Ein neuer Nachbar - neue Grenzen
In Prag wird am 28. Oktober 1918 die Tschechoslowakische Republik ausgerufen. Mitte November setzt der Nationalausschuss die Habsburger vom böhmischen Thron ab. Zum Präsidenten der Republik wird einstimmig Tomáš Garrique Masaryk gewählt. Sein Leitsatz lautet: „Die Demokratie soll politische Form der Menschlichkeit sein!"
Die Anfänge des neuen Staates stehen also unter dem Eindruck demokratischer Ideale.
Aufruf von Masaryk: „Allen Staatsbürgern guten Willens, ohne Unterschied nach Stand, Religion oder Nationalität ist die Möglichkeit gegeben, einen vorbildlichen demokratischen Staat aufzubauen."
Die Staatsgründung – Folgen
In der Realität bringt die Staatsgründung große gesellschaftliche Veränderungen. Jahrhundertelang spielten die Deutschen insbesondere in den Randgebieten eine dominierende Rolle, nun aber bestimmten die Tschechen. Die deutsche Bevölkerung demonstriert immer wieder gegen die Einverleibung in die Tschechoslowakei.
Als am 4. März 1919 die neugewählte Nationalversammlung Deutschösterreichs zusammentritt, kommt es in vielen „sudetendeutschen Städten“ zu einem allgemeinen Generalstreik wegen der „gewaltsamen Verhinderung der Wahlen“.
Auch in Freistadt findet auf dem Hauptplatz eine große Protestkundgebung „gegen die Bedrückung der Deutschen“ statt. Bürgermeister Theodor Scharizer verliest die Protestresolution. Am Abend des Tages muss man eine traurige Bilanz ziehen. Über 50 Deutsche und zwei tschechische Soldaten finden den Tod, außerdem gibt es zahlreiche Verwundete. Die tschechisch-deutschen Beziehungen werden nun noch schwieriger. Hetzparolen von nationalen Kreisen in Deutschland schüren die Konflikte!
Festgelegte Grenzen...
Die endgültigen Grenzen des Landes werden im Friedensvertrag von St. Germain-en-Laye vom 10. September 1919 bestimmt.
Am 7. November 1919 legt Außenminister Dr. Eduard Beneš mit bewegter Stimme den in Frankreich ausgehandelten Friedensvertrag vor. Das tschechische Volk darf nun erstmals in seiner Geschichte in einem eigenen freien Staat leben! Einstimmig wird das gesamte Vertragswerk angenommen, Begeisterung kommt auf. Im April 1920 wird ein neues Parlament gewählt.
Ein neuer Staat im Herzen Europas ist geboren.
Autoren: Kurt Cerwenka, Fritz Fellner
Das Jahr 1918 – Begrenzen: Zwei neue Staaten, eine Grenze. Dokumentation der Sonderausstellung im Mühlviertler Schlossmuseum Freistadt vom 14. April bis 27. Mai 2018.