Hochwasser in Oberösterreich

Überschwemmungen sind die mit Abstand häufigsten Naturkatastrophen im Ostalpenraum. Betroffen sind insbesondere die Regionen und Siedlungen an der Donau und ihren Nebenflüssen.

Vermehrte Extreme?
Ob die Hochwässer wie überhaupt die Klimaextreme häufiger werden, ist eine ewige Streitfrage. Fast jede Zeit hat sie mit ja beantwortet: Die Wetterextreme würden immer schlimmer. Da spielen einerseits das menschliche Erinnerungsvermögen und die Vergesslichkeit eine Rolle; andererseits werden die materiellen Schäden allein dadurch größer, dass der Wohlstand so immens gestiegen ist. Hochwässer können heute größere Werte zerstören als in früherer Zeit, wo die Menschen ohnehin kaum etwas gehabt haben. Auch die dichtere und immer mehr in Überschwemmungszonen rückende Besiedlung und Verbauung erhöhen die Bedrohung und die Schäden. Andererseits waren Schutz- und Hilfsmaßnahmen früher viel weniger wirksam und die Zerstörung der wenigen Habseligkeiten früherer Zeiten war in der Regel Existenz bedrohend.
Zunehmende Erwärmung mag zu einer Verstärkung der Wetterextreme führen. Aber auch zunehmende Kälte, wie es im 16. und 17. Jahrhundert in der so genannten „kleinen Eiszeit“ der Fall war, hat in der Wahrnehmung der Menschen die Wetterextreme verschärft.

Donauhochwässer
Für die großen Hochwässer an der Donau und ihren Nebenflüssen lassen sich drei Ursachenbündel unterscheiden:

Eisstöße
Die erste, häufigste und in den Schäden gefürchtetste Ursache für Hochwasserkatastrophen existiert heute praktisch fast nicht mehr: Hochwässer und Überschwemmungen, die durch Eisstöße im Zusammenhang mit Wärmeeinbrüchen in kalten Wintern ausgelöst wurden. Solche Überflutungen gibt es kaum mehr; nicht nur, weil es wärmer geworden ist und die Flüsse gar nicht mehr zufrieren, sondern auch wegen der Stauseen, welche die Bildung großer Eisstöße gar nicht mehr zulassen. Bei Eishochwässern waren die Opferzahlen und die Schäden besonders groß: Zum einen riss die Wucht des Eises Brücken und sonstige Bauwerke mit sich. Zum anderen konnten sich Wasserstaus hinter den auftürmenden Eisschollen bilden, die plötzlich brachen, so dass die Flut hier nicht langsam, sondern ganz schnell kam. Eisstöße gab es zwar auch im Mittelalter. Mit der kleinen Eiszeit im 16. Jahrhundert wurden sie aber signifikant häufiger.
Die schlimmste Eishochwasserkatastrophe und eine der größten Überschwemmungen, die Österreich je erlebt hatte, ereignete sich 1830. Dieser Winter war so kalt, dass nicht nur der Traunsee ganz zugefroren war - was nach älteren Aufzeichnungen vorher nur 1477, 1624, 1683 und 1739/40 der Fall gewesen war und später wieder 1928/29 -, sondern auch die Donau so vollständig zugefroren war, dass man sie in der Wachau mit schweren Wägen übersetzen konnte. Am 27. Februar 1830 brach das Eis ganz plötzlich. Die Flut kam so rasch, dass die Stromwächter kaum Zeit hatten, Notsignale ertönen zu lassen. Noch im Mai lagen die Eisschollen herum, die unter sich das Vieh begraben hatten. Sie zerstörten alles, was sich ihnen in den Weg stellte. Da es im Winter auch zu großen Problemen bei der Trinkwasserversorgung gekommen war, war eine Choleraepidemie die Folge.

Frühlingshochwässer
Das zweite Bedrohungsbild sind Frühlingshochwässer durch plötzliche Schneeschmelzen im Gebirge.

Überregnung
Die größten Hochwässer waren und sind aber jene durch großflächige Überregnungen im Sommer, viel seltener im Herbst. Allerdings war hier der Überraschungseffekt geringer. Eine größere Zahl von Todesopfern gab es meist nur bei plötzlich auftretenden Sturzfluten an kleineren Flüssen nach schweren Gewittern. Indirekt aber waren wegen der zerstörten Felder, weggeschwemmten Vorräte, wegen des toten Viehs und des verunreinigten Trinkwassers meist Hungersnöte und Seuchen die Folge.

