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Glaube? Aberglaube? - Gelehrtenmagie | KULTURAMA Schloss Tollet


Die Hexe

Die lateinischen Autoren gebrauchten für die Hexe die Worte „stringa“, „mala mulier“ und „furia“. In den Glossen des 9. und 10. Jh. tauchte das Wort „hagazussa“ auf, das soviel wie Zaunweib bedeute. Damit könnte man einen Walddämon bezeichnet haben, der versucht, über den Zaun in den Bereich des Menschen einzudringen.
Im Nordischen wird die Bezeichnung „tunridha“, Zaunreiterin, gebraucht. Gemeint sein könnte damit, die auf einem Zaunpfahl Reitende. Dieser Zaunpfahl wurde später zum Besen.


Im Märchen herrscht ein viel altertümlicheres Bild der Hexe vor, sie ist ein dämonisch-kannibalisches Wesen mit großer Zauberkraft.
Um 800 war diese Sicht noch in einem Gesetzestext Karl d. G. zu finden, in dem es heißt, wer glaubt, ein Mann oder eine Frau sei eine Hexe und Menschenfresser und sie deshalb verbrennt oder isst, erleidet die Todesstrafe.

In Sagen wird die Hexe zu einem Menschen, der ein Teufelsbündnis eingeht. Der Aspekt des Menschenfressens tritt gegen den des Schadenszaubers zurück.

Die Hexenverfolgung ist keine Erfindung des Mittelalters. Schon eine keltische Fluchtafel (c. 100 n. Chr.) erzählt von Magierinnen. Auch die Römer sahen für Schadenszauber die Todesstrafe vor. Kaiser Konstantin ordnete z.B. 337 n. Chr. für das Erwecken sexueller Begierden durch Zauberei die Todesstrafe an.

Interessant ist, dass die Kirche vorerst den Glauben an Hexen ablehnte und unter Strafe stellte. Als 1090 angebliche Hexen wegen Wettermachens verbrannt wurden, erklärte die Kirche sie sogar zu Märtyrerinnen.

Im 12. und 13. Jh. verbreitete sich der Glaube an Hexen als Teufelsbündlerinnen. Mit dem Aufkommen der Inquisition ab dem 13. Jh. gab es systematische Hexenverfolgungen, wenn man auch zuerst noch versuchte zu bekehren, anstatt zu verbrennen. Oft war es eher die Hysterie der Bevölkerung, die Menschen auf den Scheiterhaufen brachte und weltliche Gerichte, die die Todesstrafe aussprachen. Seit dem Beginn des 15. Jh. setzte in den Handbüchern der Inquisitoren eine Abkehr von der kritischen Haltung ein. Der früher als abergläubische Vorstellung verdammte Hexenflug wurde z.B. nun als möglich angenommen.

Die Bulle des Papstes Innozenz VIII bestätigte 1484 den Glauben an Hexen und der 1487 erschienene Hexenhammer, den zwei Inquisitoren herausgaben, brachte ihn in ein System.

Er beinhaltet ein Sammelsurium von Vorstellungen, was Hexen tun, aber auch davon, wie man sich davor schützt und wie man gegen sie vorzugehen habe. Die Autoren forderten ausnahmslos eine Verbrennung von Hexen. Auffällig ist die starke Frauenfeindlichkeit und das heftige Interesse, das die Autoren allen sexuellen Aspekten des Hexenglaubens entgegen brachten. Für sie war allein der Gedanke, dass es keine Hexen gibt, schon Ketzerei, die verfolgungswürdig war. Ihre Vorstellungen schöpften aus dem Volksglauben und beeinflussten diesen wieder. Die Hexenverfolgungen der Frühen Neuzeit wurden besonders durch dieses Buch ausgelöst. Für ganz Europa nimmt man heute eine Opferbilanz zwischen 60.000 und 100.000 Hingerichteten an.

In Österreich gab es besonders intensive Verfolgungen um und nach 1600, zwischen 1640 und 1700 und in den 1720er Jahren. Grund dafür war vielleicht die Notzeit des 30- jährigen Krieges und die „kleine Eiszeit“, die kaltes Wetter und Missernten brachte.

In Oberösterreich gab es etwa 162 Gerichtsverfahren wegen Hexerei, insgesamt 170 Männer und 86 Frauen wurden angeklagt, 79 Hinrichtungen sind durch Akten gesichert anzunehmen. Zwei Drittel der Todesurteile betrafen Männer. Die erste (1570) und die letzte (1732) Hinrichtung wegen magischer Handlungen wurde in Kremsmünster vollzogen.

Die letzten Hexereiprozesse in Oberösterreich waren ein Prozess wegen eines ausgebrüteten Ur-Eis in Obernberg und einer gegen einen Häusler in Mondsee wegen abergläubischer Handlungen. Beide endeten mit einem Freispruch.
 


Dokumentation der Ausstellung "Glaube? Aberglaube? – Gelehrtenmagie" im KULTURAMA Schloss Tollet vom 26. April bis 2. November 2014 und 2017.

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