in Leonding gekaufte Bauernhaus („Bauer im Ort“, heute Gerstmayr). Aber die Witwe Andreas Hofers wollte Tirol nicht verlassen. Hofers Sohn Hans blieb bis 2. August 1813 in Leonding.

Am 5. Mai 1809 schrieb Henri Beyle, genannt Stendhal (1783–1842), als Angehöriger des Stabes von Graf Pierre Daru in sein Tagebuch: ,,Als wir die Traunbrücke hinübermarschierten, lagen noch rund dreißig tote Menschen und Pferde auf der Brücke. Viele hatte man in den Fluss geworfen, der unverhältnismäßig breit ist. Mitten darin, vierhundert Schritt unterhalb der Brücke, stand ein Pferd aufrecht und starr. Ein seltsamer Anblick. Ebelsberg war ausgebrannt; die Straße, durch die wir zogen, war mit Toten gesäumt, meist Franzosen und fast alle verbrannt. An mehreren Stellen lagen die Leichen in Haufen. Der Durchweg wurde immer enger, und schließlich unter und vor dem Tore musste unser Wagen über verkohlte Leichname fahren. Einige Häuser brannten noch. Ich vermochte kaum hinzusehen. Seitdem weiß ich, was Schaudern ist. Kenner versichern, der Anblick von Ebelsberg wäre tausendfach grässlicher als der aller sonstigen Schlachtfelder, wo man zwar Menschen mit allerhand Verstümmlungen, aber nicht so grausige Leichen sehen könne, mit verbrannten Nasen, aber noch erkennbaren Gesichtern.“

Auch in Urfahr, das die Übergabe verweigerte, wurden 31 Häuser in Schutt und Asche gelegt; 83 Häuser wurden beim Ausbau der französischen Befestigungen demoliert. Napoleon drohte, Urfahr auszuradieren.

Weitere Landverluste für Österreich
Im Frieden von Schönbrunn (14. Oktober 1809) musste Österreich das Innviertel und den westlichen Teil des Hausruckviertels abtreten. Wieder war Oberösterreich besetzt. 1810 wurde mit dem Pariser Vertrag das abgetretene Gebiet Bayern definitiv überlassen. Das stark verkleinerte Land mit Niederösterreich zusammenzulegen, scheiterte am Widerstand der Stände.

Neuer „Salzburgkreis“
1813 befürchtete man einen neuerlichen Einfall der Franzosen, weshalb an strategischen Punkten Schanzen aufgeworfen wurden. Napeolons endgültiger Fall beendete die lange Tragödie. Am 3. Juni 1814 wurde in Paris die Rückgabe des Innviertels und des westlichen Hausruckviertels vereinbart. Die Übergabe verzögerte sich aber. Erst am 14. April 1816 kam es nach österreichischen Drohungen zum Münchner Vertrag und der endgültigen Übergabe. Auch Salzburg wurde der obderennsischen Regierung unterstellt und als fünfter Kreis Oberösterreichs, so genannter Salzburgkreis, verwaltet.

Zeittafel
1792–1797 Erster Koalitionskrieg gegen das revolutionäre Frankreich. Friede von Campoformido
1799–1801 Zweiter Koalitionskrieg gegen das Napoleonische Frankreich. Friede von Lunéville.
1803 Reichsdeputationshauptschluss
1804 Kaiser Franz II. nimmt als Franz I. den Titel Kaiser von Österreich an.
1805 Dritter Koalitionskrieg: Friede von Pressburg
1806 Ende des Heiligen Römischen Reiches
1809 Krieg gegen Frankreich und Bayern. Friede von Schönbrunn
1811 Staatsbankrott
1813 Krieg gegen Frankreich
1814/15 Wiener Kongress
„Krieg und Frieden“

Was Leo Tolstoi im 2. Teil (Kapitel 7) von Krieg und Frieden über den Kampf um die Ennsbrücke bei Enns schrieb, mag zwar den Schauplatz topographisch nicht ganz korrekt widergeben, vor allem was das „Nonnenkloster“ St. Florian betrifft. „‚Dorthin möchte ich’, sagte Neswizki und deutete nach dem Kloster. Er lachte und seine Augen funkelten. Auch die Offiziere lachten. ‚Nur, um die Nonnen ein bisschen zu erschrecken. Man sagt, es seien Italienerinnen und hübsche darunter. Ich würde fünf Jahre meines Lebens darum geben.’“

Was Leo Tolstoi im 2. Teil (Kapitel 7) von Krieg und Frieden über den Kampf um die Ennsbrücke bei Enns schrieb, mag zwar den Schauplatz topographisch nicht ganz korrekt widergeben, vor allem was das „Nonnenkloster“ St. Florian betrifft. „‚Dorthin möchte ich’, sagte Neswizki und deutete nach dem Kloster. Er lachte und seine Augen funkelten. Auch die Offiziere lachten. ‚Nur, um die Nonnen ein bisschen zu erschrecken. Man sagt, es seien Italienerinnen und hübsche darunter. Ich würde fünf Jahre meines Lebens darum geben.’“

Der Rückzug könnte sich aber schon so zugetragen haben: „Fürst Neswizkij blickte über das Geländer in den Fluss und sah den schnellen, schäumenden, kleinen Wellen zu, die kräuselnd ineinanderflossen, den Brückenpfahl umwogten und einander zu überholen strebten. Als er dann aufschaute, erblickte er auf der Brücke dieselben einförmigen, aber lebenden Wellen: Soldaten, Tschakos, Tschakoschnüre, Tornister, Bajonette, lange Gewehre und unter den Tschakos Gesichter mit breiten Backenknochen, eingefallenen Wangen und sorglos-müden Mienen, und Beine, die auf dem klebrigen Schmutz der Brückenbohlen dahinmarschierten.“

Literatur:

  • Schweiger, Anneliese: Die Stadt Linz in den Napoleonischen Kriegen. Die französischen Besetzungen d. Stadt in den Jahren 1800, 1805 und 1809 und deren wirtschaftliche Auswirkungen. Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 1980 (1981) - Siehe: Periodika - Historisches Jahrbuch der Stadt Linz
  • Wolkerstorfer, Herbert: Schatten des Krieges: Napoleons arme Soldaten. Oberösterreichische Heimatblätter Jahrgang 53 (1999), H. 3/4. - Siehe: Periodika - Oberösterreichische Heimatblätter

Linkstipps:

http://www.napoleon-online.de/
umfassendes Portal zur Epoche 1792-1815.

http://www.roy.at/legion/krdl_08_00/a08_04_inhalt/a08_04_inhalt.html
Diese Sammlung aus verschiedensten Quellen enthält die Beschreibung von kriegerischen Ereignissen der Napoleonischen Zeit, an denen russische Truppen beteiligt waren, von Traditionsveranstaltungen, an denen die beiden Brigaden (Hübler-Leipzig und Hawranek-Linz) der Kaiserlich Russisch-Deutschen Legion teilnehmen, sowie von Gefechten, die durch die räumliche Nähe zu Linz von Interesse sind.


Autor: Roman Sandgruber
Oberösterreichische Nachrichten, 27. September 2008