Mittelalterarchäologie

Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit in Oberösterreich


Die Archäologie des Mittelalters beschäftigt sich (in Fortsetzung zur ur- und frühgeschichtlichen Archäologie) mit einem Zeitabschnitt, der – für Österreich – mit der Babenbergerzeit (Ende 10. Jahrhundert) beginnt. Nach oben hin sind die Grenzen nicht klar festzulegen, weshalb immer öfter auch von einer „Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit“ gesprochen wird und auch neuzeitliche Forschungsthemen in den Fokus des Interesses gelangen.

Interdisziplinäre Forschung
Die Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit bedient sich wie die Ur- und Frühgeschichte der klassischen archäologischen Methoden für die Quellenerschließung und Quelleninterpretation. Als Spezifikum der mittelalterarchäologischen Forschung gilt die Tatsache, dass sich diese mit einer Zeitspanne beschäftigt, aus der uns neben den archäologischen Bodenfunden auch schriftliche Quellen - Urkunden, Inventare, Testamente, Briefe, literarisches Schaffen wie Erzählungen oder Gedichte – sowie Bildquellen – Tafelmalerei, Skulpturen – in großer Zahl zur Verfügung stehen. Dies macht eine Offenheit der mittelalterarchäologischen Forschung gegenüber anderen Wissenschaften und ihren spezifischen Methoden unabdingbar. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Nachbarwissenschaften wie Geschichtsforschung, Kunstgeschichte, Germanistik oder Europäische Ethnologie wurde besonders in den letzten Jahren aufgebaut und intensiviert, hier besteht allerdings noch Nachholbedarf.

Traditionell eine wesentlich besser etablierte, enge Zusammenarbeit besteht zwischen der Archäologie und den Naturwissenschaften. Vor allem in den Bereichen der Archäometrie (Dendrochronologie zur Altersbestimmung von Hölzern über die Jahrringe, C14-Datierung über den Kohlenstoffgehalt in organischen Materialien), Materialanalysen (etwa für die Rekonstruktion von alten Handwerkstechniken), Archäozoologie (Analyse von Tierknochen etwa zur Rekonstruktion von Ernährungsgewohnheiten) oder Archäobiologie (wie Pollenanalysen zur Rekonstruktion von Lebens- und Umweltbedingungen) konnten bereits wertvolle interdisziplinäre Ergebnisse erzielt werden.

Funde – Befunde
Die Arbeitsgrundlage der Mittelalterarchäologie bieten die im Zuge von Ausgrabungen gewonnenen Informationen. Als Quellen stehen dabei Strukturen, die als Spuren menschlicher Tätigkeiten im Boden erkennbar sind (auch Befunde genannt) und Funde (also die materiellen Hinterlassenschaften) zur Verfügung. Befunde und Funde werden – als Einheit – in ihrer Lage zueinander sorgfältig dokumentiert und die Funde anschließend geborgen. Die Dokumentation erfolgt über Vermessung (mittels digitaler und analoger Geräte), zeichnerisch und fotografisch. Um naturwissenschaftliche Untersuchungen wie die oben beschriebenen zu ermöglichen, werden vor Ort auch Proben (Sediment, Holz, Holzkohle etc.) entnommen.

Archäologische Strukturen sind am Ende einer Ausgrabung zerstört. In welchem Befund ein Gegenstand gefunden wurde, ist allerdings unerlässlich für seine weitere Interpretation – wurde er in den Überresten einer Werkstatt gefunden, in einem Wohnhaus oder wurde er als Beigabe einem Toten in das Grab mitgegeben? Nur die sorgfältige Dokumentation des Kontextes eines Fundes ermöglicht eine Annäherung an das Verständnis vergangener Lebensumstände.

Pioniere und Institutionen in Oberösterreich
Bei der Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit handelt es sich um eine sehr junge Wissenschaftsdisziplin.
In Oberösterreich erfolgten erste archäologische Untersuchungen mittelalterlicher Bodendenkmale in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts. Zu den Pionieren der mittelalterarchäologischen Forschung in Oberösterreich zählen Eduard Beninger und Fritz Felgenhauer.

