Die Innviertler
werden zu Österreichern

1779 - Der Frieden von Teschen und die Eingliederung des Innviertels

Maria Theresia erhob nach dem Tod des letzten Wittelsbachers Anspruch auf Niederbayern. Der damals 37-jährige Joseph II. versagte bei den Bemühungen um den bayrischen Besitzkomplex dermaßen, dass Maria Theresia überlegte, in den Erblanden ihren anderen Sohn Leopold nachfolgen zu lassen. Joseph versuchte schon vor dem Tod des Kurfürsten ganz Bayern einzuziehen und verzichtete auf Verhandlungen mit Preußen.

Maria Theresia versuchte die Lage zu retten. Durch Verhandlungen mit dem Kurfürsten von der Pfalz, Karl Theodor, der auch einen Teil des Wittelsbacher Erbes wollte, ergab sich die Möglichkeit, zumindest Teile Bayerns zu bekommen. Kaum waren diese Gebiete für Österreich im Gespräch, ließ Joseph österreichische Truppen in Niederbayern einmarschieren, die Schärding und Teile des Landgerichtes Ried besetzten. Maria Theresia hielt nicht viel von dieser Militäraktion. Auch König Friedrich von Preußen war verärgert über die voreilige Besetzung. Die Verhandlungen zwischen ihm und Joseph scheiterten, es kam zu einigen kleinen Gefechten. Dann jedoch schalteten sich Frankreich und Russland als Vermittler ein. Für die Österreicher liefen die Friedensverhandlungen nicht gut, sie mussten Stück für Stück auf das begehrte Gebiet verzichten. Schließlich kam beim Friedensschluss in Teschen 1779 nur das Innviertel in Besitz der Österreicher.

Mit dem Innviertel kamen die Landgerichte Schärding, Ried, Mauerkirchen, Braunau, Mattighofen, Friedburg und Wildshut an Österreich. Damit verlor der Hausruck seine Funktion als Landesgrenze, diese war nun der Inn. Der Name „Innviertel“ stammte aus einer Denkschrift Kaiser Joseph II. vom 14. April. Da nun die paradoxe Situation eingetreten war, dass das Land ob der Enns fünf Viertel, das Hausruckviertel, das Traunviertel, das Mühlviertel, das Marchlandviertel und eben das neu dazugekommene Innviertel hatte, legte man Marchland-und Mühlviertel zum Mühlviertel zusammen.

Ob wirklich alle Untertanen von dem Anschluss an Österreich begeistert waren, ist allerdings fraglich. Noch 100 Jahre zuvor hatten die aufständischen Bauern im Spanischen Erbfolgekrieg den Österreichern zugerufen „Lieber bayrisch sterben als kaiserlich verderben!“ Und Kaiser Joseph verordnete viele Reformen, die nicht allen Untertanen recht waren. Viele erlitten durch die Landesveränderung finanzielle Verluste. Während Braunau und Schärding im Handel und Gewerbe Einbußen erlitten, gewann der Ort Ried mit seiner zentralen Lage eher durch die neue Situation. Manche jedoch wünschten sich zu Bayern zurück.

Als das Innviertel mit einem Teil des Hausruckviertels nach den Franzosenkriegen zwischen 1810 und 1816 vorübergehend wieder bayrisch wurde, gab es durchaus einige, die sich über diese „Heimkehr“ vorerst freuten.


Beschreibungen des Innviertels

... durch Kaiser Joseph und Oberst Seeger von Dürenberg


Kurz bevor Kaiser Joseph II. das Innviertel persönlich bereiste, wurde Oberst Seeger, ein Kartograph, mit der Beschreibung beauftragt. Er lieferte Kaiser Joseph nicht nur einen Bericht über die verschiedenen Landgerichte, sondern wies auch auf Missstände im neu erworbenen Gebiet hin.