Das größte Hochwasser des 20. Jahrhunderts
Besonders intensive Starkniederschläge am 7. und 8. Juli 1954 ließen die Bäche und Flüsse rasch ansteigen. Es kam zu großen Überschwemmungen, die sich zur größten Hochwasserkatastrophe des 20. Jahrhunderts im bayerisch-österreichischen Donauraum entwickelten. Auf Grund der im Vergleich zum Alpenvorland relativ geringen Überregnung des Traun- und Ennsgebietes war abwärts von Mauthausen eine deutliche Abflachung der Hochwasserwelle zu verzeichnen. Im Eferdinger Becken wurde eine Fläche, die der dreifachen Größe des Traunsees entsprach, überflutet. Im Stadtgebiet von Linz waren mehr als 2000 ha überschwemmt, 5500 Personen mussten evakuiert werden. Bei den Rettungsmaßnahmen rächte sich, dass die Russen nach 1945 das Wegbringen oder die Zerstörung aller Zillen in den Donauufergebieten verlangt hatten, um damit die Fluchtmöglichkeit über die Donau zu nehmen.

Die „Jahrtausendflut“ 1501
Während für ganz Westeuropa sowie das Einzugsgebiet des Rheins und der Elbe das Hochwasser des Jahres 1342 das wohl größte im vergangenen Jahrtausend gewesen sein dürfte, war dies für den Donauraum östlich von Regensburg das Hochwasser vom August 1501. Die Flut begann am Tage vor Mariä Himmelfahrt und dauerte fast zehn Tage. Aufgrund der Größe des Ereignisses ist dieses Hochwasser durch zahlreiche, sehr unterschiedliche Quellen dokumentiert. Zur Erinnerung brachte man an zahlreichen Stellen Hochwassermarken an, die in Linz die Höhe von 1954 noch um etwa einen Meter, in Engelhartszell sogar um zwei Meter überstiegen. Die Menschen weinten, aber manche konnten aus Verzweiflung nur noch lachen, heißt es in einem Bericht.

Die Linzer Hochwassermarke von 1501

Auf das Jahr 1501 gehen die ältesten Hochwassermarken im bayerisch-österreichischen Raum zurück. In Linz erinnert daran eine Marmortafel, die heute am Heinrich-Gleißner-Haus der ÖVP, allerdings nicht mehr in Originalhöhe, angebracht ist. In etwas holprigen deutschen Reimen und in metrisch korrekten lateinischen Distichen im Stile Ovids, die von dem berühmten, damals in Linz weilenden Humanisten Conrad Celtis stammen könnten, wird die Höhe des Wasserstands angegeben.

Auf das Jahr 1501 gehen die ältesten Hochwassermarken im bayerisch-österreichischen Raum zurück. In Linz erinnert daran eine Marmortafel, die heute am Heinrich-Gleißner-Haus der ÖVP, allerdings nicht mehr in Originalhöhe, angebracht ist. In etwas holprigen deutschen Reimen und in metrisch korrekten lateinischen Distichen im Stile Ovids, die von dem berühmten, damals in Linz weilenden Humanisten Conrad Celtis stammen könnten, wird die Höhe des Wasserstands angegeben.
„Hiermit disen stain beczaichene stat / wie hoch die Dunaw geraichet hat / Das ist beschehen im Monet Augusti / bey Regirung Römischen Künig Maximiliani / Da von Cristi gepurde erganngen war / Tawsennt Funfhundert und ain Jar“
Die lateinischen Distichen: SUM NOTA QUANTA FUIT UNDARUM CONSPICE MOLES PALUSTRIS VATES CUIUS AVIS FUERAT QUE TANTO SEDIT MESTISSIMA TEMPORE TECTIS DILVIUM QUANTO TEMPORE TRISTE FUIT
Auf Deutsch: „Schau her, ich bin das Zeichen, wie groß die Masse der Wellen war, dessen Zeuge ein im Sumpf lebender Vogel war, der sehr traurig auf den Dächern in jener Zeit saß, als sich die beklagenswerte Flut ereignete.“
Der angesprochene Vogel, wohl ein Reiher, ist rechts auf der Tafel zu erkennen. Sein Schnabel bezeichnete einst die Wasserhöhe.

Die Überschwemmungskatastrophe von 1899
Neben dem Eisstoß von 1830 war die Flut von 1899 die größte im 19. Jahrhundert. Eine starke Überregnung Ende August und Anfang September hatte alle Flüsse des heutigen Österreich weit über die Ufer treten lassen; die Intensität war mit dem Hochwasser von 2002 vergleichbar und übertraf dieses sogar noch. An den Flüssen Salzach, Inn, Traun, Enns und Donau standen viele Städte, so auch etwa Salzburg, Schärding oder Wels, fast völlig unter Wasser. Erstmals spielten damals die im 19. Jahrhundert erfolgten Flussbegradigungen eine große Rolle.

