Die mediterrane Küche drang in den römischen Voralpenraum ein und etablierte sich dort; daneben behaupteten sich die einheimischen Ernährungstraditionen aber weiter; die Einheimischen hielten an ihren Traditionen fest, weil ihre gewohnte Ernährungsweise für sie gewiss – wie wir das aus anderen Zeiten und Kulturen kennen – mit zu den Ankergründen regionaler Identität gehörte. Im Übrigen werden ja nicht nur die Südländer die einheimische Küche, sondern ebenso umgekehrt die Einheimischen die südländische als exotisch empfunden haben. Ob sie freilich (ähnlich wie heute die Gegner der „MacDonaldisierung“) geradezu Widerstand gegen die kulinarische Romanisierung leisteten, wissen wir nicht. Zeugnisse zu dieser möglichen Seite eines Widerstandes gegen Rom sind uns nicht erhalten. Der Historiker weiß aber: Wo immer innerhalb der gleichen Gesellschaft verschiedene kulturelle Traditionen gepflegt werden, da kann es nicht ausbleiben, dass sie sich gegenseitig beeinflussen, ja vermischen.
Im konkreten Fall ist zwar die Überlieferungslage nicht sehr günstig. Aber man kann doch sagen: Wie es zu solchen Vermischungserscheinungen in der heutigen Küchenkultur kommt, so ist auch für die Antike mit ihnen zu rechnen. Oder um es noch einmal anders auszudrücken: Es würde nicht verwundern, wenn einheimische Froschschenkel mitunter in spanischem Olivenöl angebraten wurden.
Ebenso wenig verwundert es aber, wenn wir sehen, dass nicht nur der Süden mit seiner Küchenkultur die Provinz beeinflusst hat, sondern auch umgekehrt die provinziale Küche jene Italiens. So wurden etwa in der Stadt Rom französische und alpine Käse gegessen.
Was sich also einerseits wie ein mitten in Friedenszeiten ausgetragener „Krieg der Küchen“ ausnimmt, mündete doch andererseits in einen Zustand friedlicher Koexistenz und gegenseitiger Durchdringung der beiden Ernährungsstile.
Sie ging der politischen und sonstigen kulturellen Integration der Provinzen in das Reich parallel und war ihr sicher da und dort sogar ein Stück voraus. In diesem Sinn liegen also Küche und Politik (und damit auch Küchengeschichte und politische Geschichte) recht nahe beieinander.
Autoren: Erwin M. Ruprechtsberger, Günther E. Thüry, 2007
Kulinarisches aus dem römischen Alpenvorland - Dokumentation zur Ausstellung im Nordico Stadtmuseum Linz vom 12. Juni bis 9. September 2007.