Kaiserstadt Linz

Linz ist 2009 europäische Kulturhauptstadt. Schon im ausgehenden Mittelalter war Linz für einige Jahre Kaiserstadt und damit Zentrum der europäischen Politik, als der bereits recht altersschwache Kaiser Friedrich III. hier die letzten Jahre vor seinem Tode residierte und auch in weiterer Folge bis ins 17. Jahrhundert der kaiserliche Hof immer wieder für längere Zeit in Linz weilte.

Linz war um 1490, als Kaiser Friedrich III. in der Stadt für mehrere Jahre seine Residenz aufgeschlagen hatte, mit kaum 2000 Einwohnern auch für damalige Verhältnisse eine eher kleine Stadt. Wien hingegen hatte 20.000 bis 25.000 Einwohner und war damit hinter Köln die zweitgrößte Stadt des römisch-deutschen Reiches. Steyr und Wels waren deutlich größer als Linz. Und auch Enns als älteste Stadt des Landes genoss mehr Prestige als Linz.

Aber Linz holte auf. Seit Ende des 13. Jahrhunderts war es Sitz des Landeshauptmanns. Der erste oberösterreichische Landtag wurde 1452 noch in Wels abgehalten. Aber der zweite fand 1457 schon auf dem Linzer Schloss statt. Kaiser Friedrich III. nahm bereits 1484/85 einmal in Linz Residenz, bevor er sich für mehrere Jahre ins Reich begab. Von 1489 bis zu seinem Tode 1493 blieb der Kaiser in Linz und machte die Stadt für eine kurze Zeit zum Mittelpunkt des Heiligen Römischen Reichs.

Residenz des Kaisers
Dass sich Kaiser Friedrich III. Linz zur Altersresidenz gewählt hatte, dafür dürften mehrere Gründe maßgeblich gewesen sein. Im 15. Jahrhundert hatte Oberösterreich stark an wirtschaftlicher Bedeutung gewonnen, durch die Salzvorkommen und das Eisenwesen, den blühenden Weinbau und durch die Handelsbeziehungen der Städte Steyr, Wels und Linz, dessen Messen sich im 16. Jahrhundert zu den wichtigsten im ganzen ostmitteleuropäischen Raum entwickelten. 1463 hatte sich Friedrich die Herrschaft über Oberösterreich gesichert, nachdem sein größter Feind, sein eigener Bruder Erzherzog Albrecht VI., der von 1458 bis 1463 Oberösterreich regiert hatte, überraschend verstorben war – man munkelte, an einer Vergiftung. Als Friedrich III. vom ungarischen König Matthias Corvinus zeitweise aus Wien und Wiener Neustadt vertrieben wurde, bot sich Linz als Ausweg. Aber es handelte sich keineswegs bloß um eine Verlegenheitslösung, dass der Kaiser nach Linz kam. Friedrich blieb auch, als Wien 1490 wieder befreit und Matthias Corvinus gestorben war. Es deutet manches darauf hin, dass der Kaiser sich bereits seit Beginn der 1480er Jahre mit dem Gedanken getragen hatte, Linz zu seiner dauernden Residenz zu machen.

Venezianer in Linz
Mit der Anwesenheit des Kaisers wurde Linz für kurze Zeit zu einem Zentrum der europäischen Gelehrsamkeit und Kunst. Fieberhaft wurde die Burg ausgebaut. Es wurden prunkvolle Jagden und Turniere veranstaltet, es kamen Humanisten und Professoren, Dichter und Sänger. Der Kaiser interessierte sich für Alchemisten und Astrologen. Während der Anwesenheit einer venezianischen Gesandtschaft, die im Sommer 1492 fast sechs Wochen in Linz verbrachte, wurden humanistische Dichter geehrt, waren Conrad Celtis und Konrad Peutinger in Linz, lernte Johannes Reuchlin in Linz Hebräisch. Auch die Hofmusik Friedrichs III., bestehend aus Trompetern und Pfeifern, gefiel den Venezianern. Dennoch ist es kaum verwunderlich, dass Linz den zahlreichen Gesandtschaften und Berühmtheiten aus ganz Europa, die an den Hof des Kaisers kamen, klein und mickrig vorgekommen war. Die Venezianer fanden nur den großen Hauptplatz erwähnenswert. Alles andere erschien ihnen sehr provinziell: die mit Schindeln gedeckten Dächer, die wenigen Geschäfte, der fehlende Bischofssitz …

Die Beinamputation Friedrichs III.

