Zeitleiste 1945

1.1.1945 Neujahrsaufruf von Gauleiter August Eigruber: „Ein Jahr ist zu Ende gegangen, das die endgültige Voraussetzung für den deutschen Sieg geschaffen hat.
10.2.1945 Gauleiter Eigruber ordnet in einem Rundspruch an alle Kreisleiter und Landräte an, dass jede besiedelte Ortschaft, jedes Dorf, jeder Markt, jede Stadt, jeder Verkehrsknotenpunkt vom Volkssturm unter Heranziehung der HJ in Verteidigungszustand zu versetzen sei.
24.2.1945 An den Straßen Wartbergs Richtung Norden werden Schanzen errichtet.
5.3.1945 Die Jungen und Mädchen der Jahrgänge 1934/35 müssen sich zum Dienst in der Hitlerjugend bei den vorgesehenen Erfassungsstellen melden.
30.3.1945 Verhängung des Standrechts.
13.4.1945 Ende der Kämpfe um Wien und Besetzung durch die sowjetischen Truppen.
22.4.1945 In Pregarten verurteilt eine SS-Polizeiabteilung fahnenflüchtige Wehrmachtsangehörige zum Tode.
26.4.1945 Während in Wien bereits eine neue österreichische Regierung gebildet wird, übt in Pregarten der Volkssturm noch mit der Panzerfaust. Ein Mann erleidet dabei den Tod.
27.4.1945 Unabhängigkeitserklärung der provisorischen Regierung unter Staatskanzler Karl Renner; Wiederrichtung der Republik Österreich
29.4.1945 Amerikanische Truppen überschreiten die ehemalige Grenze nördlich der Donau bei Wegscheid.
30.4.1945 Hitler verübt Selbstmord in Berlin. Sein Nachfolger wird Großadmiral Dönitz.
5.5.1945 Um 9.30 Uhr kommen amerikanische Truppen aus Richtung Unterweitersdorf in Sichtweite Wartbergs. Der Panzerspähtrupp bezieht beim „Bachsteiner“ (heute Betriebsgelände am Autobahnende) mit 12 Panzern mit aufgesessener Infanterie Stellung. Von den Wartbergern wird an der Wenzelskirche eine weiße Fahne angebracht, um den Beschuss zu verhindern. Außerdem gehen Pfarrer Hermann Leichtenmüller und Tischlermeister Adolf Koppensteiner mit einer weißen Fahne den Amerikanern entgegen. Französische und belgische Kriegsgefangene, bisher als Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft, übernehmen – beauftragt von den Amerikanern – die Aufsicht über Wartberg für kurze Zeit.
5.5.1945 Die Landeshauptstadt Linz wird am 5. Mai bedingungslos den aus dem oberen Mühlviertel kommenden Amerikanern übergeben.
8.5.1945 Auch im Mühlviertel wird die Gesamtkapitulation mit 8. Mai 1945 ab 24.00 Uhr wirksam.

Von den ersten Monaten nach der Befreiung blieben bei vielen Menschen besonders die Plünderungen und Gewalttaten der Besatzer in Erinnerung. Dokumentiert sind ebenso Diebstahl und Gewalt von Einheimischen, ehemaligen Zwangsarbeitern, ehemaligen KZ-Häftlingen und durchziehenden Flüchtlingen. In der Übergangszeit kam es zusätzlich gehäuft zu Selbstmorden. Der Versuch, möglichst rasch ein geregeltes Leben und demokratische Strukturen herzustellen, zeigt sich auch darin, dass bereits am 25. 11. 1945 die ersten österreichweiten Wahlen stattfanden.

