Zivilverwaltung Mühlviertel
und russische Besatzung

Die Auswirkungen der Potsdamer Konferenz
Im Juli 1945 wird in London die Einteilung der Besatzungszonen beschlossen.
Eine neue entsprechende Übersichtskarte kann herausgegeben werden. Das Mühlviertel kommt nun zur russischen Zone, weil die Sowjets insbesondere die tschechisch-österreichische Grenze zur Gänze kontrollieren wollen. Die Zonengrenzen zwischen den Westmächten können praktisch ungehindert passiert werden.

Oberösterreich geteilt
Erst ab 1. August wird das ganze Mühlviertel sowjetisch besetzt, die sogenannte Demarkationslinie verläuft nun entlang der Donau bis zur Ennsmündung. Zum Überschreiten braucht man u. a. auch einen Identitätsausweis.

Johann Blöchl wird zum "Vater des Mühlviertels"
Ende Juli 1945 wurde es für jeden Gewissheit: Das Mühlviertel kommt zur Gänze zur russischen Besatzungszone.

Die Amerikaner, die bis dahin das westliche Mühlviertel bis zur Demarkationslinie besetzt hielten, verschwanden über Nacht. Das Viertel nördlich der Donau war nun vom übrigen Oberösterreich abgetrennt. Angesichts dieser Situation wollte das Land Niederösterreich, das ja zur Gänze russisch besetzt war, die Verwaltung des Mühlviertels übernehmen. In Wien hatte man auch schon einen Bezirkshauptmann für Perg ernannt. Mit dieser einseitigen Vorgangsweise waren die Mühlviertler aber keineswegs einverstanden.

Man wollte, trotz der verschiedenen Besatzungszonen, die Einheit mit dem südlichen Oberösterreich auf alle Fälle erhalten. Vertreter der drei politischen Gruppen planten die Errichtung einer „Zivilverwaltung Mühlviertel“, einer Art Teil-Landesregierung, an deren Spitze der Lasberger Bauer Johann Blöchl und als sein Stellvertreter der Sozialist Dr. Franz Blum gestellt wurden. Damit saß Blöchl am Schalthebel zur oberösterreichischen Landeseinheit. Aber der nunmehrige „Staatsbeauftragte“ Blöchl, den in dieser Funktion auch bald Staatskanzler Renner bestätigte, hatte einen Posten, eine Aufgabe, um die ihn kein Österreicher beneidete.

Autor: Fritz Fellner, 2019

Ortskommandanturen entstehen...


Die russische Besatzung im damaligen Alltag
Insbesondere zu Beginn der russischen Besetzung sind viele sehr traurige Vorfälle zu beklagen. Erst gegen Jahresende kann die Zahl der Vergewaltigungen, Raubüberfälle und Morde durch eine verstärkte Zusammenarbeit mit den russischen Behörden wesentlich verringert werden.

Am 20. Juni 1945 wurde der Landwirt Karl Leitner aus Mönchswald von sowjetischen Soldaten festgenommen und brutal niedergeschlagen...

Am 2. Dezember 1945 um 17 Uhr wurde der 20-jährige Bauernsohn Franz Aigner in der Ortschaft Lamm von zwei Männern in sowjetischer Uniform ermordet...

Am 11. Jänner 1946 wurde um 4 Uhr früh der Pferdeknecht des Brauhauses in Freistadt, Johann Igmann, auf dem weg zu seinem Arbeitsplatz von einem Wachposten erschossen...

Autor: Kurt Cerwenka, 2019

Freistadt 1945. Eine Dokumentation zur Ausstellung im Mühlviertler Schlossmuseum vom 12. Oktober bis 8. Dezember 2019.