Die Täufer

Im Jahr 1527 berichtet der Steyrer Chronist Valentin Preuenhueber, dass sich, kurz nach den Unruhen wegen der Predigt des Calixtus, erneut eine brisante Geschichte in der Stadt abspielte: Wiedertäufer waren heimlich in die Stadt gekommen.


(…) an einem Samstag-Abend schlich sich Johann Hut mit dreien seiner Jünger heimlich in Steyr ein. Er wurde von Bruder Jacob, dem Kaplan und Hofprediger der Herren von Roggendorf hier im Schloss bei dem Wißhauer einquartiert.
Hut predigte am Sonntag im Haus des Veit Pfefferl. (…) Dann wurde er in das Haus von Leonhard Köber und seiner Schwägerin Dorothea Rauchbergerin gebracht. Angekündigt wurde er als ein Mann, der in Gottes Wort hochverständig sei und den sie anhören sollten. So hat Jacob viele Leute dazu gebracht, sich diese Predigten anzuhören, darunter besonders einige vornehme und neugierige Bürgersfrauen.
Der Hut predigte nachher auch in einem Ziegel-Stadel außerhalb der Stadt. Er hielt nach der Wiedertäufer Lehre das Abendmahl, das Brotbrechen und die Wiedertaufe. Da haben sich bei ihm bald eine Anzahl von Handwerksleuten eingefunden, die solche Lehre angenommen und sich noch einmal haben taufen lassen
.“

Sobald der Rat der Stadt von den Vorkommnissen erfährt, versucht er Hut zu verhaften. Dieser entkommt zwar, aber die Teilnehmer an den Zusammenkünften werden verhört und gefangen gesetzt. Die Steyrer fragen beim Landesherrn an, wie sie vorgehen sollen. In der Folge werden von Wien her schwere Strafen über die verhängt, die der Lehre abschwören. Diejenigen, die sich zu ihr bekennen werden mit dem Schwert hingerichtet. Eine Frau wird ertränkt.

Die Bewegung der Täufer wird oft als die „radikale Reformation“, oder der „linke Flügel der Reformation“ bezeichnet.
Es geht hierbei nicht um eine einheitliche Bewegung, sondern verschiedene Gruppen und Richtungen. Was sie verbindet und charakterisiert ist:

  • Die Erwachsenentaufe. Die Taufe setzt eine Glaubensentscheidung voraus, deshalb wird die Kindertaufe abgelehnt und als ungültig angesehen. Die daraus resultierende Praxis, schon getaufte Menschen noch einmal zu taufen („Wiedertaufe“) führte zu heftiger Ablehnung der Täufer durch die katholische und die evangelische Kirche. Von staatlicher Seite gilt die „Wiedertaufe“ seit 1529 als Kapitalverbrechen.
  • Eine kritische und zuweilen ablehnende Haltung gegenüber Gesellschaft und Staat, wiewohl die meisten Täuferbewegungen pazifistisch gesinnt waren.

Viele Überzeugungen teilen die Täufer zwar grundsätzlich mit der Reformation, führen sie aber „radikaler“ weiter:

  • Zur Hochschätzung der Bibel tritt das Wirken des Heiligen Geistes, der den Einzelnen inspiriert.
  • Das „Priestertum aller Gläubigen“ wird so weit geführt, dass jeder predigen und taufen kann.

Hans-Jürgen Goertz charakterisiert die Täufer so: „Sie suchten nach Alternativen zur reformbedürftigen Kirche Roms und, mehr noch, nach Alternativen zu den reformatorischen Kirchen, die nicht bereit waren, mit der Kritik an der alten Kirche auch die engen Bindungen zwischen Kirche und Obrigkeit, zwischen christlicher Gemeinde und bürgerlicher Kommune zu lösen oder gar zu zerschneiden.

Strophen aus einem Täuferlied:

Wir sind zerstreut gleich wie die Schaf,
die keinen Hirten haben,
verlassen unser Haus und Hof
und sind gleich dem Nachtraben,
der sich auch oft
hält in Steinkluft.
In Felsen und in Klüften
ist unser Gmach.
Man stellt uns nach
wie Vöglein in den Lüften.

Wir schleichen in den Wäldern um.
Man sucht uns mit den Hunden.
Man führt uns als die Lämmlein stumm
gefangen und gebunden.
Man zeigt uns an
vor jedermann,
als wären wir Aufrührer.
Wir sind geacht
wie Schaf zur Schlacht,
als Ketzer und Verführer.

Man hat sie an die Bäum gehenkt,
erwürget und zerhauen,
heimlich und öffentlich ertränkt
viel Weiber und Jungfrauen.
Die haben Frei
ohn alle Scheu
der Wahrheit Zeugnis geben,
daß Jesus Christ
die Wahrheit ist,
der Weg und auch das Leben.

Lienhart Schiemer,
Wie köstlich ist der Heiligen Tod, 1526/27

Taufgesinnte in Steyr:
Durch die Berichte des Steyrer Chronisten Valentin Preuenhueber und die Prozessakten kennen wir die Namen und das Schicksal einiger Taufgesinnter aus Steyr. Da sind zunächst jene, denen 1527 der Prozess gemacht wurde:

Paul Hertlmayer, Hufschmied / Hans Pachinger, Klingenschmied / Hans Schüzenecker, Schleiffer / Leonhardt Alexberger, Bürstenbinder / Michael Gruber, Pogner / Heinrich Muehr, Kämmler / Mathäus Ürchinger, Messerer / Hans Heher, Schuster / Sigmund Beutler, / Hans Penzenauer, Sichelschmied.

Hingerichtet wurden:
- Hans Heher, Schuster
- Leonhard von Schembach, Tischlergeselle
- Hans ein Schneider von Görz.
- Die Frau von Hans Schützenecker wurde ertränkt

Aus späterer Zeit erfahren wir von:
Christian Köpler, Goldschmied / Georg Thoner, Gastgeber(?) / Hans Kayser (Tischler): Sie hatten sich taufen lassen und wurden 1568 der Stadt verwiesen.
Der Goldschmied Hans Fäbl wird 1575 vom Rat der Stadt vorgeladen, weil er sein Kind nicht taufen lässt. Er wird, weil er von seinem Ansinnen nicht ablässt, in den Turm geworfen und später aus der Stadt verwiesen.

1517! Und Heute? Steyr 2017. Reformationsstadt Europas - Dokumentation zur Sonderausstellung im Museum der Stadt Steyr vom 24. März bis 5. November 2017.