Der Umgang mit fotografischen Bildern gehört heute zu unserem selbstverständlichen Alltag. Dies war aber nicht immer so. Mit dem Aufkommen der "Lichtbildnerei" zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts war das Foto für die ersten fünfzig Jahre kaum für die breite Masse der Bevölkerung selbstverständlich verfügbar.
Wer konnte sich Fotografien leisten? Nur 5% von 14 Millionen Einkommensbeziehern in Österreich-Ungarn waren 1857 finanziell dazu in der Lage.
Das Durchschnittseinkommen von 95% der Erwerbstätigen lag bei 300 Gulden (€ 4.500,-) im Jahr. Taglöhner, Soldaten, niedere Geistliche, Schullehrer, ArbeiterInnen, Unteroffiziere, kleine Gewerbetreibende, Handwerksgehilfen verdienten ca. 35-60 Kreuzer (€ 5,- bis € 8,-) pro Tag. Um diesen Betrag bekam man 5 bis 7 Kilo Brot. Genau so viel kostete EIN kleines Foto im Visitkarten-Format.
Diese Gegenüberstellung macht deutlich, dss die niederen Einkommensschichten erst relativ spät daran denken konnten, sich fotografieren zu lassen oder ein Foto zu kaufen. Es konnten also lange Zeit nur die höheren Einkommensschichten des Bürgertums und der Aristokratie an der Fotografie teilhaben.
Quelle:
Hochreiter, Otto und Timm Starl (Hrsg.): Geschichte der Fotografie in Österreich, Bd. 2 Ausstellungskatalog [im Auftrag des Vereins zur Erarbeitung der Geschichte der Fotografie in Österreich], Bad Ischl 1983, S. 12.
Autoren: Helmut und Elisabeth Wildberger, Reinhold Klinger, 2021
„Drinnen und draußen - Werke der Atelier- und Wanderfotografen 1850 bis 1900“ - Dokumentation zur Sonderausstellung im Museum Pregarten 2021/2022.