Zur 100. Wiederkehr des Geburtstages würdigt der ehemalige Latein- und Griechischlehrer und spätere Schulreformer Hans Fischl seinen Lehrer Stowasser: „ …Ich werde nimmer seinesgleichen sehn. Er war eben „der” Stowasser, der Mann so gut wie sein Buch. Er war eine geniale Persönlichkeit, zweifellos der bedeutendste Latinist, den Österreich seit der Zeit der großen Humanisten aufzuweisen hat.”
Stowasser verkörpert, ohne sein Studium mit einem Doktorat abgeschlossen zu haben, den gegen Ende des 19. Jahrhunderts häufigen Typus eines auf Universitätsniveau wissenschaftlich tätigen Gymnasiallehrers. Seine zahlreichen Abhandlungen veröffentlichte er teils in Schulprogrammen (d.h. in wissenschaftlichen Beilagen zu den Jahresberichten seiner Schulen), teils in Festschriften und in Fachzeitschriften. Besonders reizte es ihn, in unzuverlässig überlieferten Texten Konjekturen (textkritische Vermutungen) anzubringen.
Beispielsweise veröffentlichte Stowasser im Freistädter Jahresbericht des Schuljahres 1883/84 die Abhandlung „Noniana“.
Stowassers bevorzugtes Hobby war die Etymologie: Er versuchte also, die „wahre“ Herkunft und die ursprüngliche Bedeutung lateinischer Wörter aufzuhellen. In den Jahresberichten über die Schuljahre 1889/90 und 1890/91 des Wiener Franz Joseph-Gymnasium besprach er zwei Reihen von „Dunklen Wörtern“. In Freistadt schrieb er 1884 eine viel beachtete Abhandlung über die Etymologie des Wortes meridies („Mittag“), die mit den Worten endet:
„Mag an der Lösung desselben (Dilemmas) ein anderer seine Kraft erproben,
dem reichere Quellen fließen als mir im einsamen, weltfernen Landstädtchen,
in den träumerischen Tannenforsten des Aist-Tales.“
Auch nach seiner Versetzung nach Wien verbrachte er mit seiner Frau und seinen vier Kindern die jährliche Sommerfrische im lieb gewonnen Mühlviertel und nutzte diese Zeit zum Verfassen wissenschaftlicher Beiträge, unter die er den Entstehungsort („Lest im Mühlviertel“) setzte.
Stowasser trat auch als Schulbuchautor hervor: 1893 erschien im Verlag F. Tempsky eine von ihm besorgte Schulausgabe der Fabeln des Phaedrus.
Autor: Hermann Niedermayr
Dokumentation der Ausstellung „130 Jahre Stowasser“, 2023 organisiert und gestaltet vom Verein „Kunst Kultur in Kefermarkt“ und der Bundesarbeitsgemeinschaft Klassischer Philologen und Altertumswissenschafter Österreichs „Sodalitas“ im „Stöckl“ in Kefermarkt.