Widerstand Einzelner

Im Dritten Reich wurden nicht nur Aktivitäten von im Untergrund organisierten Gruppen als Widerstand betrachtet, sondern auch Handlungen von Einzelnen, die zum Teil schwer bestraft wurden. Die Urteile reichten von Haftstrafen bis zur Einlieferung in ein Konzentrationslager und Todesurteilen. Langsames Arbeiten, so genannte Arbeitsbummelei, das Vortäuschen von Krankenständen, respektloses Reden über den Staat und die Partei wurden ebenso geahndet wie Hilfe für Verfolgte und Kriegsgefangene, das Hören von Feindsendern, Schwarzschlachten und sexuelle Beziehungen zu Fremdarbeitern, die von den Nationalsozialisten als Rassenschande klassifiziert wurden. Wer kritische Bemerkungen über das Regime machte, politische Witze erzählte, Gerüchte über die Kriegslage verbreitete, den Führer oder führende Politiker beschimpfte, konnte nach dem Heimtückegesetz verurteilt werden. Dieses Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutz der Parteiuniformen wurde im Deutschen Reich 1934 erlassen und trat nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten auch im bisherigen Österreich in Kraft.

Unter den Tatbestand der Wehrkraftzersetzung fiel die Aufforderung zur Verweigerung des Wehrdienstes oder zur Fahnenflucht, Aussagen über einen schlechten Kriegsverlauf, aber auch Selbstverstümmelungen von Soldaten, die hofften, auf diese Weise dem Kriegsdienst zu entkommen. Die Beschädigung von Wehrmitteln wurde als Sabotage gewertet.

Die Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen stellte das Hören von Feindsendern unter Strafe, ebenso die Weitergabe von Nachrichten, die man auf diese Weise empfangen hatte. Mit Strafe bedroht war auch Hilfe für Verfolgte, Kriegsgefangene und Fremdarbeiter. Die Beziehungen zwischen der Bevölkerung und den auf den Höfen und in den Fabriken arbeitenden Zwangsarbeiter sollten sich auf das Notwendigste beschränken. In der Realität waren die Verbindungen zwischen Gefangenen und Einheimischen gerade auf den Bauernhöfen viel enger. Deutsche Frauen, denen ein sexuelles Verhältnis zu einem Gefangenen nachgewiesen werden konnte oder die dessen auch nur verdächtigt wurden, mussten mit harten Strafen rechnen. Beschuldigte Zwangsarbeiter wurden oft hingerichtet, zur Abschreckung im Beisein ihrer Schicksalsgenossen aus der umliegenden Gegend.

Unterstützung von Verfolgten
Ebenso verboten war es, Kriegsgefangenen Pakete oder Nahrungsmittel zuzuwerfen, ihnen Zigaretten zu schenken, ihre Briefe in die Heimat ohne Genehmigung zu versenden oder mit ihnen Karten zu spielen. Demonstrative gute Behandlung der „eigenen“ Zwangsarbeiter diente aber oftmals in der Bevölkerung als Ausdruck des Widerwillens gegen das herrschende System. Wer Flüchtlinge aus Konzentrations- oder Gefangenenlagern versteckte, musste mit der unerbittlichen Verfolgung durch das Regime rechnen. Trotzdem gab es auch hier immer wieder Menschen, die Verfolgten Zuflucht gewährten.

Bäuerlicher Widerstand
Bäuerlicher Widerstand äußerte sich unter anderem im Schwarzschlachten. Die Zahl der Schwarzschlachtungen in Oberdonau stieg Ende 1941/Anfang 1942 merklich an. Gauleiter Eigruber und der berüchtigte Präsident des Volksgerichtshofes in Berlin, Roland Freisler, beschlossen daraufhin, drakonische Strafen zu verhängen, weil sie die Versorgung des Gaues mit Fleisch gefährdet sahen. Mitte 1943 wurden erstmals in Oberdonau zwei Männer – Vater und Sohn – wegen Schwarzschlachtens hingerichtet.

Lokale Aktionen des Widerstands
In den letzten Kriegstagen erkannten viele die Sinnlosigkeit der Weiterführung des Krieges und versuchten, mit lokalen Aktionen Militäroperationen zu verhindern. Der Schutz von Brücken vor Sprengung oder das Verstecken von Fahnenflüchtigen gehörten zu diesen Aktionen. Das Regime, in die Enge getrieben, reagierte vor seinem Untergang mit unerbittlicher Härte. In Peilstein versuchten mehrere Männer, die Panzersperren auf der Sternwaldbundesstraße zu beseitigen, um den Ort vor alliiertem Beschuss zu bewahren. Sie wurden dabei von zwei Parteifunktionären beobachtet, die von ihnen die sofortige Wiederherstellung der Sperren forderten. Die Männer aus Peilstein beugten sich diesem Befehl. Einen Tag später kam Gauleiter Eigruber nach Peilstein, erfuhr von dem Vorfall, ließ die Männer festnehmen und nach Linz zur Vernehmung bringen. Karl Hartl, Josef Autengruber, Karl Haider, Johann Hesch und Maximilian Innertsberger wurden in Treffling standrechtlich erschossen, Franz Märzinger und Franz List gelang rechtzeitig die Flucht. Der beteiligte Gemeindearzt Dr. Auinger gehörte zu diesem Zeitpunkt der Wehrmacht an und wurde daher an ein Wehrmachtsgericht überstellt. Er überlebte.

Autoren: Josef Goldberger und Cornelia Sulzbacher

Aus: Goldberger, Josef - Cornelia Sulzbacher: Oberdonau. Hrsg.: Oberösterreichisches Landesarchiv (Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus 11).- Linz 2008, 256 S. [Abschlussband zum gleichnamigen Forschungsprojekt des Oberösterreichischen Landesarchivs 2002-2008.]