Überparteilich war auch die Widerstandsgruppe Orel ausgerichtet. Ihr Name bezog sich auf die russische Stadt Orjol (im Deutschen Orel genannt), die im August 1943 von der Roten Armee zurückerobert wurde. Die Wurzeln dieser Gruppe reichen aber bis in das Bürgerkriegsjahr 1934 zurück. Ursprünglich konstituierte sie sich in Urfahr und umfasste sowohl Katholiken, die mit dem damaligen Regime unter Bundeskanzler Schuschnigg nicht einverstanden waren, als auch Sozialdemokraten und Liberale. Ihre Mitglieder waren Richter, Gymnasialprofessoren und höhere Beamte. Das gemeinsame Ziel zur Zeit des nationalsozialistischen Regimes war die Wiedererrichtung eines unabhängigen Österreichs; alle verband die Ablehnung Adolf Hitlers. Mitte 1942 bildete sich die Gruppe neu rund um den Baumeister Anton Canek, der bereits seit 1939 gemeinsam mit Gleichgesinnten Flüsterpropaganda betrieben hatte. Nach eigenen Angaben nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches begann man nunmehr auch kleinere Sabotageakte in den Stickstoffwerken durchzuführen, allerdings in einer Form, die zum Schutz der Mitglieder von der Obrigkeit nicht als offene Sabotage erkannt werden konnte. Außerdem wurden Nachrichten weitergegeben, Flugzettel vervielfältigt und verteilt und Opfer des Nationalsozialismus mit Geld und Kleidung unterstützt. Einige Mitglieder waren Luftwaffenhelfer und versuchten im Dienst, den Abschuss alliierter Bomber zu vermeiden. Damit gingen sie ein großes Risiko ein. Hätte einer ihrer Vorgesetzten Verdacht geschöpft, wären sie umgehend inhaftiert worden.
Autoren: Josef Goldberger und Cornelia Sulzbacher
Aus: Goldberger, Josef - Cornelia Sulzbacher: Oberdonau. Hrsg.: Oberösterreichisches Landesarchiv (Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus 11).- Linz 2008, 256 S. [Abschlussband zum gleichnamigen Forschungsprojekt des Oberösterreichischen Landesarchivs 2002-2008.]