Mithraskult

Orientalische Kulte erfreuten sich ab dem 2. Jahrhundert nach Chr. allmählich zunehmender Beliebtheit. Vermutlich zog das Geheimnisvolle der Einweihungsriten viele in ihren Bann. Jupiter Dolichenus war ein Gott der seitens der Soldaten großen Zulauf fand. Stier, Blitz und Doppelaxt waren die Symbole, die der Gott schon aus alter Zeit mitgebracht hatte, als er ein anatolischer Berggott gewesen war, bevor er sich als Baal von Doliche zu einem Himmelsgott, einem Gott des Krieges und auch der Fruchtbarkeit entwickelte. In der Römerzeit wird er schließlich zu einem Universalgott, der vor allem in der Zeit am Ende des 2. und Anfang des 3. Jahrhunderts Seine größte Anziehungskraft ausübte.

Mithraskult
Den Mithraskult, der die weiteste Verbreitung erreichte, brachten Soldaten aus dem Orient mit. Die Gestalt des Gottes Mithras geht auf den persischen Lichtgott Mithra zurück, von dem der Mythos berichtet, dass er aus dem Felsen geboren wurde, in einer Felshöhle der Urstier tötete und die Erde dabei befruchtete. Die Kultbilder zeigen als Hauptszene den wichtigsten Moment im Mythos des Gottes, nämlich die Tötung des Urstiers durch den Gott, wodurch die Vegetation entsteht. Der Hund, Begleiter des Gottes, springt zur tödlichen Wunde, was zugleich Heilung bedeutete. Ebenfalls dorthin windet sich eine Schlange, die als Fruchtbarkeitssymbol gesehen wurde, eine ähnliche Funktion ist für den Skorpion anzunehmen. Der Rabe, der die Botschaft überbrachte, den Stier zu töten, sitzt am Rand der Höhle oder auf des Gottes Mantelsaum. Luna und Sol, die die Astralsymbole, erscheinen auch meist im oberen Teil des Reliefs. Zu beiden Seiten der Stiertötungsszene erscheinen meist auch Cautes und Cautopates, zwei Jünglinge, der erste mit erhobener und der zweite mit gesenkter Fackel. Sie symbolisieren Begriffe wie Sommer und Winter, Tag und Nacht oder Auferstehung und Tod.
Auch hier gab es Einweihungsriten, die in sieben Stufen unterteilt und streng geheim waren. Diese sieben Einweihungsstufen waren mit den sieben Planetengöttern, die auch Gottheiten für jeden Tag der Woche darstellten, verbunden. Im Mithraskult feierten die Gläubigen die Liturgie im Heiligtum des Gottes oft in einer Grotte gemeinsam vor dem Götterbild und dem Altar, was grundsätzlich neu gegenüber den römischen Tempeln war, die nur als Wohnstätten der Götterbilder dienten.

Mithräum in Linz
Zu den bekanntesten Mithras-Heiligtümern in Oberösterreich zählt das Mithräum in Linz [--> Antikes Lentia], das in einem römischen Gebäude unter dem Tummelplatz gefunden worden war. Welchem Kult das Gebäude in seinen ersten Bauphasen diente, ist nicht klar, unbestritten ist hingegen, dass um 275 n. Chr. vier Räume als Mithräum adaptiert worden waren, das erst in der Regierungszeit des Kaisers Honorius (393–423) zerstört wurde. Neben einem Relief-Medaillion mit der Darstellung der Stiertötung und zwei Fragmenten eines ebensolchen Marmorreliefs fand sich ein Altar mit folgender Inschrift:

[Deo Soli] inv[icto] / M[ithr]ae s(acrum) T/ib(erius) [I]u[l]ius U/rsulus ve(teranus) v(otum) r/ettulit p/r[o]se et s/(u)is l(aetus) l(ibens) m(erito) s(olvit).

(Übersetzung: Dem unbesiegbaren Sonnengott Mithras hat Tiberius Julius Ursulus, ein Veteran, das Gelübde für sich und die Seinen gern, freudig und nach Verdienst eingelöst.)

Zu den weiteren Fundstücken gehört das Fragment einer Ziegelplatte, auf deren Tafelfläche durch einen Fingerstrich folgende Zeile angebracht ist: Jupp{iter} O{ptimus} Ma{ximus}, und eine weitere fein eingravierte Inschrift auf der linken Schmalseite lautet: [R]ex Juppiter a Mitra deo //[invicto … voluit]

Der Zweck der Platte ist nicht ganz klar. Es kamen hier noch zahlreiche andere Gegenstände zutage, wie ein Silverblechbruchstück, eine Weihegabe, ferner Gefäße, Münzen und ein weiteres Weihesteinfragment.

Weitere Mithras-Funde in Oberösterreich
Ein Mithräum im ländlichen Gebiet bestand in Schachadorf. In einer Schottergrube der Gemeinde Wartberg an der Krems im Aiterbachtal entdeckte man 1935/36 zufällig dieses kleine grottenartig in den Schotter eingetiefte Mithräum, das 8 m lang und zweigeteilt war. Außer der Darstellung einer Felsgeburt des Mithras fanden sich Keramikfragmente, Tonlampen, Messer, Tierknochen und Münzen aus der Zeit von 268 bis 392 n. Chr. Die starke Brandschicht, die in dem Kurzbericht erwähnt wurde, deutet auf ein gewaltsames Ende des Heiligtums hin.

In Rohr im Kremstal findet sich in der Pfarrkirche Oberrohr, rechts neben dem Kirchenportal eingemauert, eine bereits stark verwitterte Platte, die die Inschrift D(eo) I(nvicto) S(oli) … le(t)ius trägt.

Aus Lauriacum sind drei Mithrasreliefs überliefert, eines mit der Darstellung der Stiertötung aus dem Legionslager, ein Altarfragment, ein weiteres Relieffragment und ein heute verlorenes Gefäß mit applizierter Schlange.

Autorin: Christine Schwanzar, überarbeitet 2006

Der Artikel basiert im Wesentlichen auf: Schwanzar, Christine: Jupiter - Mithras - Christus, eine Religion im Wandel; in: Worauf wir stehen. Archäologie in Oberösterreich. Katalog zu einem Ausstellungsprojekt der Oberösterreichischen Landesmuseen [...]. Hrsg.: Jutta Leskovar u.a. (Kataloge des Oberösterreichischen Landesmuseums N. F. 195). - Weitra 2003, S. 169-174.