Salzland Oberösterreich

Das Salzkammergut ist Österreichs älteste Industrielandschaft. Salz gehörte bis ins 19. Jahrhundert neben Eisen und Leinwand zu den wichtigsten Exportgütern des Landes Oberösterreich. Weil Salz so unverzichtbar war, war es auch ein einfaches Mittel der Besteuerung und damit zentraler Bestandteil der landesfürstlichen „Kammer“ und Staatskasse.

Kochsalz oder einfach „Salz“, zusammengesetzt aus Natrium und Chlor, ist für den Menschen unverzichtbar. Obzwar auf der Erde nahezu unbegrenzt vorhanden, aus dem Meer, aus den Salzquellen, aus den Bergen, ist es doch knapp und konnte so wertvoll werden wie Gold. Denn die Salzvorkommen sind ungleich verteilt und die Produktion war aufwendig. Salz wurde weit transportiert: Die Flüsse stellten die wichtigsten Transportwege dar. Über viele Generationen spielte daher Salz eine ähnlich bedeutsame Rolle, wie sie dem Rohöl in unserer Gegenwart zukommt.

Namengebendes Salz
Viele Fluss- und Ortsbezeichnungen verweisen auf die einst dominierende Bedeutung des Salzes, nicht nur Salzburg, Salzach oder Salza, Sulzbach und Sulz, sondern auch Hallstatt, Hallein und Reichenhall, Hall in Tirol, Bad Hall, Hall im Halltal und Hall bei Admont.

Hallstattkultur
Seit mehr als vier Jahrtausenden bestimmt das „weiße Gold“ die Geschicke des Salzkammerguts. Funde deuten darauf hin, dass bereits in neolithischer Zeit, bald nach dem Abschmelzen der Gletscher, nach Salz gesucht wurde. Im 2. vorchristlichen Jahrtausend hat neben der Nutzung von an die Oberfläche kommenden Salzquellen auch der bergmännische Abbau eingesetzt. Um 1500 v. Chr. müssen beträchtliche Tiefen erreicht worden sein. Im 9. vorchristlichen Jahrhundert begann eine neue Epoche des Salzabbaus, die mit dem Aufkommen des Eisens in Zusammenhang zu sehen ist. Durch das Salz wurden die Menschen der Hallstattkultur reich. So wurde Hallstatt namengebend für eine ganze Epoche der Urzeit. Ein Bergsturz um 550 v. Chr., der das Hochtal verschüttete, brachte einen schweren Rückschlag. Die führende Position im alpinen Salzbergbau ging an Hallein und den dortigen Dürnberg verloren.

Das Steinsalz, das die Urgeschichte Österreichs so sehr geprägt hatte, war im Römischen Weltreich vom Meersalz zurückgedrängt worden. Im Alpenraum beschränkte man sich immer mehr auf die zahlreichen, auf technisch einfachere Weise verwertbaren salzhaltigen Quellen.

In der Kremsmünsterer Stiftungsurkunde aus dem Jahre 777 wurde dem Kloster von Herzog Tassilo III. eine Solequelle im Sulzbachtal bei Bad Hall übertragen. Von welchem Salzvorkommen die Salzschiffe auf der Traun kamen, von denen die Raffelstettener Zollordnung (903/06) berichtet, ist nicht eindeutig zu klären. Doch ist anzunehmen, dass sie aus dem inneren Salzkammergut kamen, wo die Salzproduktion sicher nicht ganz zum Erliegen gekommen war.

Übergang zum „nassen“ Abbau
Das 13. Jahrhundert brachte eine Revolution in der Technik des Salzbergbaus: den Übergang von dem die urgeschichtliche Zeit prägenden „trockenen“ Abbau des Steinsalzes zur neuen Technik des „nassen“ Abbaus, bei dem das Salz durch Einleitung von Wasser aus dem Gestein ausgelaugt und die Sole über Rohrleitungen in die Salinen geleitet wurde. Auf riesigen Pfannen wurde das Wasser durch Verdampfen wieder vom Salz getrennt. Mit dieser neuen Technik begann der Aufstieg der Salinenorte Hall in Tirol, Hallein, Aussee und Hallstatt.

Für Hallstatt gibt es ein entscheidendes Datum: 1311, als Königin Elisabeth, die Witwe König Albrechts I. und Tochter Graf Meinhards II. von Tirol, die neue Technik des Auslaugens von Hall in Tirol nach Hallstatt transferierte. Die Verantwortung lag in der Hand eines der ganz wenigen aus dieser Zeit namentlich bekannten Techniker, eines Mannes namens Nikolaus, der als „von Röhrenbach“ in den Adelsstand erhoben worden war, weil er die Sole in langen Röhren in die Pfannhäuser leitete und solche Anlagen in Hall und Hallstatt installierte.