Mittelalterarchäologische Untersuchungen werden in Oberösterreich von mehreren Institutionen durchgeführt: Die Abteilung für Römerzeit-, Mittelalter- und Neuzeitarchäologie an den Oberösterreichischen Landesmuseen (unter der Leitung von Christine Schwanzar) hat in den letzten Jahrzehnten einige mittelalterarchäologische Forschungsgrabungen durchgeführt. Für die Linzer Stadtarchäologie ist Erwin M. Ruprechtsberger vom Stadtmuseum Nordico zuständig. Das Bundesdenkmalamt (in Oberösterreich vertreten durch Heinz Gruber) betreute zahlreiche Grabungen an mittelalterlichen und neuzeitlichen Fundstellen Oberösterreichs. Auch die Stadtmuseen Wels (Direktorin: Renate Miglbauer) zeichnete in den letzten Jahrzehnten für mehrere mittelalterarchäologische Grabungen verantwortlich. Das Österreichische Archäologische Institut führte ebenfalls Untersuchungen an Fundstellen des Mittelalters in Oberösterreich durch.

In der Mittelalter- und Neuzeitarchäologie haben sich in den letzten Jahrzehnten verschiedene Forschungsschwerpunkte herausgebildet, wobei sich die Untersuchungsbereiche und Fragestellungen oft überschneiden und eine geradlinige Trennung nicht immer möglich ist.

Burgengrabungen
Zu den wohl eindrucksvollsten Zeugen aus dem Mittelalter zählen Burgen. In Oberösterreich findet sich eine große Zahl solcher Wehrbauten, manche sind heute noch als Wohngebäude genutzt, viele sind jedoch nur mehr als Ruinen erhalten. In den letzten Jahrzehnten wurden darüber hinaus auch Standorte ehemaliger Burgen entdeckt, von denen obertägig wenige bis keine Spuren mehr erhalten sind. Grundlegend für das heutige Wissen um die Burgen in Oberösterreich sind die Arbeiten Norbert Grabherrs (damals Beamter am Oberösterreichischen Landesarchiv). Er katalogisierte und veröffentlichte ab den 1960er Jahren alle ihm bekannten Wehrbauten und Herrensitze in Oberösterreich. Auch die Vermessung und Beschreibung oberösterreichischer Burgen, von Wilhelm Götting und Georg Grüll 1967 herausgegeben, gilt bis heute als grundlegendes Nachschlagewerk.

Eduard Beninger begann Ende der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts mit der Untersuchung zweier mittelalterlicher Burgstellen, Kögerl an der Alm und Steinbach bei Grieskirchen. In den Jahren 1956 bis 1958 führte er großflächige Grabungen im Bereich der Wasserburg Neydharting (im Neydhartinger Moor bei Lambach) durch. Die Anlage wurde, den Erkenntnissen des Ausgräbers folgend, im 13. Jahrhundert gebaut und um die Mitte des 17. Jahrhunderts dem Verfall preisgegeben. Durch den hohen Grundwasserspiegel im Bereich dieser Anlage konnten zahlreiche Bauelemente aus Holz in hervorragender Erhaltung beobachtet werden.

Fritz Felgenhauer leitete im Gemeindegebiet von Attersee seit den frühen 1970er Jahren mehrere Grabungen. Untersucht wurden die hausbergartige Anlage Kirchberg am Attersee, eine Ringwallanlage am Buchberg und eine kleinere bewehrte Anlage am Schlossberg.

Die Oberösterreichischen Landesmuseen führten in den letzten Jahren archäologische Untersuchungen an mehreren Burgen durch: Die „Ratzlburg“ (im Ortsgebiet von Überackern, Pol. Bez. Braunau/Inn) wurde im 12. Jahrhundert erbaut und bereits im ausgehenden 13. Jahrhundert wieder aufgegeben. Ab 1992 konnte in vier Grabungskampagnen bis 1998 der achteckige Wohnturm der Burg archäologisch untersucht und anschließend konserviert werden. Im Jahr 2002 fanden Grabungen am Teufelsturm (bei Waldneukirchen, Pol. Bez. Steyr-Land) statt.

Der Burgstall Turntobel (Marktgemeinde Kefermarkt, Pol. Bez. Freistadt) wurde in den Jahren 2003 und 2004 archäologisch untersucht. Die Anlage wird von der Ausgräberin Christine Schwanzar in das 12. bis 13. Jahrhundert datiert. Im Zuge der Grabungen konnte auf einer Hügelkuppe eine plattformartige Steinsetzung nachgewiesen werden, die von einem halbkreisförmigem Graben mit Außenwall umgeben ist. Etwas darunter gelegen waren noch Reste eines rechteckigen Turms und zweier Flankenmauern erkennbar.