Das Doppelhochwasser von 2002
2002 war das bislang letzte große Hochwasserjahr, und das gleich zwei Mal, vom 20. bis 23. März und vom 7. bis 16. August. Vom Märzhochwasser waren das Machland und die Städte Steyr und Grein am stärksten betroffen. Im August kam es im Mühlviertel, Waldviertel und Reichraminger Hintergebirge zu sintflutartigen Regenfällen. Die Tagessummen des Niederschlags lagen teilweise über den höchsten bisher jemals gemessenen Werten. Die Schlagzeilen der Zeitungen lauteten: „Jahrhundertregen überschwemmt Österreich.“ Im oberösterreichischen Mühlviertel herrschte Katastrophenalarm. Mehrere Orte waren komplett von der Außenwelt abgeschnitten, etwa Zwettl oder Schwertberg. Schwer betroffen war auch Rottenegg. Teile der Bezirkshauptstadt Perg wurden vom Naarnfluss überflutet. „Es ist ein einziger See“, sagte ein Sprecher der Gendarmerie Perg. „So etwas habe ich noch nie gesehen.“
Die Zerstörungen waren vornehmlich in jenen Bereichen zu beklagen, die erst in den letzten Jahrzehnten bebaut oder landwirtschaftlich genutzt wurden, also historisch gesehen als Flutungsgebiete bei Hochwässern galten. Haben wir also aus der Geschichte nichts gelernt?

Zeitleiste: Die größten Hochwässer an der Donau
868: Erste schriftliche Nachricht über ein Hochwasser in Linz
1012 „So kam eine unzählbare Menge Menschen und Vieh um, und auch viele Gebäude und Wälder wurden durch die Gewalten der Fluten zerstört.“
1051 „Nämlich während der Sommerszeit traten infolge der Regengüsse die Gewässer außerordentlich über ihre Ufer. Hierdurch kamen sowohl zahlreiche Menschen als auch Pferde im Wasser um.“
1194 Dieses Hochwasser wurde damals in englischen Quellen als Strafgericht Gottes gegen Österreich wegen der Gefangennahme von Richard Löwenherz gedeutet.
Winter 1235/36 Es kam in Regensburg zur Zerstörung ganzer Stadtviertel durch Einsturz von Mauern, Häusern und Türmen, wobei „Menschen wie Tiere von den Wogen mitgerissen und in den wilden Fluten ein nasses Grab fanden“.
1342 Die vielleicht schwersten Überschwemmungen des Mittelalters, im Ostalpenraum aber weniger stark spürbar
1501 Das größte Hochwasser an der Donau in historischer Zeit, 14. bis 24. August.
1598 Es regnete vom 14. bis zum 25. August, großes Hochwasser.
1709 Am 5. Januar 1709: „Es ließ die Kälte wieder nach, folgete ein Regen-Wetter bey 4. Täg ... Was das Wasser für Schaden ... gethan habe, ... ist nicht zu beschreiben.“
1784 Die außergewöhnliche Höhe der Flutwelle war auf die Regenfälle, die Schmelzwassermengen und auf Eisstau zurückzuführen.
1830 Das schlimmste Eishochwasser
1899 Augusthochwasser, in der Intensität mit 2002 vergleichbar, in den Wasserständen teils viel höher.
1954 Das schlimmste Hochwasser des 20. Jahrhunderts
1991 Julihochwasser
1997 Doppelhochwasser vom 5.7. bis 8.7. und vom 17.7. bis 20.7.
2002 Doppelhochwasser vom 20. bis 23. 3. und vom 7. bis 16. 8.

Literatur:

  • Glaser, Rüdiger: Klimageschichte Mitteleuropas. 1000 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen. Darmstadt 2001.
  • Gugerbauer, Anna - Dürr, Ernst: Vom Zorn des Inn. Hochwasserkatastrophen in Schärding und den bayerischen Nachbargemeinden. Wernstein 1999.
  • Pfister, Christian: Wetternachhersage. 500 Jahre Klimavariationen und Naturkatastrophen (1496-1995). Bern, Stuttgart, Wien 1999, S. 101-118.
  • Rohr, Christian: Extreme Naturereignisse im Ostalpenraum. Naturerfahrung im Spätmittelalter und am Beginn der Neuzeit. Wien 2007.

Autor: Roman Sandgruber

Oberösterreichische Nachrichten, 16. August 2008