Salzmonopol - Salzkammergut
Das Salzmonopol wurde zum „vornehmsten Kleinod“ der Hofkammer. 1524 tauchte erstmals der Name „Camergut des Salzs“ auf. Seit 1656 heißt das Gebiet der Grundherrschaft Wildenstein, von Ebensee bis nach Obertraun, explizit „Salzkammergut“: Bis ins 18. Jahrhundert bildete es einen „Staat im Staat“. Die Monopolpolitik machte hohe Salzpreise möglich. Die Habsburger, die ihre Salinen Hallstatt, Hall in Tirol und Aussee im Verlauf des Spätmittelalters in Eigenregie übernahmen, hatten gegenüber den anderen Salzproduzenten, dem Erzbistum Salzburg und dem Herzogtum Bayern, die besseren Machtmittel, um ihre Absatzmärkte durchsetzen zu können. Österreich ob und unter der Enns südlich der Donau waren schon im Jahre 1398 ganz dem Hallstätter Salz reserviert worden. Nach 1490 geschah dasselbe sukzessive auch mit dem habsburgischen Gebiet nördlich der Donau. 1508 verbot Maximilian I. den Verkauf salzburgischen und bayerischen Salzes in allen seinen Ländern. Im 16. Jahrhundert verlagerten sich die Auseinandersetzungen auf den böhmischen Markt, der durch die Erwerbung Böhmens 1526 dem habsburgischen Salz eröffnet worden war und aus dem nun das Salzburger Salz ebenfalls verdrängt werden sollte. Entscheidend dafür war neben dem politischen Druck auch der Aufbau einer leistungsfähigen Verkehrsverbindung zwischen dem Salzkammergut und Prag. Thomas Seeauer, ein wohlhabender Bauer aus Steeg am Hallstättersee, bewältigte zwischen 1523 und 1575 die Schiffbarmachung des Traunfalls bei Roitham und der Moldau von Budweis bis Prag.

Abbau in Bad Ischl - Sudhaus in Ebensee
Der Salzabsatz stieg so stark, dass 1563 in Ischl ein neues Vorkommen in Abbau genommen und ein Sudhaus eröffnet und 1604/07 in Ebensee eine dritte Saline errichtet wurde, die durch eine 40 km lange Soleleitung aus etwa 13.000 ausgebohrten und ineinander gesteckten Lärchenstämmen, den so genannten Strehn, mit dem Bergbau in Hallstatt verbunden wurde. Das alles entscheidende Problem der Holzversorgung war damit um einiges leichter geworden. Denn Holz war der wirkliche Engpass im Salzkammergut. Holzknechte stellten mit mehr als zwei Dritteln die größte Gruppe der Beschäftigten im Salzkammergut. Man benötigte das Holz als Grubenholz zum Auskleiden der Schächte und Stollen im Bergwerk, als Kufholz zum Verpacken des Salzes in Küfeln und Fässern, als Brunnholz für die Soleleitungen und Rohre, als Bau- und Werkholz für die vielen Anlagen, als Schiffsholz für die Traunschiffe, die am Endpunkt der Talfahrt häufig zerlegt und als Brennholz verkauft wurden, als Sudholz und größter Posten zum Sieden des Salzes und als Dörrholz zum endgültigen Trocknen der Salzstöcke. In einer einzigen Sudpfanne wurden je nach Pfannengröße pro Sudwoche rund 400 bis 470 Raummeter Fichtenholz verheizt. Man brauchte dafür um 1700 in Hallstatt, Ischl und Ebensee zusammen etwa 130.000 m3 Holz, also einen Holzstoß, der bei 1 m Höhe und 1 m Breite rund 130 km lang hätte sein müssen.

Salztransport mit der Pferdeeisenbahn
Die Pferdeeisenbahn Urfahr-Budweis und ihre Verlängerung Linz-Gmunden waren vorwiegend für den Salztransport nach Böhmen gebaut worden. Die Pferdebahn verdrängte die Traunschifffahrt. Aber erst ab 1877, als die Rudolfsbahn von Attnach-Puchheim nach Stainach-Irdning eröffnet war, konnte beim Salzsieden endlich wirklich auf Mineralkohle umgestellt werden. Die Wälder des Salzkammerguts konnten sich erholen. Für das Holz hingegen mussten neue Verwertungsmöglichkeiten gefunden werden. Und der Großteil der Forstarbeiter musste sich neue Erwerbsmöglichkeiten suchen.

