Das deutschnational-nationalsozialistische Lager in Oberösterreich stellte im Unterschied zu anderen provinziellen NS-Kadern eine relativ geschlossene Gruppe dar. Die Vertreter des Deutschnationalismus waren schon vor 1938 von der NS-Bewegung aufgesogen worden. Die NSDAP in Oberösterreich war zur Zeit des Anschlusses eine kleine Kaderpartei mit etwa 2000 Mitgliedern. Die Illegalen waren hauptsächlich jüngere mittelständische Aktivisten, unterstützt von proletarischen Elementen der industriellen Standorte. Aus ihnen ging auch Gauleiter Eigruber hervor, der seine Vertrauten und die verdienten Illegalen mit Posten in der Verwaltung und Parteibürokratie versorgte. Diese enormen Aufstiegschancen im öffentlichen Dienst, im Parteiapparat und in den neuen industriellen Unternehmen ließ in Oberösterreich weniger antideutsche oder antipreußische Ressentiments aufkeimen als in anderen Regionen der Ostmark. Dazu trug auch Hitlers Entscheidung bei, die Vormachtstellung Wiens zu brechen. Dies wurde von den Nationalsozialisten in der Provinz mit einer gewissen Schadenfreude begrüßt.
Parteimitgliedschaften
In Oberösterreich gab es bis 1940 – gemessen an der Gesamtbevölkerung – einen geringeren Anteil an Parteimitgliedern als im restlichen Österreich. Ab 1941 näherte sich dieser Anteil jedoch an den gesamtösterreichischen Schnitt an. Am 30. Jänner 1933 waren 690 Parteimitglieder in Oberösterreich registriert, in Österreich über 40.000. 1934 – die Partei war seit 19. Juni 1933 verboten – waren es in Oberösterreich weiterhin 642, während sich die Zahl in Österreich auf 25.000 fast halbiert hatte. Am 12. Februar 1938 konnte mit 2128 Parteimitgliedern in Oberösterreich erstmals ein starker Zuwachs verzeichnet werden. In Österreich stieg die Mitgliederzahl auf 33.500. Nach dem Anschluss gab es in Oberösterreich (2212 Parteimitglieder im November 1938) im Gegensatz zu Gesamtösterreich (127.000) zunächst noch keinen Aufnahme-Boom, doch ab 1941 explodierten die Mitgliederzahlen durch eine allmähliche „Verbürgerlichung“ der NS-Bewegung: 1941 wurden etwa 60.000, im Jänner 1942 über 87.000 Mitglieder verzeichnet. Im Jahr 1943 wuchs die oberösterreichische NSDAP auf 93.000 Mitglieder an und hatte zu Kriegsende durch Kriegsverluste und Abwanderungen noch 74.000 Angehörige. 1947 ergab die Registrierung der Nationalsozialisten in Oberösterreich 71.259 Parteigenossen (8,1 % der Bevölkerung) und in Gesamtösterreich 523.833 (8,2 %).
Die NSDAP hatte das Selbstbild einer selektiven, elitären Partei, die einen Anteil von zehn Prozent der Gesamtbevölkerung nicht überschreiten wollte. Vor diesem Hintergrund müssen die Mitgliederzahlen zwischen 1938 und 1945 gesehen werden. Nicht jeder Volksgenosse sollte auch ein Parteigenosse sein. Immer wieder gab es Mitgliedersperren, die jedoch mit der Einführung des Parteianwärters gelockert wurden.
"Führungspersönlichkeiten"
Bei der Rekrutierung der Führungspersönlichkeiten in Oberösterreich kann zumindest für die Frühphase ein gewisses Entgegenkommen gegenüber den Sozialisten gesehen werden, während man auf die Großdeutschen und die Mitglieder des Landbundes nur bescheiden zurückgriff. Dies hatte auch damit zu tun, dass sich August Eigruber der proletarischen Richtung der Partei zuordnete. Auch die früheren Führer der NSDAP und der illegalen NSDAP wurden kaum berücksichtigt oder machten Karriere außerhalb Oberösterreichs. Der Kreis der politischen Führungsschicht blieb eng begrenzt und umfasste etwa 30 bis 40 meist sehr junge Männer. Sowohl bei den oberösterreichischen Mitgliedern des Reichstages in Berlin als auch bei der Zusammensetzung der oberösterreichischen Landesregierung, der 19-gliedrigen Gauleitung Oberösterreichs sowie der Vergabe der wichtigsten Verwaltungsposten (in der Landeshauptmannschaft, der späteren Reichsstatthalterei) nahmen die Mitglieder des „Freundeskreises um Eigruber“ eine wichtige Rolle ein. Eigruber versorgte seine Vertrauten und die verdienten Illegalen mit Posten in der Verwaltung und Parteibürokratie.
Er selbst war in seiner Position in der NSDAP-Gauleitung (ähnlich wie in der staatlichen Verwaltung) unbestritten, wenn ihm auch mit Christian Opdenhoff als stellvertretendem Gauleiter ein Reichsdeutscher zur Seite gestellt wurde.
Autoren: Josef Goldberger und Cornelia Sulzbacher
Aus: Goldberger, Josef - Cornelia Sulzbacher: Oberdonau. Hrsg.: Oberösterreichisches Landesarchiv (Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus 11).- Linz 2008, 256 S. [Abschlussband zum gleichnamigen Forschungsprojekt des Oberösterreichischen Landesarchivs 2002-2008.]