Johann Blöchl

Ein Mühlviertler Bauer verhindert das Zerreißen Oberösterreichs
Es war eine der finstersten Stunden Oberösterreichs. Der Krieg war noch keine drei Monate zu Ende, die Not kaum gemildert. Die Amerikaner hatten zwischen dem 1. und 7. Mai ganz Oberösterreich südlich und nördlich der Donau besetzt, erst nach Kriegsende waren auch russische Gardetruppen ins östliche Oberösterreich einmarschiert und hatten 48 Gemeinden nördlich der Donau und 8 Gemeinden südlich der Donau und ostwärts der Enns besetzt. Da wurde das Gerücht laut, dass im Zusammenhang mit der Änderung der Besatzungszonen das ganze Mühlviertel von sowjetischen Besatzungstruppen besetzt würde. Die oberösterreichische Beamtenregierung Dr. Eigl plante zurückzutreten. Das aber hätte niemandem Vorteile gebracht.

In dieser Situation wurden bereits im russisch besetzten Niederösterreich Vorkehrungen getroffen, das oberösterreichische Mühlviertel von Wien aus zu verwalten. Das aber wollten die Mühlviertler nicht.
Während die amerikanischen Truppen zwischen 27. und 30. Juli 1945 das Mühlviertel räumten, hatten sich Vertreter der Mühlviertler Bevölkerung zusammengesetzt; Vertreter der drei politischen Gruppen planten die Errichtung einer „Zivilverwaltung Mühlviertel“, einer Art Teil-Landesregierung, an deren Spitze der Lasberger Bauer Johann Blöchl und als sein Stellvertreter der Sozialist Dr. Franz Blum gestellt wurden. Damit saß Blöchl am Schalthebel zur oberösterreichischen Landeseinheit. Aber der nunmehrige "Staatsbeauftragte" Blöchl, den in dieser Funktion auch bald Staatskanzler Renner bestätigte, hatte einen Posten, eine Aufgabe, um die ihn kein Österreicher beneidete. Blöchl war schon 1931 Landtagsabgeordneter und wenig später christlich-sozialer Nationalrat geworden.

Nach erzwungener Pause zwischen 1938 und 1945 stieg er wieder in die Politik ein, und zwar auf diesen schwierigen Posten in dieser schwierigen Zeit. Damals gab es allein im Mühlviertel rund 36000 Besatzungssoldaten, dazu rund 7000 Soldaten der Luftwaffe und 1500 der sowjetischen Donauflottille. Schon am 2. August 1945 empfing der sowjetische Stadtkommandant von Urfahr eine Mühlviertler Delegation; anschließend war Blöchl eine Art Teil-Landeshauptmann für das Mühlviertel und hatte als solcher auch den verschiedenen sowjetischen Übergriffen entgegenzutreten. Gleichzeitig musste der in nationalsozialistischer Zeit beseitigte Bezirk Urfahr-Umgebung wiederhergestellt werden.

Im Oktober 1945, bei der Bildung einer ersten "politischen Landesregierung", wurde Blöchl Landesrat, bei der ersten Wahl am 25. November 1945 wurde er zum Landtagsabgeordneten gewählt, bei der nachfolgenden Regierungsbildung wurde er neuerlich Landesrat und ab 1955 Landeshauptmann-Stellvertreter. Damit war der Bauer Johann Blöchl die feste Klammer, die beide Landesteile zusammenhielt.

Dass die Besatzungszeit zehn Jahre dauern würde, das glaubte damals allerdings niemand.

Quelle: 50 Jahre Österreichische Volkspartei Oberösterreich. Aus dem Bombenschutt 1945 zum blühenden Land. Linz 1995. 77 S.



Die Zivilverwaltung Mühlviertel 1945-1955 und Johann Blöchl. Eine Dokumentation zur Ausstellung im Mühlviertler Schlossmuseum vom 27. Juni bis 30. August 2015. | Gesamtleitung, Kustos: Kons. Fritz Fellner; Inhaltliche Ausstellungsgestaltung: Kons. Kurt Cerwenka; Leihgaben und Beratung: Kons. Karl Affenzeller; Grafische Gestaltung: Johanna Roiß