Die politischen Parteien
in Marchtrenk

Jene Menschen, die über das Gestern mehr wissen, verstehen dadurch das Heute und können deshalb möglicherweise auf die Zukunft Einfluss nehmen, um manches zu vermeiden oder zum Besseren zu verändern.

Selbstverständlich hat das Kaiserhaus, der Reichsrat, haben die Bundes- und Landesregierungen, die Bezirkshauptmannschaft und die katholische Kirche das Leben der Marchtrenker beeinflusst. Beispielhaft seien hier die Steuergesetzgebung und die Sozialgesetze angeführt.

Das Ersuchen von den Nachkommen der lokalen Politiker (Bürgermeister, Gemeindevertreter, etc.) Unterlagen über die Zeit von 1900–1938 zu erhalten ging ins Leere. Es müssten bei bekannten Marchtrenker Familien Unterlagen, (Ehren-)Urkunden und vor allem Fotos vorhanden sein. Auch bei den 1946 neu gegründeten Nachfolgeparteien dürfte wenig bis gar kein Material vorhanden sein.

Der Museumsverein wird daran bleiben. Vielleicht meldet sich wer?

Wir behandeln hier die Entwicklung der Christlichsozialen und der Sozialdemokraten. Auf die NSDAP wird in einem eigenen Kapitel eingegangen.

1901
wird vom Gemeindeausschuss eine Petition betreffs Einführung einer Alters- und Invaliditätsversicherung, sowie einer Witwen- und Waisenversorgung für Arbeiter und Bauern unterzeichnet.

1903
Erste Volksversammlung in Marchtrenk. „Gegen Wehrvorlage und Zolltarife“. Genosse Skaret aus Wien. „Der Pfarrer, der alles getan hatte um die Versammlung zu verhindern, der durch Gassenbuben die Plakate herunterreißen ließ…“.

1907
Der katholische Arbeiterverein Marchtrenk wird gegründet.

1919
wird im „Tagblatt“ Kooperator Grießer als „Hetzkaplan“ bezeichnet. Siehe auch Pfarrchronik.

1919
Gemeinsame Wählerversammlung von Oberösterreichischem Bauernverein und Deutscher Volkspartei.

1923
am 8. September Versammlung der Sozialdemokraten „Nie wieder Krieg“ mit 650 Teilnehmern. Sie sind gegen das Kriegerdenkmal.

1923
Das Kriegerdenkmal wird am 9. September feierlich enthüllt. Die „Arbeiterzeitung“ schreibt von einem „Denkmalrummel.“

1928
Manöver der Heimwehr in Marchtrenk.

1929
Der Deutsch-völkische Turnverein erhält vor der Schule ein Grundstück für ein (Turnvater) Jahn-Denkmal. Auflage des Bürgermeisters: Keine politischen Formationen!

1930
Maifeier mit 280 Teilnehmern. Arbeitergesangsverein und Arbeiterturner.

1930
Feierliche Enthüllung des Bauernkriegsdenkmals am 18. Mai.

1930
Geländeübung der Welser Heimwehr in Marchtrenk. Radfahrer überfallen.

1930
Wimpelfeier der Heimwehrortsgruppe Machtrenk. Feldmesse auf der Fischerwiese. Heimwehrabteilungen kommen zu Pferd und zu Fuß. Landesführer Starhemberg nimmt teil.

1931
Rauferei zwischen Mitgliedern der Heimwehr und sozialdemokratischen Radfahrern des Vereins „Vorwärts“. Weiterer ähnlicher Vorfall.

1931 und 1932
treten mehrere Mitglieder der Sozialdemokraten aus dem Gemeindeausschuss aus.

1933
große Waffenfunde und von Sprengmitteln bei Schutzbündlern in der Welser Heide.

1934
Beginn des Bürgerkriegs in Linz. Ortschronik: „Vom 13. – 16.2. war die Schule Marchtrenk zur Sicherheit der Schulkinder geschlossen. Im ganzen Bezirk kam es dank des energischen Durchgreifens des Bezirkshauptmannes Witt von Döring zu keinerlei revolutionären Aktionen.

1934
Schnell nach Ende der Februarkämpfe organisierte sich in Wels eine sozialdemokratische Widerstandsgruppe. Wels wurde Zentrum der Revolutionären Sozialisten Oberösterreichs. Landesleiter Karl Mischka hatte 1935 auch in Marchtrenk eine Bezirksleitung eingesetzt.

1934
Vaterländische Kundgebung. Eine Dollfuss-Büste wird enthüllt und im Schulhaus aufgestellt. Künstler: Josef Asböck. 1.500 Teilnehmer. Festumzug. Später wird auch beim Kriegerdenkmal ein Dollfuss-Relief enthüllt und eingeweiht.

1934
werden drei Marchtrenker Mitglieder der aufgelösten sozialdemokratischen Partei vom Bezirksgericht Wels wegen der Übertretung des Waffenpatents angeklagt. Sie besaßen 2 Militärgewehre und Munition. Jeder erhielt 8 Tage Arrest und musste die Kosten des Strafverfahrens tragen.

1934
wird der Gemeindetag gewählt. Die Vertreter der Industrie und ihre Ersatzmänner treten zurück.

1936
schlägt das sozialdemokratische Mitglied des Gemeindeausschusses ein Komitee aus Gewerkschaftsbund, Mitgliedern der Vaterländischen Front und der Gemeinde vor, zum Zwecke der Arbeitsbeschaffung und –aufteilung. Bürgermeister verweist auf Gewerkschaftsbund allein.

1936
Sammlung für eine Flugstaffel. Nach dem I. Weltkrieg durfte Österreich nur ein sehr kleines Heer haben. Aufrüstung sollte im Geheimen erfolgen. Der Gemeinderat kannte sich nicht aus.

Text: Reinhard Gantner, 2018

Marchtrenk 1900-1938. Ein kleines Dorf in schwerer Zeit - Dokumentation einer Ausstellung des Museumsvereins Marchtrenk - Welser Heide vom 20. bis 28. Oktober 2018 im Full Haus Marchtrenk.