Nach der Errichtung der Provinz Noricum unterstanden dem ritterlichen Statthalter (procurator) eine Reihe von Hilfstruppeneinheiten (auxilia). Deren Garnisonsorte waren in der Frühzeit nicht an der Flussgrenze der Donau konzentriert, sondern lagen im Hinterland der Provinz; sie sind noch weitgehend unbekannt. Erst unter den flavischen Kaisern in der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts erfolgte die Verlegung an die Donaugrenze. In dieser ersten Ausbauphase wurden entlang des norischen Grenzabschnitts Truppenlager in Holz-Erde-Technik errichtet, von denen wir durch archäologische Zeugnisse nur die Lager von Boiodurum (Passau-Innstadt) und Lentia (Linz) nachweisen können. Durch Tacitus, Hist. 3,5,2 erfahren wir, dass im Jahr 68 acht Infanterieeinheiten (cohortes) und eine Kavallerieeinheit (ala) in Noricum stationiert waren. Ihre Lager ließen sich archäologisch in Wallsee, Pöchlarn, Mauer/Url, Traismauer, Tulln, Zwentendorf und Zeiselmauer nachweisen. Unter den Kaisern Trajan (98–117) und Hadrian (117–138) erfolgte der Ausbau der bisherigen Holz-Erde-Lager zu festen Steinkastellen.
Markomanneneinfall
Unter den Prokuratoren, von denen uns 30 namentlich bekannt sind, erfreute sich die Provinz einer ein Jahrhundert andauernden Friedenszeit, des wirtschaftlichen Aufschwunges und der kulturellen Blüte. Diese erfuhr aber schon unter Antoninus Pius (138–161) eine Trübung und wurde dann von der Not der Markomannenkriege unter der Regierung Mark Aurels (161–180) abgelöst.
Im Jahre 171 durchbrachen die germanischen Markomannen und Quaden die nur durch Auxiliareinheiten unzureichend geschützte Donaugrenze und drangen sengend und brandschatzend über die Alpen bis nach Oberitalien vor. Sie zerstörten Opitergium (Oderzo) und belagerten sogar Aquileia.
Angesichts der bedrohten Lage übernahm Kaiser Mark Aurel persönlich die Leitung der Kriegsführung und vermochte die zurückflutenden Feinde, die ihre Erfolge nicht entsprechend zu nützen verstanden, an der Donau zu besiegen. Von der Plünderung und Brandschatzung durch die Markomannen zeugen heute in einheimischen Siedlungen wie Enns, Linz, Wels, Bad Wimsbach, Windischgarsten und Hallstatt freigelegte Brand- und Zerstörungsschichten. (vgl.: Weber, S.18f.)
Im Zusammenhang mit der Einrichtung verschiedener, dem Schutze Italiens und seines Vorlandes dienender Sonderkommanden erfolgte auch die Verlegung der in Italien ausgehobenen legio II Italica in das südliche Noricum, wo sie bei Lotschitz in der Nähe von Celeia ein Lager errichtete, „das vor den Übergängen der Julischen Alpen den Wachtposten bilden sollte“.
Militärische Neuordnung in den Provinzen
Mark Aurel zog aus den schlimmen Erfahrungen des Krieges die Konsequenzen und verstärkte an der bisher nur durch Auxiliareinheiten geschützten Donaugrenze in Norcium und Raetien, indem er in jede Provinz eine Legion als ständige Besatzung legte. Raetien übernahm die legio III Italica in Castra Regina (Regensburg), in Noricum bezog die legio II Italica Quartier. Sie rückte nun an die Donau vor und erbaute nach einem kurzen Aufenthalt in Albing (rechtes Ennsufer) am linken Ennsufer in Lauriacum (Lorch) seine ständige Garnison. Als Zeitpunkt ihrer Stationierung an der Donau wird das Jahr 174 angenommen.
Verwaltungsreform
Diese militärische Neuordnung brachte auch eine Veränderung der Verwaltung mit sich. Das prokuratorische Regime fand ein Ende und der dem Senatorenstand entstammende Legat der legio II Italica übernahm, wie es in Provinzen mit nur einer Legion Besatzung üblich war, zugleich auch die Agenden des Statthalters. Er war dem Rang nach Prätorier, doch noch während seiner Amtszeit pflegte die Designierung zum Konsul zu erfolgen. Seine offizielle Amtsbezeichnung lautete legatus Augusti (Augustorum) pro praetore provinciae Noricae. Uns sind derzeit neun Legaten namentlich bezeugt.
Die Finanzverwaltung wurde von den Befugnissen des Legaten abgetrennt und einem eigenen Prokurator, dem sogenannten Finanzprokurator, übertragen. Der Sitz des Statthalters war jetzt der Standort der Legion, Lauriacum. Ein Teil der Ämter wurde von dem fernen Virunum aber auch in das der Residenz näher liegende Ovilavis verlegt, das Caracalla (211–218) vom Rang eines Munizipiums in den Rang einer Kolonie erhöhte.
Autor: Gerhard Winkler, 2006