Bombenangriffe

Der Luftkrieg

1942 begann die englische Luftoffensive gegen Deutschland. Nach dem Abfall Italiens vom Bündnis mit Deutschland (Achse Rom – Berlin) im September 1943 verlagerten die Alliierten ihre Luftstreitkräfte zunehmend von Tunis nach Italien (Foggia in Apulien), was die Angriffe gegen Süddeutschland und die Ostmarkgaue erleichterte. In Oberdonau waren von den Bombardements hauptsächlich Linz, Wels und Steyr betroffen. Bei fast jedem Angriff wurde auch Propagandamaterial abgeworfen. Im Unterschied zu Überraschungsangriffen auf andere Regionen des Deutschen Reiches (wie etwa Dresden oder Köln) setzte der Luftkrieg über Oberdonau eher langsam ein, sodass Zeit für Luftschutzmaßnahmen, den Ausbau von privaten und öffentlichen Luftschutzräumen sowie die Errichtung von Luftschutzanlagen der Großbetriebe blieb. Dadurch blieben die Verluste geringer als in anderen Gebieten. Linz etwa verfügte schon 1943 über fünf Bunkerbauten für über 2000 Personen und baute bis Februar 1944 über 19 bombensichere Fels- und Sandstollen aus. Dazu gehörte auch der Limonistollen, in dem sich der Befehlsstand des Gauleiters und der Wehrmacht befand.

Hauptangriffsziele der alliierten Luftangriffe waren neben Bahnhöfen und militärischen Anlagen wie Kasernen, Stellungen von Flugabwehrkanonen (Flak) und Tanklagern vor allem die (Rüstungs-)Industrie: in Steyr etwa die Kugel- und Wälzlagerproduktion, die Autoproduktion und die Flugzeugteilerzeugung der Steyr-Daimler-Puch AG, in Linz die Eisenwerke Oberdonau, die Hütte Linz der Reichswerke Hermann Göring sowie die Stickstoffwerke Oberdonau. Aber auch zivile Ziele waren häufig betroffen. Schwerpunkte dabei waren Wohngebäude, Krankenhäuser und Anlagen der Wasser- und Elektrizitätsversorgung. Insgesamt wurden in Linz durch den Bombenkrieg etwa 3000 Wohnungen zerstört und 1700 Menschen getötet.

Erste alliierte Bombenangriffe in Oberösterreich
Am 23. Februar 1944 erfolgte der erste alliierte Bombenangriff auf oberösterreichisches Gebiet, nämlich auf Steyr und die dort angesiedelte kriegswichtige Industrie. Am 30. Mai wurde erstmals Wels, am 25. Juli Linz bombardiert. Die Angriffe führten zu enormen Schäden. Die Steyr-Werke, die Eisenwerke Oberdonau und die Hermann-Göring-Werke in Linz meldeten nach den Angriffen vom Februar bzw. Juli 100-prozentige Produktionsausfälle über mehrere Wochen. Auch Welser Industriebetriebe wie die Triumph-Ofenfabrik oder Epple-Buxbaum waren schwer getroffen. Aber auch die Alliierten mussten anfänglich immer wieder große Verluste durch den Abschuss von Flugzeugen durch Flak und deutsche Jagdflieger hin-nehmen.

Ab Oktober 1944 nahm die Anzahl der Angriffe auf oberösterreichisches Gebiet stark zu. Insbesondere Linz wurde im Winter 1944/45 schwer angegriffen. Die Flugabwehr erlahmte zunehmend. Am 20. März 1945 erfolgten zwei schwere Angriffe auf Wels, bei denen unter anderem der Rangierbahnhof restlos zerstört wurde. In der letzten Kriegsphase gingen die Bombenangriffe auf Oberdonau etwas zurück, dafür nahmen Tieffliegerangriffe stark zu. Mit dem Nahen der Landfront und den einmarschierenden amerika-nischen Truppen war der Luftkrieg gegen Ende April 1945 im Wesentlichen abgeschlossen. Es gab drei Ausnahmen: Am 21. April wurde der Eisenbahnknotenpunkt Attnang-Puchheim vernichtend angegriffen und am 25. April erfolgten abermals schwere Luftangriffe auf die Bahnhöfe in Wels und Linz.

Zerstörung von Bahnanlagen
Die systematische Zerstörung der Bahnanlagen war für die Alliierten aus mehreren Gründen wichtig: Zum einen konnte das Bahnsystem wegen seiner Großflächigkeit durch Fliegerabwehr nur unzureichend gesichert werden, zum anderen kam es gegen Kriegsende zu umfangreichen Verlagerungen der Produktionsstätten von Großbetrieben in dezentrale Ausweichunterkünfte, was die Bedeutung der Bahnanlagen im Rahmen der Nachschublogistik erhöhte.

Die Sachschäden waren enorm. Bei Kriegsende war ein Viertel aller Gleisanlagen im Zuständigkeitsbereich der Bundesbahndirektion Linz unbefahrbar, über 10.000 Wohnungen in ganz Oberösterreich waren total zerstört, 53 % des Häuserbestandes von Attnang-Puchheim und 33 % des Häuserbestandes von Linz beschädigt. Insgesamt wurden zwischen 25. Februar 1944 und dem Kriegsende etwa 25.000 Tonnen Bomben über Oberdonau abgeworfen. Der Bombenkrieg forderte etwa 3000 Todesopfer in Oberösterreich, mehr als die Hälfte davon in Linz. Gemessen an der Gesamtbevölkerung hatte Attnang-Puchheim mit 129 Todesopfern je 1000 Einwohner die höchste Opferrate aller österreichischen Städte.

Bombenflüchtlinge
Mit Beginn des Bombenkrieges kamen viele Bombenflüchtlinge – sowohl von Angriffen Geschädigte als auch Gefährdete – aus dem Altreich und anderen Gauen der Ostmark nach Oberösterreich. 1943 waren dies etwa 30.000 – mit rasant steigender Tendenz. Bis der Gau im Februar 1944 selbst angegriffen wurde, war er so etwas wie der „Luftschutzkeller des Reiches“. Rechnet man die Umsiedler, Kriegsgefangenen, Fremdarbeiter, KZ-Häftlinge und die im letzten Kriegsjahr nach Oberösterreich strömenden Flüchtlingstrecks von Deutschen aus Rumänien, Jugoslawien und Ungarn sowie die sudetendeutschen Flüchtlinge hinzu, so standen zu Kriegsende einer knappen Million Oberösterreicher etwa genauso viele „Landfremde“ gegenüber.

Autoren: Josef Goldberger und Cornelia Sulzbacher

Aus: Goldberger, Josef - Cornelia Sulzbacher: Oberdonau. Hrsg.: Oberösterreichisches Landesarchiv (Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus 11).- Linz 2008, 256 S. [Abschlussband zum gleichnamigen Forschungsprojekt des Oberösterreichischen Landesarchivs 2002-2008.]