Nachlese - Heimatforschertagung 2017

Tag der OÖ. Regional- u. Heimatforschung 2017 | Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim, Alkoven


Erinnern und Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Am 29. April 2017 konnten beim Tag der OÖ. Regional- und Heimatforschung im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim etwa 60 Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer begrüßt werden. Die Tagung widmete sich inhaltlich dem Erinnern und Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Neben dem ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen und seinen Außenlagern ist das Schloss Hartheim ein zentraler Ort der Opferforschung und des Gedenkens. Aber auch in einigen anderen Gemeinden entstanden in jüngster Zeit Mahnmale im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus wie in Molln, Haslach und Wartberg ob der Aist und im Mai 2017 wurde in Ried im Innkreis ein Lern- und Gedenkort eröffnet. Im Rahmen der Tagung sollte der Frage nachgegangen werden, ob wir derzeit einen neuen Aufschwung in der Erinnerungskultur erleben und wer hinter diesen Initiativen steht bzw. wie die gesellschaftliche Akzeptanz derselben ist.


Nach Grußworten durch die ehem. Vizepräsidentin des OÖ. Forum Volkskultur Kons. Brigitte Heilingbrunner und des Präsidenten des OÖ. Volksbildungswerkes Dir. Kons. Walter Zauner lud Dr. Klaus Landa, der Leiter der ARGE Regional- und Heimatforschung OÖ, der die Tagung in bewährter Weise moderierte, zu den Vorträgen:


Zu Beginn führte Mag. Peter Eigelsberger, der die Dokumentationsstelle Hartheim des OÖ. Landesarchivs leitet, in die Methoden der Opferforschung ein und zeigte die Schwierigkeiten auf, die sich insbesondere durch die gezielte Vertuschung der Schicksale der Opfer wie gefälschte Sterbeurkunden oder Aufenthaltsorte etc. ergeben. Neben den Beständen, die in der Dokumentationstelle vorhanden sind, stellte er Datenbanken und Archive für weitere Recherchemöglichkeiten vor.

Mag. Florian Schwanninger, der Leiter des Lern- und Gedenkortes Schloss Hartheim, widmete seinen Vortrag dem schwierigen Umgang mit dem nationalsozialistischen Erbe in Oberösterreich nach 1945 und versuchte eine Einordnung in Phasen, die das Gedenken und die Erinnerung an die nationalsozialistische Zeit in Oberösterreich durchlebte. Diese reichten von großen Bemühungen zur Aufarbeitung in den unmittelbaren Nachkriegsjahren über stark reduzierte Aktivitäten bis in die 1960er Jahre, der in den 1960er und 1970er Jahren wiederum eine Art "Tauwetterperiode" folgte, in der es zu neuerlichen Initiativen und zu einer beginnenden wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Zeit des Nationalsozialismus - insbesondere auch in Bezug auf die Erforschung des Widerstands kam.
Dem politischen Umbruch der 1980er Jahre - auch, aber nicht nur im Umfeld der so genannten "Waldheim-Debatte" - folgten zahlreiche lokale und regionale Initiativen zur Aufarbeitung der NS-Geschichte und in den 1990er Jahren die Etablierung einer "neuen Erinnerungskultur". Seit den 2000er Jahren beobachtet der Referent eine Art Normalisierung oder Gleichgültigkeit hinsichtlich des Themas, die mithin einerseits in dem seither eingesetzten, regelrechten Boom an wissenschaftlicher Auseinandersetzung, andererseits aber auch an der zunehmenden zeitlichen Distanz und der reduzierten politischen Brisanz begründet werden könnte. In der Verantwortung der heutigen Gesellschaft läge es, eine Auseinandersetzung mit Bezug zur Lebenswelt junger Menschen zu führen und den NS-Opfern einen Platz in der öffentlichen Erinnerung ihre Namen und Biografien wieder zurück zu geben.

Im Rahmen der Rubrik Heimatforschung aktuell wurden drei Referenten eingeladen, aktuelle Projekte und Initiativen aus Oberösterreich vorzustellen und in der letzten Kurzpräsentation brachte MR Mag. Alfred Grieshofer einen Ausblick auf ein Tagungsthema, das wir gerne in den nächsten Jahren aufgreifen möchten - der Auseinandersetzung mit der Wald- und Forstgeschichte Oberösterreichs.

Kons. Gottfried Gansinger stellte das Werden der Publikation Nationalsozialismus im Bezirk Ried im Innkreis und des Lern- und Gedenkorts in Ried im Innkreis vor, der kurz nach der Tagung im Mai 2017 eröffnet wurde. Mag. (FH) Wulf Struck referierte über die Entstehung und Initiativen rund um das Mahnmal Mühlviertler Menschenjagd in Wartberg ob der Aist, das als lokale Zeichensetzung im Jahr 2015 eröffnet und durch eine Ausstellung im öffentlichen Raum begleitet wurde. Die letzte Kurzpräsentation im Kontext zum Tagungsthema stammte von Dr. Christian Angerer vom Verein erinnern.at. Nationalsozialismus und Holocaust: Gedächtnis und Gegenwart, der sich mit seinen Angeboten insbesondere an Schulen wendet und Materialien und pädagogische Angebote erschließt, die für Schulen in Hinblick auf die Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus österreichweit zur Verfügung stehen.
MR. Mag. Alfred Grieshofer vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft rückte die kulturellen Inhalte und Potentiale im Umfeld der österreichischen Wälder in den Fokus und stellte mit dem Zertifikats-Lehrgang "Forst+Kultur" ein Weiterbildungsangebot der Forstlichen Ausbildungstätte Ort in Gmunden vor.

Nach dem Mittagessen führte Mag. Schwanninger die Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer durch den Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim und durch die Ausstellung Wert des Lebens.

Die Tagung wurde von der Arbeitsgemeinschaft für Regional- und Heimatforschung Oberösterreich in Kooperation mit Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim veranstaltet und von der Direktion Kultur des Landes OÖ. unterstützt. Für die Unterstützung sei herzlich gedankt!