2006/2007 wurden im Vorfeld des Wiederaufbaus des Südflügels im Linzer Schloss großflächige Ausgrabungen durchgeführt. Dabei konnten nicht nur die unterirdisch erhaltenen Reste des 1800 abgebrannten Südtraktes archäologisch untersucht werden. Die Grabung erbrachte u. a. auch Nachweise einer römischen Besiedlung des Platzes sowie Hinweise auf die im 16. Jahrhundert abgekommene Gangolfkapelle.

Heimatforscher
Auch durch die Verdienste zahlreicher Heimatforscher konnte das Wissen um mittelalterarchäologische Fundstellen vorangebracht werden. Als Beispiel soll Alfred Höllhuber herausgegriffen werden. Im Zuge seiner 40-jährigen Forschungstätigkeit im Unteren Mühlviertel konnte er zahlreiche neue Fundstellen (so etwa die Burgstellen Strafenberg/St. Leonhard bei Freistadt und Hausberg an der Großen Naarn/Pierbach, beide Pol. Bez. Freistadt) entdecken und untersuchen. Auf zum Teil schroff aufragenden Granitfelsen des Unteren Mühlviertels, die keine oder nur geringe aufgehende Mauerreste von Gebäuden zeigen, fand er Abstemmungen, die als Auflage für Holzbalken oder als Mauerbettungen gedeutet werden können. Fundmaterial des hohen bis späten Mittelalters untermauert die Deutung dieser Fundstellen als ehemals bewohnte Plätze.

Siedlungsforschung – Wüstungsforschung
Siedlungsreste des Mittelalters treten in zwei unterschiedlichen Erscheinungsformen auf: Bei so genannten Wüstungen handelt es sich um Siedlungen, die – oft noch im Mittelalter – wieder aufgeben wurden und heute nicht mehr besiedelt sind. Siedlungsspuren aus dem Mittelalter können sich aber auch unter heute dicht bebautem Gebiet finden.

Die Besiedlungsdauer von Wüstungen kann so unterschiedlich sein wie die Gründe für ihr Wüstfallen. Neben ökonomischen oder rechtlichen Ursachen können auch Katastrophen wie Überschwemmungen oder kriegerische Zerstörungen die Aufgabe einer Siedlung bewirkt haben.
Wüstungen sind im Gelände zumeist nicht oder nur mit geübtem Blick erkennbar. Mauern als Hinweise auf Gebäude sind sehr selten erhalten, oft lassen sich die Stellen ehemaliger Bauten nur durch Vertiefungen bzw. Erhöhungen im Gelände erkennen. Bei der Forschung zu abgekommenen Ortschaften in Oberösterreich handelt es sich (wie in großen Teilen Österreichs) um einen lange vernachlässigten Wissenschaftszweig.

Wenige siedlungsgeschichtliche Arbeiten wurden von historischer Seite verfasst. Fritz Felgenhauer etwa veröffentlichte 1982 die Ergebnisse einer interdisziplinären siedlungsgeografischen Untersuchung zum Raum Antlangkirchen (Pol. Bez. Schärding). Großflächige archäologische Grabungen am Gelände abgekommener Ortschaften stehen allerdings noch aus.

Stadtarchäologie
Viele der heute bestehenden Städte in Oberösterreich wurden bereits im Mittelalter gegründet. Die Reste der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bebauung können zum einen bei Bauarbeiten entdeckt werden, im Zuge derer Bodeneingriffe notwendig werden. Zum anderen lassen sich mittelalterliche Spuren aber häufig noch in heute bestehenden Gebäuden nachweisen. Diese Reste kommen oft bei Renovierungsarbeiten zum Vorschein. Hier wird eine enge Zusammenarbeit mit Bauforscherinnen und -forschern unerlässlich.

