Spätes 13. Jahrhundert

Oberösterreich im Spätmittelalter

das 13. Jahrhundert ab dem Interregnum (1246)


Die Übernahme der Herrschaft durch Ottokar II. Přemysl von Böhmen
Als im Jahr 1246 der letzte Babenberger Friedrich „der Streitbare“ in der Schlacht an der Leitha gegen die Ungarn fiel, entbrannte ein langjähriges Tauziehen um sein Erbe. Besonders Herzog Otto von Bayern und der böhmische König Ottokar II. Přemysl versuchten, Oberösterreich an sich zu reißen, ebenso der Bischof von Passau. Zunächst aber setzte sich in Linz ein gewisser Meinhard Tröstel von Zierberg durch, ein Ministeriale des letzten Babenbergers. Er übernahm für einige Zeit die Stadtherrschaft und scheint als Trostlinus und Trustelo de Lintz in mehreren Urkunden auf. Nach einem Ausgleich mit Meinhard Tröstel übernahm im Jahr 1251 Ottokar II. von Böhmen die Herrschaft in der Stadt, doch hatte er ständig Ansprüche des Passauer Bischofs Otto von Lonsdorf und der Herzöge von Bayern abzuwehren.

Die wohl schillerndste Person im Streit um das babenbergische Erbe und vielleicht auch des gesamten Interregnums war Ottokar II. von Böhmen aus dem Haus der Přemysliden. Ottokar wurde vermutlich zu Jahresbeginn 1233 als zweiter Sohn des böhmischen Königs Wenzel I. und seiner Gattin, der Stauferin Kunigunde, geboren. Als Zweitgeborener war er nach einer im Mittelalter weit verbreiteten Praxis für ein hohes geistliches Amt bestimmt und nicht für eine weltliche Karriere. Im Jahr 1247 starb überraschend Ottokars älterer Bruder Wladislaw, der Gatte der Babenbergerin Gertrud; als Thronfolger des böhmischen Königs hatte er das Amt eines Markgrafen von Mähren innegehabt. Ottokar folgte somit 1247 als Markgraf in Mähren nach. Ottokars Interesse galt nach dem Tod Hermanns von Baden, dem zweiten Gatten der Babenbergerin Gertrud, ganz der zweiten verbliebenen Babenbergerin: Margarete. Im allgemeinen Chaos nützte Ottokar die Situation, folgte einem Ruf österreichischer Ministerialen – der halbfreien Dienstleute der Adeligen, die aber in Wirklichkeit als „Ritter“ immer größeren Einfluss errangen – und heiratete die verwitwete Babenbergerin Margarete, die 1252 mehr als doppelt so alt wie er gewesen sein dürfte.

Ottokars Kampf um das steirische Erbe
Relativ rasch setzte sich Ottokar in Österreich gegen seine Widersacher aus Bayern, Ungarn, Schlesien und Polen durch. Nach dem Tod seines Vaters Wenzel im Jahr 1253 nahm der politische und militärische Druck seiner Feinde jedoch weiter zu, mussten sie doch fürchten, dass im Osten des Heiligen Römischen Reiches ein neues Großreich entstünde, das von der Oder bis fast zur Adria reichte. Besonders König Béla IV. von Ungarn zog plündernd durch Mähren und den Osten Österreichs. Im Frieden von Ofen (1254) musste Ottokar schließlich seine Ansprüche auf die Steiermark zurückstellen. Ihm verblieben aber der größte Teil Österreichs sowie die Nachfolge in Böhmen und Mähren. Die bisher steirischen Gebiete nördlich des Pyhrnpasses wurden damals (Ober-)Österreich zugeschlagen. Geschickt nutzte Ottokar die proböhmische Stimmung unter den österreichischen Ministerialen aus; durch die reine Zweckheirat mit Margarete betonte er den Versuch einer dynastischen Rechtfertigung seines Herrschaftsanspruches.

Nach 1254 war Ottokar darauf bedacht, seinen Einflussbereich noch auszubauen. Nach einer militärischen Niederlage gegen den Herzog von Bayern in der Schlacht von Mühldorf (1257) wandte sich Ottokar der Auseinandersetzung mit Béla IV. von Ungarn zu, den er schließlich 1260 bei Kroissenbrunn im Marchfeld vernichtend schlug. Um danach den Frieden zu sichern, suchte Ottokar um eine dynastische Verbindung zu Béla IV. Nach längerem Ringen stimmte der neue Papst Urban IV. im Herbst 1261 einer Scheidung von der Babenbergerin Margarete zu. Stattdessen heiratete Ottokar noch im Oktober desselben Jahres in Pressburg (Bratislava) Kunigunde (Kunhuta), eine Enkelin des ungarischen Königs. Wieder benützte Ottokar eine Heirat zur Konsolidierung oder Legitimierung seiner Expansionspolitik.