Kaiser Friedrich III. war krank und gebrechlich. Mit einem goldenen Tuch, berichteten die Gesandten nach Venedig, bedeckte der alte Kaiser sein krankes linkes Bein. Es begann abzusterben und wurde schließlich Anfang 1493 vom Fuß bis zum Knie ganz dunkel und gefühllos. Daher entschloss man sich am 8. Juni 1493 zu einer Amputation, für die die renommiertesten Ärzte der Zeit geholt wurden.

Kaiser Friedrich III. war krank und gebrechlich. Mit einem goldenen Tuch, berichteten die Gesandten nach Venedig, bedeckte der alte Kaiser sein krankes linkes Bein. Es begann abzusterben und wurde schließlich Anfang 1493 vom Fuß bis zum Knie ganz dunkel und gefühllos. Daher entschloss man sich am 8. Juni 1493 zu einer Amputation, für die die renommiertesten Ärzte der Zeit geholt wurden.
Geleitet wurde die Operation vom Leibarzt König Maximilians, dem Portugiesen Dr. Matheo Lupi. Vorgenommen wurde die Amputation von den Meistern Hans Suff aus Göppingen und Hilarius aus Passau. Anwesend waren ferner Meister Plundorffer von Landshut, Meister Friedrich von Olmütz und Meister Erhart von Graz, die den Patienten festhielten. Die Operation, die bei vollem Bewusstsein des Kaisers stattfand, verlief erfolgreich. Der 78-jährige Kaiser überlebte sie mehr als zwei Monate. Dass Friedrich in den Mittagsstunden des 19. August 1493 in Linz verstarb, nicht in der Burg, sondern in einem Stadthaus, vielleicht dem heutigen Kremsmünsterer Haus in der Altstadt, wurde von den Zeitgenossen auf einen übermäßigen Verzehr von Melonen zurückgeführt, die beim Kaiser zu einem akuten Durchfall geführt hätten. Es war wohl das äußere Zeichen der Schwäche des Kaisers.

Das Epitaph Kaiser Friedrichs III. in der Linzer Stadtpfarrkirche

Herz und Eingeweide des Kaisers wurden in der Linzer Stadtpfarrkirche bestattet, der einbalsamierte Leichnam nach Wien überführt, wo im Stephansdom schon lange an dem prächtigen Grabmal des Kaisers gearbeitet worden war, dem schönsten Grabdenkmal, das aus dem Spätmittelalter erhalten ist.

Herz und Eingeweide des Kaisers wurden in der Linzer Stadtpfarrkirche bestattet, der einbalsamierte Leichnam nach Wien überführt, wo im Stephansdom schon lange an dem prächtigen Grabmal des Kaisers gearbeitet worden war, dem schönsten Grabdenkmal, das aus dem Spätmittelalter erhalten ist.
Die lateinische Inschrift in er Linzer Stadtpfarrkirche lautet: „In dieser Urne ruhen Kaiser Friedrichs Eingeweide und sein Herz, das 51 Jahre das Römische Reich beherrschte und stets den Frieden liebte. Er lebte 78 Jahre, einen Monat und zwei Tage und schied aus dem Leben im Jahr des Heils 1493, am 24. August.“
Der Stein ist geschmückt mit dem Kaiseradler, [dem Panther des Herzogtums Steiermark, Erg. d. Red.] und den Wappen der Länder Altösterreich und Neuösterreich, Kärnten, Oberösterreich, Pfirt, Tirol, Elsass, Burgau, Mähren, Böhmen, Kiburg, Krain, Portenau, Windischmark und Ungarn.