In Linz bringen Grabungen in großer Regelmäßigkeit mittelalterliche Siedlungsspuren ans Licht: So führte die Errichtung eines Erotikcenters am Graben in Linz im Jahre 2001 zu einer Notgrabung unter der Leitung des Linzer Stadtarchäologen E. Ruprechtsberger. Im neu ausgeschachteten Keller konnten die Reste einer Hafnerwerkstatt aus der Zeit um 1600 dokumentiert werden. In unmittelbarer Nähe, am Linzer Pfarrplatz, wurden im Zuge der Errichtung einer Tiefgarage großflächig Reste der mittelalterlichen Stadtbefestigung (mit den Fundamenten eines Wehrturms) durch das Bundesdenkmalamt ergraben. Darüber hinaus gelang es, bauliche Reste als Teile einer bereits im 14. Jahrhundert schriftlich erwähnten Lateinschule und der so genannten Annakapelle, die im 18. Jahrhundert abgebrochen worden war, zu identifizieren. Weitere Rettungsgrabungen wurden 2007 im Bereich der Landhauseinfahrt notwendig. Überraschendes Ergebnis dieser archäologischen Untersuchungen war die Entdeckung einer in Vergessenheit geratenen Steinbogenbrücke aus dem 18. Jahrhundert.

„Erdställe“
Im Zusammenhang mit der Erforschung von Siedlungen soll das Phänomen der so genannten Erdställe erwähnt werden: Als Erdställe werden vom Menschen geschaffene Gangsysteme bezeichnet, die mindestens eine nur kriechend passierbare Engstelle aufweisen. Diese Gänge sind besonders häufig aus Oberösterreich, Bayern und Niederösterreich bekannt. Der Linzer Höhlenforscher Josef Weichenberger konnte in den letzten Jahrzehnten unzählige solcher Erdställe begehen und vermessen. Die Datierung in das Mittelalter ist für einige Erdställe mittlerweile durch naturwissenschaftliche Untersuchungen abgesichert, eine Deutung der Gangsysteme als Zufluchtsanlage oder Versteck erscheint am plausibelsten.

Kirchen- und Klostergrabungen
Bei Baumaßnahmen in Kirchen (etwa im Zuge der Erneuerung von Kirchenböden) werden häufig Bodeneingriffe notwendig, bei denen archäologisch relevante Schichten zerstört werden. Aus diesem Grund geben solche Umbauten oft Anlass für vorangehende bzw. baubegleitende archäologische Untersuchungen.

Der wohl prominenteste Sakralbau Oberösterreichs ist die Martinskirche am Römerberg in Linz. In den 1970er Jahren fanden umfangreiche Grabungsmaßnahmen in und außerhalb der Kirche statt. Etwa 20 Jahre später wurden die (mitunter kontrovers diskutierten) Grabungsergebnisse ausgewertet und publiziert. Sie lassen – neben einer bis in die Jungsteinzeit zurückreichenden Besiedlung dieses Platzes – auf einen im Frühmittelalter errichteten Rechtecksaal schließen. Dieser wurde (vermutlich im 10. Jahrhundert) von einem mächtigen Zentralbau abgelöst, der jedoch wohl nie ganz fertig gestellt wurde. Im 11. Jahrhundert entstand ein so genannter Nischenbau mit einem Langhaus, dessen Längswände durch Rundbogennischen gegliedert waren. Weitere Umbauten im Hochmittelalter und der gotische Umbau um die Mitte des 15. Jahrhunderts führten im Wesentlichen zu der Erscheinungsform, wie wir die Martinskirche heute kennen.

Ebenfalls als ein Bauwerk mit langer Geschichte wurde die Basilika St. Laurentius in Enns in zahlreichen Grabungskampagnen archäologisch untersucht. Sie liegt innerhalb der kaiserzeitlichen Zivilsiedlung Lauriacum-Lorch. Unter den Mauern der heute bestehenden Kirche konnten die Reste von profanen und sakralen Vorgängerbauten seit der römischen Kaiserzeit nachgewiesen werden.

Grabungen in und um Kirchen bringen jedoch nicht nur Aufschluss über die Baugeschichte. Oftmals lassen sich auch Gräber (im Kircheninneren, in Grüften unter dem Kirchenboden oder außerhalb der Kirche in Friedhöfen) nachweisen. Die zumeist beigabenlosen Gräber aus dem Hoch- und Spätmittelalter können anthropologisch untersucht werden und wichtige Informationen zu Lebensbedingungen, Verwandtschaftsverhältnissen usw. liefern. Im Rahmen der Kirchenarchäologie werden jedoch oft auch jüngere Gräber aufgedeckt. In der Barockzeit wurde es wieder üblich, den Verstorbenen Bestandteile ihres persönlichen Besitzes mit ins Grab zu geben. Gräber des 16. bis 18. Jahrhunderts wurden beispielsweise vom Bundesdenkmalamt in der Pfarrkirche in Gallspach entdeckt und freigelegt. In den Gallspacher Gräbern fanden sich neben Spielzeug (etwa einer Murmel im Grab eines Kindes) auch Wallfahrtsmedaillen, Rosenkränze oder Tonpfeifen.

