In Kontakt zur Gruppe von Plieseis stand eine Widerstandsgruppe in Aussee, gegründet 1940 von dem ehemaligen Krankenkassenbeamten und Sozialdemokraten Albrecht Gaiswinkler, dem Gendarmerieinspektor Valentin Tarra und dem Salinenbeamten Hans Moser. Nachdem Gaiswinkler zur Wehrmacht eingezogen worden war, nahm er in Frankreich Kontakt zum französischen Widerstand auf und schloss sich den alliierten Streitkräften an. Moser wurde von einem ukrainischen Spitzel an die Gestapo verraten und starb bei einem Luftangriff 1945. Tarra blieb unentdeckt und führte die Organisation weiter.
In der Nacht vom 8. auf den 9. April 1945 sprang Gaiswinkler gemeinsam mit drei weiteren Österreichern über dem Höllengebirge ab und schlug sich nach Bad Aussee zu seiner Widerstandsgruppe durch. Der Gruppe gelang es schließlich, das Gebiet bereits sechs Tage vor Ankunft der amerikanischen Truppen von der nationalsozialistischen Herrschaft zu befreien. Anfang Mai brachten Widerstandskämpfer den nach Bad Aussee verlagerten Radiosender Wien II unter ihre Kontrolle und sendeten als Radio Freiheit Ausseerland. Das Gebiet um Aussee wurde gegen Kriegsende zum Rückzugsgebiet für hochrangige Nationalsozialisten. Mitgliedern des Widerstandes gelang es, deren Aufenthaltsorte ausfindig zu machen und an die Alliierten weiterzugeben. Außerdem überbrachten sie den anrückenden amerikanischen Truppen Informationen über die Stellungen der 6. Armee am Pötschenpass. Zu den großen Verdiensten der Widerstandskämpfer im Ausseergebiet gehört auch die Rettung kostbarer Kunstschätze aus ganz Europa, die von den Nationalsozialisten geraubt und in die Stollen von Lauffen und Altaussee eingelagert worden waren. Widerstandskämpfern und Salinenarbeitern gelang es, den Befehl von Gauleiter Eigruber zur Sprengung der Stollen zu sabotieren und den in Altaussee weilenden Chef des Reichssicherheitshauptamtes Kaltenbrunner zur Rücknahme der Befehle zu bewegen.
Autoren: Josef Goldberger und Cornelia Sulzbacher
Aus: Goldberger, Josef - Cornelia Sulzbacher: Oberdonau. Hrsg.: Oberösterreichisches Landesarchiv (Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus 11).- Linz 2008, 256 S. [Abschlussband zum gleichnamigen Forschungsprojekt des Oberösterreichischen Landesarchivs 2002-2008.]