Blütezeit von Linz
Doch Linz blühte auf. 1490 wurde es erstmals als „eine Hauptstadt unseres Fürstentums Österreich ob der Enns“ bezeichnet. Unter Maximilian I. hatte es zwar nicht mehr jene Bedeutung wie in den letzten Lebensjahren Friedrichs III. Der Kaiser war häufiger noch als in Linz in Innsbruck, wenn er sich nicht überhaupt, was fast immer der Fall war, auf Reisen oder auf irgendeinem Schlachtfeld befand. Doch immer wieder gab es in Linz wichtige Verhandlungen und große Hoffeste.
Der Kaiser liebte die Jagd. Besonders schätzte er den Kürnberg als Jagdgebiet, der ihm im Alter bequemer war als die steilen Berge Tirols und des Salzkammerguts. Am Schlossabhang ließ er einen Tiergarten mit Steinböcken und Gämsen errichten, im Bereich des heutigen Landestheaters einen Kaninchengarten mit einem eigenen „Kuniglhueter“. Es gab auch einen kaiserlichen Vogelmeister, der die zahlreichen Singvögel des Kaisers betreuen musste.
Im Jahre 1501 wurde während eines Aufenthalts des Kaisers der Ludus Dianae, das Spiel der Diana, verfasst vom Humanisten Konrad Celtis, in der Burg uraufgeführt.

Wirtschaftlich wichtig und angesichts der weiteren politischen Entwicklung sehr hellsichtig war, dass Maximilian 1497 der Stadt das Recht zum Bau einer Brücke über die Donau erteilt hatte. Es war nach Wien und Krems die dritte Donaubrücke in Österreich. Am 12. Jänner 1519 starb Kaiser Maximilian in der landesfürstlichen Burg in Wels.

1521 kam sein Enkel Ferdinand nach der Teilung des Erbes mit seinem Bruder Karl V. als Nachfolger nach Linz. Hier sollte endlich die bereits 1515 in Wien, allerdings in Abwesenheit des damals noch viel zu jungen Brautpaares geschlossene Ehe Ferdinands mit Anna von Ungarn vollzogen werden. Das Beilager in Linz war zwar nicht ganz so prunkvoll wie die Hochzeit in Wien. Doch berühmt geworden ist das Fest durch das so genannte Losensteiner Turnier, von dem man gar nicht weiß, ob es wirklich in dieser Art stattgefunden hat:  nämlich mit einem heftigen Streit zwischen Spaniern und Österreichern.

Dass anfänglich das Misstrauen des oberösterreichischen Adels gegen Ferdinand, der zu dem Zeitpunkt kein Deutsch beherrschte, und gegen seine spanische Begleitung sehr groß war, ist allerdings belegt.

Die Ehe zwischen Ferdinand und Anna war allen Berichten zufolge eine sehr glückliche, der auch 15 Kinder entstammten. Ferdinand und noch viel mehr seine Gattin Anna verbrachten viel Zeit im Linzer Schloss, obwohl sie sich ihrer Aussage nach in Linz immer entsetzlich langweilten. Die Burg war offensichtlich alles andere als bequem und schön.

Zu dieser Zeit waren auch die Maler Jakob Seisenegger und Johann Bocksberger ebenso in der Landeshauptstadt wie der Komponist Arnold von Bruck oder der Medailleur Ludwig Neufahrer.

Neubau des Schlosses
Auch nach Annas Tod 1547 beherbergte das Schloss immer wieder Habsburger. 1561 bis 1563 war Maximilian II. längere Zeit mit seiner ganzen Familie in Linz, bevor er 1564 Kaiser wurde. Von 1582 bis 1590 residierte Matthias, der spätere Kaiser, in den Räumen der Linzer Burg. Auch er umgab sich mit kunstsinnigen Menschen, etwa dem niederländischen Maler Lukas von Valckenborgh, der die schöne Ansicht der Stadt schuf.

Ab 1599 wurde das Schloss völlig neu gebaut. Als Architekt dürfte der flandrische Baumeister Anton de Moys gewirkt haben. Die Monumentalität des gesamten Baus, eines Hauptwerks des Manierismus in Österreich, kommt allerdings auf Grund des seit dem großen Brand von 1800 fehlenden Südflügels nicht mehr voll zum Ausdruck.

