Territoriale
Veränderungen

Das Tauziehen um die unterschiedlichen Varianten der Gaueinteilung wurde Ende April 1938 von Hitler selbst beendet, indem er – an die alte Länderstruktur angelehnt – vorläufig sieben (Partei-)Gaue bestimmte, die wenig später auch maßgebliche Richtschnur für die Einteilung der öffentlichen Verwaltung in Reichsgaue waren: Wien, Oberdonau, Niederdonau, Salzburg, Kärnten, Steiermark, Tirol.

Reichsgau "Oberdonau"
Der neue Gau Oberdonau erhielt zusätzlich den Gerichtsbezirk Bad Aussee des steiermärkischen Bezirkes Gröbming mit den Gemeinden Altaussee, Bad Aussee, Grundlsee, Mitterndorf, Pichl bei Aussee und Straßen. Weiters wurde vor dem Hintergrund der projektierten Expansion der Steyr-Werke ein Teil der niederösterreichischen Gemeinde Behamberg dem Stadtkreis Steyr als Stadtteil Münichholz zugeschlagen. Weitere Gebietseingliederungen ließen den neuen Stadtkreis Steyr von 12 auf 28 km² anwachsen. Ein Bundesverfassungsgesetz Ende 1958 regelte den endgültigen Verbleib von Münichholz bei Oberösterreich rückwirkend mit 1. Mai 1945. Mitte Oktober 1938 wurden die zwei südböhmischen Landkreise Kaplitz und Krumau zu Oberdonau geschlagen, zunächst als „Auftragsverwaltung“ für den Gauleiter des Sudetenlandes und Reichskommissar für die sudetendeutschen Gebiete, ab 25. März 1939 dann endgültig.

Auch innerhalb der Landkreise und Gemeinden wurden Territoriumsgrenzen verschoben, um die Verwaltungsorganisation den territorialen Vorgaben der Partei anzupassen. Noch im Juni 1938 unterschied sich in 37 Fällen die Zugehörigkeit von NSDAP-Ortsgruppen zu Parteikreisen von der Zugehörigkeit der jeweiligen Gemeinden zu Bezirkshauptmannschaften. Diese Umorganisation stellte die größte Verwaltungsveränderung seit der Einführung der Bezirkshauptmannschaften 1868 dar.

Zwei Bezirke Oberösterreichs wurden aufgelöst, Eferding wurde dem Landkreis Grieskirchen zugeschlagen, Urfahr aufgeteilt auf Linz-Land (Gerichtsbezirk Urfahr und Ottensheim) und Freistadt (Gerichtsbezirk Leonfelden). Somit wurden aus bisher 15 Bezirken 13 Landkreise, wobei mit Kaplitz und Krumau wieder zwei neue dazukamen. Darüber hinaus waren auch an die 60 Gemeinden von Zusammenlegungen, Verschiebungen oder gar Umbenennungen betroffen. Beispielsweise kamen Kremsmünster, Ried im Traunkreis und Wartberg vom Landkreis Steyr-Land zum Landkreis Kirchdorf, Adlwang und Waldneukirchen von Kirchdorf nach Steyr, Sipbachzell von Steyr-Land und Weißkirchen von Linz-Land nach Wels. Die Gemeinde Sattledt wurde neu gegründet. Bodendorf erhielt den Namen Katsdorf, Schönau den Namen Bad Schallerbach, Steinerkirchen am Innbach den Namen Kematen bei Wels, Oberweißenbach wurde zu Vorderweißenbach, Rannariedl zu Rannastift, Parz zu Schlüsselberg, Oberachmann zu Agerzell (seit 1948 Lenzing).

Angesichts dieser Eingriffe in symbolisch-emotional hoch besetzte Zusammenhänge grenzt es an ein Wunder, dass das NS-Regime nicht in eine schwere Legitimitätskrise im ländlichen Raum gestürzt wurde.
Der Gauhauptstadt Linz wurden die Gemeinden Ebelsberg und St. Magdalena sowie 1939 das Keferfeld als Teil von Leonding eingemeindet. Beides war auf die großen Ausbaupläne für Linz und den erhöhten Raumbedarf durch die Errichtung der Hütte Linz und der Eisenwerke Oberdonau zurückzuführen. Weitere Eingemeindungen etwa von Asten, Puchenau, Traun, Leonding, Pasching, Ansfelden, Steyregg, Gramastetten, Wilhering, Hörsching, St. Florian, Lichtenberg und Ottensheim waren zwar angedacht, wurden aber nicht realisiert.

Der Reichsgau Oberdonau hatte 1939 erstmals knapp über eine Million Einwohner.

Autoren: Josef Goldberger und Cornelia Sulzbacher

Aus: Goldberger, Josef - Cornelia Sulzbacher: Oberdonau. Hrsg.: Oberösterreichisches Landesarchiv (Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus 11).- Linz 2008, 256 S. [Abschlussband zum gleichnamigen Forschungsprojekt des Oberösterreichischen Landesarchivs 2002-2008.]