Nach 1918
Der 1918 aus dem Zerfall der Habsburgermonarchie entstandenen Republik Österreich verblieben die alpinen Salzbergbaue und Salinen im Salzkammergut, in Hallein und in Hall/Tirol und ein sehr verkleinertes Absatzgebiet für Salz. Vor allem der einst so wichtige böhmische Absatzmarkt war verloren. Die Sole- und Salzproduktion musste auf weniger als die Hälfte der letzten Vorkriegsjahre zurückgenommen werden. In keinem Jahr der Zwischenkriegszeit konnte an die Vorkriegswerte der Salzerzeugung auch nur annährend herangekommen werden.

1938 wurden die Österreichischen Salinen als „Ostmärkische“ und ab 1941 als „Alpenländische Salinen“ dem Reichsministerium für Finanzen unterstellt. Im Deutschen Reich gab es kein Salzmonopol. Die Salzproduktion sollte in den Salinen Ebensee und Bad Aussee konzentriert und die Salinen Ischl und Hallstatt stillgelegt werden. 1945 wurde das österreichische Salzmonopol wiederhergestellt. Aber Rationalisierungsgründe zwangen 1965 dazu, die Pfannensalinen Hallstatt und Bad Ischl und etwas später auch Hall in Tirol stillzulegen.

Salinen AG
Kernpunkte der Reorganisation im Jahre 1979 waren die Konzentration der Verwaltung im Salzkammergut, der Bau einer modernen Saline in Ebensee und die Umwandlung der Österreichischen Salinen in eine Aktiengesellschaft. Die Saline in Bad Aussee wurde 1983 stillgelegt. 1989 ereilte auch Hallein dieses Schicksal. Mit dem EU-Beitritt 1995 war das österreichische Salzmonopol zu Ende. Nach etwa 600 Jahren in landesfürstlich- staatlicher Verwaltung wurde das Salzwesen im Jahr 1997 privatisiert.

Nur etwa 5 Prozent der Salzproduktion entfallen heutzutage in Industriestaaten noch auf das Speisesalz, überhaupt nur etwa ein Prozent kommt in Kleinpackungen in die Haushalte: Salz ist zu einem wichtigen Grundstoff der Industrie geworden. Und ein Großteil der Salzproduktion landet als Enteisungsmittel auf den Straßen. Der Salzbergbau macht nur mehr einen Bruchteil der Wertschöpfung des Salzkammerguts aus.

Zeittafel Salzland Oberösterreich
2500 v. Chr. Zahlreiche Steinbeilfunde im Hallstätter Raum deuten auf eine intensive Begehung dieser Gegend im ausgehenden Neolithikum (Jungsteinzeit). Neben der Nutzung von Salzquellen dürfte auch schon ein bergmännischer Abbau begonnen haben.
~ 1.500 v. Chr Salz wird bereits in beachtlichen Teufen (Tiefen) abgebaut.
~ 800-450 v. Chr. nach dem Fundort Hallstatt benannte Hallstattkultur (frühe Eisenzeit)
~ 550 v. Chr. Murenabgänge und Wassereinbrüche im Hallstätter Hochtal richten schwere Schäden an.
~ 450 v. Chr. In der Latène-Zeit (späte Eisenzeit) verliert Hallstatt als Fundort an Bedeutung
1.-5. Jh. n. Chr. Auch in der Römerzeit hat das Salz des Salzkammerguts gegenüber dem Meersalz seine Bedeutung nicht ganz eingebüßt.
2. H. d. 1. Jt. n. Chr. Über die Nutzung des Salzes des Salzkammerguts ist kaum etwas bekannt.
903/906 Die Raffelstettener Zollordnung berichtet von Salzschiffen auf der Traun.
~ 1311 Königin Elisabeth, die Witwe Albrechts I., ordnet das Hallstätter Salzwesen mit der Einführung des „nassen“ Abbaus neu.
15. Jh. Das Hallstätter Salz gewinnt gegenüber Hallein, Reichenhall und Aussee immer mehr an Bedeutung.
1524 Erstmals Bezeichnung der Region als „Camerguet des Salzes“
1563 In Ischl wird ein neues Salzvorkommen in Abbau genommen.
1604/1607 Das Sudwerk in Ebensee wird errichtet, das durch eine hölzerne Soleleitung, den so genannten „Strehn“, mit Hallstatt verbunden wurde.
1656 Erst Nennung des Begriffes „Salzkammergut“
1783 Kaiser Joseph II. führt alle Kammergüter in Staatsbesitz über.
1836 Verlängerung der Budweis-Linzer Pferdebahn bis Gmunden
1848 Das Salzoberamt wird aufgelöst. Ende der verwaltungsmäßigen Sonderstellung des Salzkammerguts
1997 Verkauf der Österreichischen Salinen AG an eine private Bietergruppe.
1997 Die Kulturlandschaft Hallstatt-Dachstein / Salzkammergut wird von der UNESCO auf die „Liste des Welterbes“ gesetzt.
Das arme Salzkammergut