Im ehemaligen Benediktinerkloster Mondsee fanden zwischen 1986 und 1994 Grabungen und Bauforschungen durch das Bundesdenkmalamt (BDA) und – ab 1988 – auch durch das Österreichische Archäologische Institut (ÖAI) statt. Neben Spuren urgeschichtlicher, römischer und frühmittelalterlicher Bebauung konnten die Struktur des hoch- und spätmittelalterlichen Klosters mit romanischer Basilika bzw. gotischer Klosterkirche, Konvent, Abtshaus, Klosterspital und Wirtschafts- und Handwerksbereichen ergraben werden. Die keramischen Funde und das Füllmaterial einer neuzeitlichen Jauchekiste wurden bereits einer umfangreichen Aufarbeitung unterzogen. Eine synthetische Publikation der Grabungsergebnisse steht jedoch noch aus

Im Minoritenkloster in Wels (gegründet im 13. Jahrhundert) führten die Stadtmuseen Wels im Zuge eines Umbaus in den Jahren 1988 bis 1990 archäologische Untersuchungen durch. Sie erbrachten Erkenntnisse zu Aussehen und Geschichte der Minoritenkirche, des Klostergebäudes sowie der zugehörigen Kapellen im Mittelalter. Innerhalb dieser Gebäude wurden zahlreiche Bestattungen aus den unterschiedlichsten Zeitstufen dokumentiert.

Handwerk und Gewerbe, Handel
Einen Forschungsschwerpunkt der Oberösterreichischen Landesmuseen stellte die Untersuchung mittelalterlicher und neuzeitlicher Glashütten dar. Am Sternstein in Bad Leonfelden sowie am Bauernberg in Liebenau wurden durch Christine Schwanzar die baulichen Reste sowie die Produktionsabfälle der handwerklichen Tätigkeiten ergraben.

Funde aus archäologischen Grabungen (zumeist der Großteil davon Fragmente von keramischen Gefäßen, aber auch so genannte Kleinfunde aus Eisen, Bunt- oder Edelmetall, Stein, Knochen, Glas) stellen wichtige Indikatoren für Lebensverhältnisse dar. Sie können zum Beispiel hinsichtlich Fragestellungen zu Handel oder Handwerk ausgewertet werden, wie dies beispielsweise in der Aufarbeitung der Keramik aus einem hochmittelalterlichen Töpferofen in Auhof bei Perg (Pol. Bez. Perg) geschehen ist.

Als gelungenes Beispiel interdisziplinärer Zusammenarbeit darf die Bearbeitung des Schatzfundes von Fuchsenhof bezeichnet werden. Der vermutlich im 13. Jahrhundert verborgene Depotfund beinhaltete etwa 6500 Münzen, Schmuckgegenstände und Trachtbestandteile (Ringe, Ohrgehänge, Ketten, Gürtelschnallen). Unter Beteiligung von Forscherinnen und Forschern aus den verschiedensten Wissenschaften (Geschichtswissenschaft, Numismatik, Archäologie, Kunstgeschichte usw.) wurde der Fund, der als in Krisenzeiten vergrabener Besitz eines Händlers oder Handwerkers gedeutet wird, einer umfangreichen Aufarbeitung unterzogen.

Ausblick
In den letzten Jahrzehnten wurde die mittelalterarchäologische Forschung in den verschiedensten Bereichen vorangetrieben. Derzeit befassen sich mehrere Forschungsprojekte mit Fragestellungen zur Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit in Oberösterreich. So sollen beispielsweise im Rahmen des interdisziplinären Projekts „Landschaft - Burg - Herrschaft“ Fragen zu Landesausbau und adeliger Sachkultur im Unteren Mühlviertel beantwortet werden. Als
Desiderat für die Zukunft muss eine intensivere Auseinandersetzung mit siedlungsarchäologischen Fragen (Stichwort „Wüstungsforschung“) genannt werden.

Autorin: Christina Schmid, 2009