Die Einheit der Kirche
Ökumene in Vergangenheit und Gegenwart

Das Anliegen der Einheit
Die Kirche, deren Keimzelle die Berufung der zwölf Jünger durch Jesus ist, die zu Pfingsten von jenem Geist erfüllt wird, der sie befähigt, den auferstandenen Herrn zu bezeugen, und die sich in der Folge in Gemeinden über das ganze römische Reich hinweg ausbreitet, sie ist eine Gemeinschaft der Glaubenden mit ihrem Herrn und untereinander eine Gemeinschaft der Schwestern und Brüder. Am Anfang steht die Einheit, und sie ist ein hohes Gut.


Spaltungen vor der Reformation
Diese Einheit ist immer wieder gefährdet:

  • 1054 n.Chr. zerbricht die Einheit zwischen der (orthodoxen) Kirche des Ostens und der (katholischen) Kirche des Westens. Diese Trennung dauert bis heute an.
  • Im Großen Abendländischen Schisma von 1378 bis 1417 zerbricht für vier Jahrzehnte die Einheit innerhalb der katholischen Kirche: Es gibt gleichzeitig mehrere Päpste, die einander wechselseitig exkommunizieren, und keiner weiß, wer nun als der rechtmäßige Papst zu gelten hat.

Reformation: Trennungen und das Ringen um Einheit
Bei den Auseinandersetzungen um die Ablassfrage handelt es sich zunächst um eine Reformdiskussion innerhalb der Kirche. Aber die Auseinandersetzung spitzt sich zu, weil Luther die Autorität der Heiligen Schrift über jene des Papstes und der Konzilien stellt. 1521 erfolgt der Bann Luthers durch Papst Leo X., der Kaiser Karl V. verhängt die Reichsacht über Luther. Da nun eine Reform innerhalb der katholischen Kirche nicht mehr möglich ist, erfolgt nach und nach der Aufbau eines eigenen Kirchenwesens. Von nun an existieren im abendländischen Christentum zwei getrennte Kirchen.
Neben den Trennungen und gegenseitigen Verwerfungen gab es aber auch das Bemühen, die Einheit zu suchen und wiederherzustellen.
Einer dieser Versuche ist die „Confessio Augustana“, das „Augsburger Bekenntnis“ von 1530, das einerseits versucht, die gemeinsame Glaubensgrundlage herauszustellen und andererseits auch jene Punkte benennt, die zwischen den Kirchen strittig waren.

Das Zeitalter der Ökumene
Das 20. Jahrhundert wird zum Zeitalter der Ökumene. Auf Seiten der protestantischen Kirchen erfolgt ein wichtiger Schritt auf der Weltmissionskonferenz in Edinburgh im Jahr 1910: Dass die frohe Botschaft von dem einen Evangelium von so vielen Kirchen in Konkurrenz zueinander verkündet wird, ist beschämend für die Kirchen.
Erste Schritte zur Zusammenarbeit werden gesetzt.

Im Jahr 1948 kommt es in Amsterdam zur Gründung des Ökumenischen Rates der Kirchen. Mitglieder sind die meisten großen protestantischen Kirchen, die anglikanischen Kirchen, die altkatholischen Kirchen und die meisten orthodoxen Kirchen, nicht aber die römisch-katholische Kirche.

Das zweite Vatikanische Konzil
Von ihm gehen die bedeutendsten Impulse für die Ökumene von katholischer Seite aus. Das Konzil schlägt Brücken zu den anderen Kirchen, indem es zwar die Differenzen benennt, aber auf Verurteilungen verzichtet und vor allem das Verbindende in den Vordergrund rückt und die anderen Kirchen in dem, was sie charakterisiert positiv würdigt.
Jetzt beginnt ein ökumenischer Aufbruch, der auf allen Seiten von einem starken Willen zur Einheit getragen wird.

Die gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigung
Einen Meilenstein der ökumenischen Bemühungen stellt die Unterzeichnung der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ 1999 in Augsburg dar. Durch sie wird am zentralen Punkt der Differenz ein Konsens in den Grundwahrheiten festgestellt und ein wesentlicher Schritt zur Überwindung der Kirchenspaltung gesetzt.

Ökumene in Oberösterreich
In dieser ökumenischen Tradition sehen wir uns auch in Oberösterreich. Gerade im Jahr 2017 setzen wir in dieser Hinsicht wichtige Schritte: Zum ersten Mal in der Geschichte gibt es einen gemeinsamen Hirtenbrief eines katholischen Bischofs und eines evangelischen Superintendenten.
Und wichtige Repräsentanten beider Kirchen haben ein „Gemeinsames Wort“ zum Thema „500 Jahre Reformation“ verfasst, das sowohl eine neue Sicht auf die Vergangenheit enthält als auch neue Wege in die Zukunft beschreitet.

1517! Und Heute? Steyr 2017. Reformationsstadt Europas - Dokumentation zur Sonderausstellung im Museum der Stadt Steyr vom 24. März bis 5. November 2017.