Die Armut der Salzkammergutarbeiter nahm in der Frühneuzeit immer mehr zu: Um 1524 berechnete man den wöchentlichen Lebensmittelbedarf eines Hallstätter Arbeiters für sich und seine vierköpfige Familie auf wöchentlich 1/2 Metzen Getreide (d. h. etwa 21 kg Roggen), 4 Pfund Fleisch (ca. 2,2 kg), 1 Pfund Schmalz (0,56 kg) und Eier, Milch und Schotten für 5 Pfennig, Rüben und Kraut für 3 Pfennig. 1656 wurde der ungefähre Wochenbedarf noch ähnlich berechnet, den Fleischanteil allerdings hatte man auf 1 Pfund (0,56 kg) reduziert. Im 18. Jahrhundert scheint Fleisch in derartigen Berechnungen überhaupt nicht mehr auf.

Die Armut der Salzkammergutarbeiter nahm in der Frühneuzeit immer mehr zu: Um 1524 berechnete man den wöchentlichen Lebensmittelbedarf eines Hallstätter Arbeiters für sich und seine vierköpfige Familie auf wöchentlich 1/2 Metzen Getreide (d. h. etwa 21 kg Roggen), 4 Pfund Fleisch (ca. 2,2 kg), 1 Pfund Schmalz (0,56 kg) und Eier, Milch und Schotten für 5 Pfennig, Rüben und Kraut für 3 Pfennig. 1656 wurde der ungefähre Wochenbedarf noch ähnlich berechnet, den Fleischanteil allerdings hatte man auf 1 Pfund (0,56 kg) reduziert. Im 18. Jahrhundert scheint Fleisch in derartigen Berechnungen überhaupt nicht mehr auf.
1777 veranschlagte man den wöchentlichen Bedarf für eine Arbeiterfamilie mit 4 Personen auf 1 Pfund Schmalz und 1 1/4 Pfund Butter, 3 Pfund Schotten, 1 1/2 Maß Grieß (ein Maß zu 1,14 Liter), 4 Maß schwarzes Mehl und 5 Laib Brot. Zu Ende des 18. Jahrhunderts war der Fettanteil reduziert, und auch mit dem Brot musste man noch sparsamer umgehen.
Johann August Schultes berichtete in seinem berühmten Reisebericht 1809 von der hohen Mortalität im Salzkammergut: „bey der Armuth, in der sie hier leben“, wegen der Gefahren des Bergbaus, der Schiffahrt und vor allem der Holzarbeit und des ungesunden Salzsiedens.

Memorandum der österreichischen Hofkanzlei, 1735

Aus einem Memorandum der österreichischen Hofkanzlei in Wien von 1735

Aus einem Memorandum der österreichischen Hofkanzlei in Wien von 1735:
„Wo zumahlen ohnedies so viel überflüssigen Volkes auf dem Salzkammerguth sey, dass kaum der zehende Theil mit genugsamer Arbeit versehen werden könne, auch leichter seyn würde in puncto religionis allda eine bessere Einrichtung zu machen, wann selbes von den Verstockten und Unverbesserlichen vorhero würde gesäubert seyn.“

Sprichwörter und Sinnsprüche zum Salz:
Salz und Brot macht Wangen rot.
Auch der Bauer isst nichts ungesalzen.
Alte Ziegen lecken auch gern Salz.
Um einen Freund zu erkennen, musst du erst ein Scheffel Salz mit ihm gegessen haben.
Drei Finger im Salzfass ist der Bauern Wappen.
Die Herren von der Klerisei versalzen uns gar oft den Brei.
Ein unerfahrener Mann ist ein ungesalzenes Kraut.
Halt Maß im Salzen, doch nicht im Schmalzen.
Junge Geiß leckt Salz, alte Geiß frisst Sack und Salz.
Man soll die Suppe nicht versalzen, wenn man gleich Salz genug hätte.
Scherz ohne Salz ist Bauernschmalz.
Verliebte Köchin versalzt die Speisen.
Viele Köche versalzen den Brei.

Literatur:

  • Sandgruber, Roman (Hg.): Das Salzkammergut. Katalog der oberösterreichischen Landesausstellung 2008. Linz 2008.
  • Bergier, Jean-Francois: Die Geschichte vom Salz. Frankfurt, New York 1989.

Autor: Roman Sandgruber

Oberösterreichische Nachrichten, 26. April 2008