Der „Prager Frühling 1968“

Anfang März setzen sich schließlich die reformfreundlichen Kräfte durch. Ein staatliches Dekret hebt die Pressezensur auf, der öffentlichen Meinung soll Freiheit gegeben werden. Das sogenannte „Aktionsprogramm“ der ČSSR-Regierung wird von den neostalinistischen Bruderparteien zutiefst verurteilt. Die neue Meinungsfreiheit gibt insbesondere den intellektuellen Kreisen mehr Mitsprache, außerdem lässt sie Raum für eine „moderne“ Jugendkultur. Den Kirchen und Religionsgemeinschaften ist eine freie Glaubensausübung gewährt.

Die nationalen Minderheiten werden nun nicht mehr benachteiligt, sie erhalten gewisse Sonderrechte. Das gilt auch für die Deutschen! Nach 20 Jahren dürfen Zeitungen von der Willkür der Parteibonzen und sogar von ihren Verbrechen in den 1950er-Jahren berichten! Einige dieser beschuldigten Parteimächtigen treten mehr oder weniger freiwillig zurück. Staatspräsident Novotny gerät dabei ebenfalls ins Visier der Reformer, am 26. März „verzichtet“ er auf sein Amt. Die neue Führung mit Svoboda, Černik, Smrkovsky und Dubček will nun einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ ermöglichen! Das Machtmonopol der KPČ soll gebrochen werden.

Am 24. April 1968 wird in der Regierungserklärung des neuen Ministerpräsidenten Oldřich Černík zur Demokratisierung der öffentlichen Verwaltung aufgerufen.

Maifeiern der Reformer
Nach den „reformierten Maifeiern“ wird Alexander Dubček nach Moskau zitiert. Breschnew tobt und meint, dass die „Konterrevolution in der ČSSR“ nicht mehr tragbar sei. Dubček bekennt sich zum Kommunismus und verteidigt seinen Weg. Das ZK der KPČ beschließt, für den 9. September 1968 einen außerordentlichen Parteitag einzuberufen. Dazu kommt es nicht mehr...

Autoren: Kurt Cerwenka, Fritz Fellner

Das Jahr 1968 – Abgrenzen: "Prager Frühling" und "Normalisierung". Dokumentation der Sonderausstellung im Mühlviertler Schlossmuseum Freistadt vom 8. September bis 26. Oktober 2018.