Besonders die Schörgen oder Amtleute der damaligen Zeit dürften korrupt gewesen sein und die bäuerliche Bevölkerung unterdrückt haben. Sie hoben zu hohe Taxen für ihre Dienste ein, die Bauern mussten ihr Vieh mästen, sie sammelten willkürlich Hafer für ihre Pferde. Den großen Hunden, die sie mitführten, mussten die Bauern Milch und Brot geben, oft fraßen diese einen großen Laib Brot auf. Die Knechte, die sie mit sich führten, waren besonders unbeliebt. Manchmal legten sie den Bauern heimlich angebrannte Späne in den Stadel, damit der Amtmann dann Strafen verhängen konnte, wenn er diese „zufällig“ fand. Es war nämlich verboten, mit brennenden Spänen in den Stadel zu gehen. Selbst die Richter schienen die Schörgen zu fürchten.

Auch die Abgaben seien oft nicht ordentlich geregelt, meinte Seeger. Der Einrichtungskommission, die die Zustände im Innviertel regeln sollte, damit man „aus dieser ohnendlichen Verwirrung“ komme, werde es „ohnendliche Mühe machen, ja es wird schwer seyn, die zerstreute- und in Gebüschen- und zwischen lauter Bäumen verdeckt liegenden- Bauernhöfe alle zu finden;…

Während man, wie Seeger anmerkt, in anderen Vierteln Wein oder Most trinke, trinke der Innviertler Bier, weil auf dem Wein hohe Steuern liegen: „… so liebet er das starke bittere Bier, derohalben sich der Brauer unterschiedenen Kräutern und Künsten[…] bedienet, es bitter, stark und abtreibend zu machen, welches dem Menschen, männl. und weibl. Geschlechtes, in der Generation schädlich fallen kann. Wenigstens ist es so bitter, und hat einen so ohnangenehmen Geschmack, dass es demjenigen, der es nicht gewohnt ist, fast ohnmöglich zu trinken fället, und die Leuthe ganz taumelich und faul machet.

Wie das Bier kommen auch die Innviertler selbst in der Beschreibung nicht gut weg:
Das Volk (worunter viele wohlgewachsene, diensttaugliche Manns Persohnen gefunden werden), scheinet von gutem Willen, treuherzigem Gemüthe und sehr willig, aber einfältig, und tumm zu seyn, ohnfehlbar, weilen wenige Schulen auf dem Lande gefunden werden, und alle Bauern sehr weit von ihren Kirchen entfernt ligen, ja viele Pfarrer selbsten nicht bey ihrer Pfarr Kirchen, sondern auf einem davon entfernten Hofe wohnen.

Schon kurz danach überzeugte sich Kaiser Joseph selbst auf einer Reise von den Zuständen im Innviertel. Von Schärding aus schrieb er an seine Mutter Maria Theresia über seine Einschätzung des neuen Gebietes:
Wenn man an das denkt, was uns hätte gelingen können, so ist die Sache freilich nur gering. An und für sich ist dieser Landstrich schön und für Oberösterreich ungemein passend. Er wird doch fast 80.000 Einwohner besitzen und sein Erträgnis kann auf eine halbe Million veranschlagt werden. Die Leute scheinen außer einiger Gutsherren und Amtmännern zufrieden und guten Willens. Die Unordnung die hier herrscht…. übertrifft alle Begriffe.

Nach seiner Ankunft in Linz schrieb er an Maria Theresia:
Ich bin sehr erfreut, dieses Land gesehen, und glaube, keinen üblen Eindruck auf dessen Bewohner hervorgebracht zu haben… Sie waren doch von dem Unterschiede frappiert, dass, nachdem sie fast durch vierzig Jahre dem Kurfürsten gehört hatten, er niemals nur wenige Stunden weit kam, um sie zu sehen, während ich kaum sechs Monate, nachdem sie österreichisches Erbland geworden, sie besuchte, um mich von ihren Verhältnissen zu unterrichten.

Autoren: Irene und Christian Keller, 2012
 

Der Hausruck als Grenze. Landler/Bandler - Innviertler/Rindviertler - Dokumentation zur Ausstellung im Kulturgut Hausruck und Schloss Starhemberg, in Kooperation mit der OÖ. Landesausstellung 2012.