6. 5. 1945 Auf der Reitling wird Herr W. beim Versuch, seinem Nachbarn gegen Plünderer zu helfen, erschossen.
8. 5. 1945 Zwei Schüler spielen mit herumliegender Munition, die explodiert. Ein Bub stirbt. Der zweite verliert ein Bein. Ein ähnlicher Unfall ereignet sich auch am 29. 7. 1945.
10. 5. 1945 Die Pfarrchronik Wartberg berichtet von 21 Vergewaltigungen, mehrfachem Diebstahl und Raub durch sowjetische Soldaten.
11. 5. 1945 Ein ehemaliger KZ-Häftling wird im Ortsgebiet Wartberg erschossen aufgefunden und am Friedhof beigesetzt; 1948 Umbettung nach Freistadt, von dort 1968 in die KZGedenkstätte Mauthausen.
12. 5. 1945 Im Gusental lagern ehemalige KZ-Häftlinge, die jeden Durchziehenden mit Waffengewalt kontrollieren und SS-Soldaten suchen.
Mai 1945 Ehemalige KZ-Häftlinge kommen in das Haus von Frau T., essen alles, was sie finden können, mit der Folge von Magenschmerzen (ohne genaues Datum).
13. 5. 1945 Wahl von Karl Prammer zum Bürgermeister von Wartberg (Stellvertreter: Adolf Koppensteiner) durch eine Gruppe engagierter Bürger. Diese Wahl entspricht auch dem Beginn der Gemeinde Wartberg ob der Aist unter Einbeziehung der ehemals selbstständigen Gemeinde Untergaisbach.
14. 5. 1945 Die von Amerikanern in Gallneukirchen gesammelten deutschen Soldaten müssen am 14. Mai nach Pregarten marschieren, wo sie von den sowjetischen Soldaten übernommen werden. Auf dem Weg werden 28 Gefangene, die entweder fliehen wollten oder nicht mehr weiter konnten, von amerikanischen Soldaten erschossen. Einige liegen am Wartberger Friedhof begraben.
16. 5. 1945 Herr S. (40) wurde ermordet – unklar ob Racheakt oder weil SS-Soldaten sich am Hof versteckt hatten. Nach Vergewaltigung durch sowjetische Soldaten flüchten Arnberger Frauen nach Wartberg. Drei zurückgebliebene Männer wurden daraufhin von den Soldaten erschossen. Außerdem begehen die Soldaten Diebstahl. Ein benachrichtigter Offizier verhaftet sie. Angeblich werden sie am nächsten Tag in Pregarten erschossen.
8. 6. 1945 Der Radiosender Linz geht wieder in Betrieb.
10.6.1945 Erstes Erscheinen einer Tageszeitung als Organ der Besatzungsmacht; ab August erscheint zusätzlich eine Zeitung der drei Parteien und ab Oktober erscheinen unabhängige Zeitungen.
25.6.1945 Das Mühlviertel ist voller Flüchtlinge verschiedenster Länder. Auf Grund der katastrophalen Verkehrslage benötigt ein Flüchtlingszug vom Bahnhof Kefermarkt bis Linz für die 40 Kilometer eine Woche.
31.7.–8.8.45 Sowjetische Soldaten besetzen in der ersten Augustwoche das gesamte Mühlviertel (bis 1955).
3.8.1945 Die erste Lokomotive fährt wieder.
4.8.1945 Die Zivilverwaltung Mühlviertel unter der Leitung von Johann Blöchl und Dr. Franz Blum tritt ihr Amt an. Durch die spätere Einbindung Blöchls in die Oö. Landesregierung soll eine völlige Abtrennung des Mühlviertels von Oberösterreich verhindert werden.
10.8.45 Der ehemalige Gauleiter August Eigruber wird verhaftet. Wegen seiner Beteiligung an den Verbrechen im Konzentrationslager Mauthausen wird er zum Tod verurteilt und am 28. 5. 1947 in Landsberg am Lech hingerichtet.
Herbst1945 In Wartberg melden sich 49 Personen als ehemalige NSDAP-Mitglieder (ca. 4 % der Bevölkerung).
7.10.1945 Ein aus Budweis kommender Zug mit 1500 italienischen Rückwanderern bleibt am Bahnhof Gaisbach stehen. In nächster Nähe befindliche Kartoffel-, Kraut- und Rübenfelder werden geplündert.
15.10.1945 Personen- und Warenverkehr über die Zonengrenze wird in Ausnahmenfällen gestattet; für Regierungsverantwortliche, Post- und Eisenbahnbedienstete, Arbeiter und Bauern, die in einer angrenzenden Zone Arbeiten zu verrichten hatten.
20.10.1945 Die Regierung Renner wird auch von den Westmächten anerkannt.
26.10.1945 Ernennung einer „politischen Landesregierung“ unter Heinrich Gleißner durch die Amerikaner; der „Staatsbeauftragte für das Mühlviertel“, Johann Blöchl, wird als Landesrat Mitglied der Landesregierung.
30.10.1945 Zwei Wartberger Burschen werden festgenommen und gestehen, auf der Flucht in das amerikanisch besetzte Gebiet einen Raubmord begangen zu haben.
11.11.1945 6000 Sudetendeutsche ziehen durch Wartberg.
25.11.1945 Erste Nationalratswahl in der Zweiten Republik.
24.12.1945 Die tägliche Ausgangssperre ab 23:00 Uhr wird von der sowjetischen Besatzungsbehörde für die Nächte zum 25. Dezember und zum 1. Jänner aufgehoben, um entsprechende Feiern zu ermöglichen.

Quellen: Struck, Wulf: Erinnern für die Gegenwart. Das Jahr 1945 und die Mühlviertler Menschenjagd in der Gemeinde Wartberg. Wartberg ob der Aist, 2015. (Langfassung mit umfangreicher Literaturliste)

Struck, Wulf: Erinnern für die Gegenwart. Das Jahr 1945 und die Mühlviertler Menschenjagd in der Gemeinde Wartberg. Wartberg ob der Aist, 2015. | Texte und Bilder einer Ausstellung, die begleitend zur Errichtung eines Mahnmals zur Mühlviertler Menschenjagd im öffentlichen Raum der Gemeinde Wartberg ob der Aist installiert wurde.