Der Sieg über Béla IV. schlug sich 1262 schließlich auch in Gebietsgewinnen nieder: Richard von Cornwall, einer der nicht allgemein anerkannten Könige im Reichs-Interregnum, übertrug damals – freilich ohne die nötige Zustimmung der übrigen Kurfürsten – Österreich und die Steiermark an Ottokar; über letzteres Herzogtum hatte Ottokar seit seinem Sieg bei Kroissenbrunn de facto die Herrschaft innegehabt. Schließlich rundete Ottokar 1268 durch einen Erbvertrag mit seinem kinderlosen Vetter Herzog Ulrich von Kärnten und Krain (das heutige Slowenien) seinen Machtbereich im Süden ab. Innerhalb weniger Jahre hatte Ottokar somit Österreich, die Steiermark, Kärnten und Krain für sich gewinnen können – mit dynastischen Heiraten, Erbverträgen und Kriegen.

Die Regierungszeit Ottokars II. als Umbruchszeit
Ottokars Herrschaft in Österreich, in der Steiermark und kurzzeitig auch in Kärnten und Krain stellte in vielerlei Hinsicht eine dynamische Umbruchszeit dar: So ging die Territorialisierung – der Übergang zum Flächenstaat – rasch vor sich, neue Ämter, ja erstmals eine Art Verwaltung, Frühformen einer landesherrlichen Kanzlei entstanden.

Die Territorialisierung war freilich schon vor Ottokar durch die Politik Kaiser Friedrichs II. in die Wege geleitet worden, beispielsweise durch das berühmte Statutum in favorem principum (Verordnung zum Vorteil der Fürsten) aus dem Jahr 1232, durch das der Kaiser die meisten Königsrechte an die ihm untergebenen Fürsten übergab; aber auch das Fehlen einer allgemein anerkannten Zentralgewalt während des Interregnums trug das Ihre zu dieser Entwicklung bei.

Landesfürstliche Städtegründungen im böhmischen und österreichischen Bereich brachten einen sozialen und wirtschaftlichen Wandel mit sich, der für das gesamte Spätmittelalter und somit für die Zeit der frühen Habsburger maßgeblich sein sollte. Die Wurzeln der Städtepolitik Ottokars lassen sich wiederum schon in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts, in die späte Babenbergerzeit, zurückverfolgen.

Ottokars Ende und die ersten Habsburger in Oberösterreich
Im Jahr 1273 wurde der Habsburger Rudolf I. zum König des Heiligen Römischen Reiches gewählt. Mehr und mehr nahmen die Spannungen zwischen dem früher als Grafen unbedeutenden Rudolf und dem mächtigen Böhmenkönig Ottokar zu. Schließlich verdrängte Rudolf Ottokar aus Ober- und Niederösterreich; 1275 wurde über Ottokar die Reichsacht verhängt, die 1276 noch zur „Aberacht“ verschärft wurde. Im Zuge dessen liefen besonders auch in Oberösterreich die meisten Parteigänger Ottokars zu Rudolf über. Bei Dürnkrut am Marchfeld unterlag Ottokar 1278 schließlich den Truppen Rudolfs; er wurde auf der Flucht von steirischen Adeligen getötet. Im Jahr 1282 vergab Rudolf I. die freigewordenen Länder neu an seine Söhne Albrecht I. und Rudolf II. Somit fielen auch weite Teile des heutigen Oberösterreich an die Habsburger.

Unter der Regierung Herzog Albrechts I. rückte das Salzkammergut aufgrund seines Salzreichtums immer mehr ins Blickfeld der Politik. Albrechts Frau Elisabeth erhielt die herzoglichen Besitzungen im Salzkammergut als Morgengabe. Sie förderte persönlich den neu aufgekommenen Salzbergbau. Allerdings kam man bei der intensiven Salzgewinnung mit Erzbischof Konrad IV. von Salzburg in Konflikt. Zwischen 1291 und 1297 tobte der so genannte Salzkrieg, bei dem unter anderem die Salzpfannen in der Gosau sowie das alte Hallstatt zerstört wurden.

Autor: Christian Rohr, 2009