Gegenbewegung

Die Gegenbewegung war eine Gruppe mit Zentrum in Linz, die 1942 vom Sozialdemokraten Dr. Hans Frenzel gegründet wurde. Geeint wurden die Mitglieder aus unterschiedlichen politischen Lagern durch ihre gemeinsame Ablehnung des Nationalsozialismus. An der Spitze der Gegenbewegung stand ein neunköpfiges Leitungsgremium, dem Gruppenführer unterstellt waren. Ihnen unterstanden wiederum Untergruppenführer, die jeweils kleine Gruppen von fünf bis acht Personen leiteten. Diese kleinzellige Organisationsform sollte einen gewissen Schutz vor der Verfolgung durch die Gestapo bieten, gleichzeitig verhinderte sie aber eine schnelle Informationsweitergabe. Die Leitungsbesprechungen der Gegenbewegung fanden im Limonikeller, dem Luftschutzbefehlsstollen der Stadtverwaltung, statt und damit also in unmittelbarer Nähe zum Gegner. Unterstützung fand diese Gruppe auch bei Richard Bernaschek, der gezielt Mitglieder für sie warb.

Ziel der Gegenbewegung war es, Fremdnachrichten zu sammeln und weiterzugeben. Die Mitglieder verbreiteten Informationen über die Kriegslage, klärten Soldaten an der Front über die Verhältnisse in der Heimat auf und halfen ausländischen Arbeitskräften, Gefangenen und Deserteuren. Sie verfügten über Kontakte zur ca. 1000 Mann starken Organisation der italienischen Militärinternierten in Linz (F.G.-I.M.I.), zu einer Gruppe von 400 niederländischen Arbeitern und zu einer Gruppe von 50 sowjetischen Kriegsgefangenen. Einzelne Arbeitsgemeinschaften der Gegenbewegung waren auf bestimmte Bereiche spezialisiert. So gelang es mit Hilfe des Marktamtes, der Lebensmittelpolizei und verschiedener Gewerbetreibender, Lebensmittel als minderwertig zu deklarieren und damit Deserteure und Flüchtlinge aus Ausländerlagern zu verpflegen und die Ernährungslage von Fremdarbeitern zu verbessern. Bei Kriegsende versuchten die Mitglieder der Gruppe, die Infrastruktur von Linz zu sichern: das Gas- und Wasserwerk, die Tabakfabrik, den Schlachthof und die Nibelungenbrücke.

Autoren: Josef Goldberger und Cornelia Sulzbacher

Aus: Goldberger, Josef - Cornelia Sulzbacher: Oberdonau. Hrsg.: Oberösterreichisches Landesarchiv (Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus 11).- Linz 2008, 256 S. [Abschlussband zum gleichnamigen Forschungsprojekt des Oberösterreichischen Landesarchivs 2002-2008.]