Regionaltreffen
"Mückenfangen" im Mühlviertel

Montag, 10. Juni 2024, Anton Bruckner Salon Windhaag b. Freistadt

Auf Bruckners Spuren im Markt Windhaag bei Freistadt mit Irmgard Quass und zu Gast im Anton Bruckner Salon

Mit diesem Regionaltreffen in Windhaag bei Freistadt wollten wir nicht nur die lebendige Heimatforschungsszene im Mühlviertel an einem Tisch versammeln, sondern auch dem unumstrittenen Jahresregenten Anton Bruckner eine Reverenz erweisen. Als Siebzehnjähriger machte er in der dortigen Schule seine ersten Praxissemester als Schulgehilfe und sammelte zwei lange Winter an der böhmischen Grenze menschliche und musikalische Erfahrungen.

Wie lebendig die Erinnerung an sein Wirken geblieben ist und bis in die Gegenwart reicht, vermittelte uns anschaulich die Pädagogin und Kulturnetzwerkerin Irmgard Quass. Bei einer Führung mit ihr durch den Markt folgte unsere Gruppe Antons täglichen Erledigungsgängen zwischen Pfarrhof, Kirche und Schulhaus.


Dieses Gebäude hat nach Antons Abgang aus Windhaag 1843 bald seine Funktion verloren. Es wurde zu einem Wohnhaus und irgendwann einmal auch zu einer Tischlerei. Dazwischen spendeten der Freistädter Männergesangverein und die Ortsgruppe des Brucknerbunds und ließen sowohl eine Gedenktafel als auch ein Porträt-Relief anbringen. Die Begeisterung der Besitzer und ihr gastfreundlicher Umgang mit allen ankommenden Bruckner-Freunden machten das Haus endgültig zu einer Erinnerungsstätte für den Komponisten.

Irmgard Quass wuchs hier auf und empfand Anton immer präsent als eine Art unsichtbarer Gast. Dass sie als Besitzerin im Zusammenhang mit dem heurigen 200-Jahr-Jubiläum die Wohnung umwidmete und Vermittlungsräume speziell für Schulklassen einrichtete, ist ein mutiger, aber konsequenter Schritt. Das Herz bildet der sogenannte Anton Bruckner-Salon, den ein Verein als aktives Kulturzentrum betreibt. Für diesen Abend wurde er zum Treffpunkt und Diskussionsforum umtriebiger Heimatforscherinnen und -forscher, die nach dem Rundgang ihre aktuellen Projekte vor- und zur Diskussion stellten.
Der Bogen ihrer Vorhaben reichte von Publikationen über Ausstellungen bis hin zum Aufbau von regionalen Datenbanken, also von Recherchehilfen, über Forschungsberichte zu Vermittlungsangeboten in Schauräumen von Museen genauso wie in Schaukästen in der Öffentlichkeit.

Dabei kam die Rede auf regionale Besonderheiten, auf vergessene Persönlichkeiten und auch auf die Vor- und Nachteile neuester Digitalisierungssoftware. In den Gesprächen erschlossen sich Verbindungen, die jedes individuelle Recherchieren fruchtbar ergänzen konnten. So erwies sich das Regionaltreffen ein weiteres Mal als wertschätzender Dialog und als fruchtbarer Austausch.

Seinerzeit ging Anton Bruckner mit einem Hut über die Felder rund um Windhaag. Im Hut steckte Papier. Sobald er eine Idee hatte, griff er in die Luft, nahm die Zettel und notierte sich Ideen. Die Einheimischen beobachteten ihn aus der Ferne und verglichen seine Gesten mit einem hektischen Mückenfangen. Ähnlich hätten sie nun als Zuhörer reagiert - also die Runde als „Mückenfänger“ bezeichnet -, wenn sie deren Leidenschaft für historische Themen bemerkt hätten. Aber genau dieser Charakterzug macht das Wesen der Heimatforschung aus. Zum einen der Drang, Dinge bewahren zu wollen. Dabei sich aber ganz und gar nicht gegen den Fortschritt zu stellen, sondern achtsam und aufmerksam zu sein, um Erfahrungen und Erinnerungen zu sichern, die es wert sind, in die Zukunft mitgenommen zu werden. Zum andern der Antrieb, auch im scheinbar noch so Kleinen neugierig nach Informationen zu suchen und Details als Mosaiksteine eines größeren Bildes von Zusammenhängen zu erkennen.

Siegfried Kristöfl


Anton Bruckner Salon Windhaag bei freistadt

www.antonbrucknersalon.at



study visits - vor Ort am Punkt

Unter dem Titel „study visits“ macht sich die ARGE Regional- und Heimatforschung auf in die Regionen, um Kontakte zur lokalen Szene zu knüpfen und die Vernetzung zwischen den Heimforschern zu verstärken. Dabei wollen wir ausgewählte, aktuelle Themen auf dem sehr weiten Feld der Heimatforschung ansprechen und den inhaltlichen Austausch antreiben.