Der Ausbau der Burg erfolgte jedenfalls zu einem Zeitpunkt, als Linz nur mehr fallweise dem Hofe diente, etwa bei gelegentlichen Staatsakten oder wenn es dem Herrscher anderswo zu gefährlich geworden war. Rudolf II. etwa verließ die Prager Burg kaum und Ferdinand II. liebte das evangelische Oberösterreich nicht. Erst Ferdinand III. kam wieder häufiger nach Linz. Der Linzer Friede von 1645, der den Weg zum Westfälischen Frieden öffnete, und das Linzer Patent von 1646, die wichtigste Urkunde der Stadt Bremen, waren Ergebnisse solcher Aufenthalte des Kaisers in Linz.

Das „Linzer Diplom“ der Stadt Bremen

Linz hat in Bremen einen guten Klang. Die wichtigste Urkunde, die die Stadt besitzt, ist das Linzer Diplom. Es wurde am 1. Juni 1646 von Kaiser Ferdinand III. in Linz ausgestellt. In dieser Urkunde bestätigte der Kaiser die Reichsunmittelbarkeit der Stadt Bremen und legte damit den Grundstein für die bis heute bestehende Sonderstellung Bremens in der Bundesrepublik Deutschland.

Linz hat in Bremen einen guten Klang. Die wichtigste Urkunde, die die Stadt besitzt, ist das Linzer Diplom. Es wurde am 1. Juni 1646 von Kaiser Ferdinand III. in Linz ausgestellt. In dieser Urkunde bestätigte der Kaiser die Reichsunmittelbarkeit der Stadt Bremen und legte damit den Grundstein für die bis heute bestehende Sonderstellung Bremens in der Bundesrepublik Deutschland.
Der aus bremischer Sicht entscheidende Abschnitt lautete: „Wir, Ferdinand der Dritte von Gottes Gnaden erwählter Römischer Kaiser [...] bekennen [...] dass die Stadt Bremen von uralten Zeiten her des Heiligen Römischen Reichs unmittelbare freie Reichsstadt gewesen und daher Uns und dem Heiligen Reich allein und ohne Mittlerstelle untertthan ist [...] gegeben auf unserem Schloss zu Linz am 1. Juni im 1646sten Jahr nach Christi, Unseres lieben Herrn und Seligmachers, Geburt.“

Das Diplom, das in Bremen verwahrt wurde, war 1946 von der Sowjetunion beschlagnahmt worden und galt von da an als verschollen. 1998 wurde es in der Bibliothek der armenischen Akademie der Wissenschaften in Eriwan entdeckt und Anfang Mai 1998 vom armenischen Außenminister Wardan Oskajan dem deutschen Außenminister Klaus Kinkel zurückgegeben. Seit 28. Mai 1998 befindet sich das Diplom wieder in Bremen.

Als Residenz geriet Linz allerdings zunehmend in Vergessenheit. Das Schloss wurde benutzt, um vornehme Gefangene unterzubringen, etwa Ruprecht von der Pfalz, den Sohn des „Winterkönigs“, der in den Niederlanden aufgewachsen war und den Linzern auffiel, weil er sich im Winter mit Schlittschuhen vergnügte und häufig das Ballhaus, die Tennishalle, aufsuchte. Die Linzer Märkte wurden von den Leipziger Messen immer mehr in den Hintergrund gedrängt.

Nachdem 1683 die Türkengefahr endgültig abgewehrt war, begann das explosionsartige Wachstum Wiens. Linz versank in der Provinzialität. Irgendwie waren die Linzer auch froh darüber. Denn sie waren immer der Meinung, dass ihnen die Residenz aufgrund der Bewirtung und dem Bereitstellen der vielen Quartiere mehr Kosten als Nutzen gebracht hatte.

Literatur:

  • Katzinger, Willibald: Kleine Linzer Stadtgeschichte. Regensburg 2008.
  • Kaiser Friedrich III.: Innovationen einer Zeitenwende; Katalog zur Ausstellung im Stadtmuseum Nordico vom 1. April bis 23. Mai 1993. Red. von Willibald Katzinger. Linz 1993 (Katalog des Stadtmuseums Nordico 59).
  • Mayrhofer, Fritz - Katzinger, Willibald: Geschiche der Stadt Linz. 2 Bände. Linz 1990.


Autor: Roman Sandgruber

Oberösterreichische Nachrichten, 13. Dezember 2008