Ein Fernsehbeitrag zur Heimatforschung vom ORF OÖ in der Sendereihe „Erlebnis Österreich“
Bei seinen weiteren Recherchen gab ihm Prof. Roman Sandgruber überzeugende Argumente, die für die Heimatforschung sprechen: Wir bräuchten den ehrenamtlichen Ansatz, ansonsten wäre die Forschung nicht finanzierbar. Dazu käme die regionale Verbundenheit der Forscher:innen; sie kommen aus der Gegend und arbeiten für die Gegend. Und außerdem würden sie ein breiteres Publikum ansprechen, weil sie einfacher formulieren als Vertreter der akademischen Disziplin.
Schließlich entdeckte der Redakteur im Gespräch mit dem ARGE-Leiter Siegfried Kristöfl den vitalen Kreislauf: Es gibt einen Dialog zwischen der akademischen Geschichtsforschung und der Heimatforschung. Sie bringt akademische Erkenntnisse in die Breite, indem sich die Forscher:innen an diese ausrichten, sie in die eigene Praxis übernehmen, anwenden und ergänzen. Von den regionalen Recherchen profitieren wiederum die Universitäten. So dreht sich die Geschichtsforschung weiter und bleibt lebendig.
Und so entstand dieser offene und sehr gelungene Beitrag über die Präsenz und die Chancen der Heimat- und Regionalforschung. Wesentlich für die filmische Umsetzung sind die Begegnungen mit ausgewählten Expert:innen im Land. Wolfgang Marecek verabredete sich mit einigen Heimatforscher:innen zwischen dem Mühlviertel und dem Salzkammergut und vereinbarte Drehtermine. Sie erzählten ihm von ihren Forschungen und zeigten ihm vor Ort ihre Entdeckungen. Er stellte neugierige Fragen, wurde angesteckt von ihrer Begeisterung und ließ sich aufgeschlossen ihre Arbeit und ihre Ergebnisse zeigen.
Wilhelm Hochreiter führte ihn durch die Linzer Ursulinenkirche bis hinunter in die Krypta, danach ins Diözesanarchiv und abschließend in das Studio vom Freies Radio Freistadt, in dem er gemeinsam mit Alfred Atteneder eine Serie von Sendungen über die Mühlviertler Museumslandschaft moderiert.
Werner Pöchinger zeigte ihm in St. Agatha, wie radikal nach dem Bauernaufstand 1626 jegliche Erinnerung an das Leben Stephan Fadingers ausgemerzt wurde. Sein Plädoyer für die ursprüngliche, um nicht zu sagen einzig korrekte Schreibweise des Namens „Fattinger“ zeigte Wirkung. Wikipedia reagierte unmittelbar nach der Sendung, indem ein Beiträger den Artikel samt Fußnote ergänzte: „Stephan Fadinger, laut Heimatforschung Fattinger (…)“. (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Stefan_Fadinger)
In weiteren Gesprächen mit Einheimischen erfuhr der Redakteur von der authentischen emotionalen Verbindung, die trotzdem heute noch in St. Agatha zu dieser historischen Persönlichkeit und zu diesem einzigartigen Nachbarn besteht.
In St. Georgen im Attergau kam es zu einem Treffen mit Franz Hauser, der das beeindruckende Projekt „atterwiki“ auf- und umgesetzt hat. Selbstverständlich stillte auch er mühelos die Neugierde des Gastes mit seinem Wissen über die Geschichte der Region.
In seiner Reise durch den Süden des Landes besuchte Wolfgang Marecek auch noch Tina Burda, die in Unterach am Attersee mit der Fortführung des Heimatbuchs beschäftigt ist, und Michael Kurz, der in Bad Goisern als profunder Historiker des Salzkammerguts wirkt. Beide kennen überlieferte Ereignisse ihrer Umgebung, wissen sie einzubetten in einen größeren geschichtlichen Zusammenhang, bewahren historische Spuren und pflegen kollektive Erinnerungen.
Aber selbstverständlich ist nicht alles bloß glänzend und man kam auch auf eine Schattseite der Heimatforschung zu sprechen: Nämlich als Forscher:in Gehör zu finden und auf die Schwierigkeiten, mit neuen Erkenntnissen bisher gängige historische Erklärungen als Mythen zu enttarnen.
Aber davor sollte niemand zurückschrecken, denn genau das macht ja die Qualität von Forschung aus: Neue Erkenntnisse zu gewinnen und nicht Vorurteile zu bestätigen. Ergebnisse zur Diskussion zu stellen und sie aktuell zu debattieren. Dieses Rädchen im Getriebe vermisst Prof. Sandgruber am meisten in der Szene: die Plattform für einen wissenschaftlichen Diskurs. Die lebendige Vielfalt der Heimatforschung mit ihren bunten Facetten, die sie in die aktuelle, ‚große‘ Geschichtsforschung einbringt, wäre dadurch noch bereichernder.
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