Die Wahlen
Die Bürgermeister

Wahlsystem in der Monarchie

Um das Wahlsystem in der Monarchie besser zu verstehen, beginnen wir mit der „Reichs- und Landesvertretung Oberösterreichs“ im Jahre 1900.

I. Der Reichsrat
Der österreichische Reichsrat besteht aus 425 Abgeordneten. Das Kronland Oberösterreich ist in demselben durch 20 Abgeordnete vertreten und zwar entsendet Großgrundbesitz 3, die Städte und Industrieorte 6, die Landgemeinden 7, die Handelskammer 1 und die allgemeine Wählerklasse 3.

II. Der Landtag
Der oberösterreichische Landtag zählt 50 Mitglieder: Der Hochwürdigste Herr Bischof ist als solcher Mitglied; der große Grundbesitz wählt 10, die Städte und Industrieorte wählen 17, die Handelskammer wählt 3 und die Landgemeinden wählen 19 Abgeordnete.

III. Landesausschuss
Landeshauptmann Dr. Alfred Ebenhoch, Linz, sowie die Mitglieder des Landesausschusses.

IV. Gemeinden
Auf Gemeindeebene wurden die Wähler, je nach der Steuerleistung, in drei Wahlkörper gegliedert. Der erste und zweite Wahlkörper wurde mit nur wenigen Stimmen beherrscht. Der dritte Wahlkörper war für die Kleinlandwirte und die kleinen Gewerbetreibenden vorgesehen. Der Gemeindevorstand war der Bürgermeister, die Gemeinderäte entsprechen dem Gemeindevorstand bzw. dem Stadtrat heute, die Mitglieder des Gemeindeausschusses entsprechen den heutigen Gemeinderäten.

1900
Am 10. August 1900 ist die erste Gemeindeausschuss-Sitzung.
Gegenwärtige: Ernst Becker, Vorsitzender.
Gemeinderäte: Josef Ranzmaier, Martin Aigner, Michael Mair, Josef Bergmann, sowie 8 Mitglieder des Gemeindeausschusses und zwei Ersatzmänner.
Es werden gebildet der Armenrat, der Ortsschulrat, das Vermittlungsamt, Straßenkommissäre, Kassier, Rechnungsrevisoren, Quartiermeister, usw.

1906
Am 22. Juli ist die 1. Gemeindeausschuss-Sitzung.
Gegenwärtige: Josef Ranzmeier, Vorsitzender.
Gemeinderäte: Dr. Josef Holzhey, Ignaz Huber, Martin Mair, Ernst Becker, sowie 11 Mitglieder des Gemeindeausschusses.
Es werden wieder Ausschüsse gebildet.
Neu: Wahl der Viehbeschauer.

1912
Am 24. Jänner wurde die Gemeindevertretung gewählt.
Josef Ranzmeier, Gemeindevorstand.
Gemeinderäte: Martin Aigner, Dr. Josef Holzhey, Ernst Becker, Ignaz Huber.
Der Gemeindeausschuss umfasste 13 Mitglieder.

1918
Mit dem Zusammenbruch der Monarchie im Jahr 1918 war der Weg frei für einen demokratischen Neubeginn. Ein besonderer Fortschritt war, dass am 12. November 1918 das Wahlrecht auf Frauen ausgedehnt wurde.

1919
In Wien hatte sich unter Führung von Dr. Karl Renner eine demokratische Regierung gebildet und es wurden in der Folge auch die Landesregierungen und die Gemeinden demokratisch ergänzt. In Marchtrenk wurden 8 Vertreter der Arbeiterschaft aus drei politischen Parteien dem noch bestehenden Gemeindeausschuss zugeteilt. Der Soldatenrat des Lagers verlangte zwar energisch Sitz und Stimme im Gemeindeausschuss, was aber als gesetzlich nicht begründet, abgewiesen wurde.
Am 14. Jänner 1919 wurde in Anwesenheit des Bezirkshauptmannes die Angelobung des Gemeinderates auf den „Deutsch-österreichischen Staat“ durchgeführt.
Anwesend waren: Josef Ranzmeier, Gemeindevorstand.
Gemeinderäte: Dr. Holzhey, Ernst Becker und Ignaz Huber.
Ebenso 19 Gemeindeausschussmitglieder. Der Sozialdemokrat Andreas Scherney wurde zum 5. Gemeinderat gewählt.
Am 3. Mai legte Josef Ranzmeier nach 37jähriger Tätigkeit sein Amt nieder.
Am 10. Juni wurden in der konstituierenden Sitzung gewählt:
Bürgermeister Dr. Josef Holzhey, Vizebürgermeister Ignaz Huber und Andreas Scherney.
Gemeinderäte: Ernst Becker, Josef Asböck und Johann Hamader.
Erstmals wird eine Frau (Elise Mattl) Mitglied im Gemeindeausschuss.
Ausschüsse: Armenrat, Ortsschulrat, Straßenausschuss, Sanitätskommission, Approvisionierungsausschuss.

1924
Am 24. April legt der Gemeindevorstand Dr. Holzhey sein Amt aus gesundheitlichen Gründen nieder.
Am 10. Mai war die 1. Sitzung des Gemeinderates.
Bürgermeister: Ignaz Huber, Vizebürgermeister Josef Asböck und Andreas Scherney.
Gemeinderäte: Franz Bittermann, Ernst Becker, Johann Hamader.
Neu war der Wohnungsausschuss.
Am 22.12. wurde auf Grund des Bundesgesetzes 413 ein neuer Ortsschulrat konstituiert. Der Ortsschulinspektor wurde durch sechs Vertreter der politischen Parteien abgelöst.

1928
Am 17. März 1928 nahm erstmalig eine Frau (Theresia Zauner) an einer GR-Sitzung teil.

1929
Am 2. Mai war die konstituierende Sitzung.
Bürgermeister: Ignaz Huber, Vizebürgermeister Josef Asböck und Josef Scherney. GR: Franz Bittermann, Johann Hamader, Ernst Becker.
Es gab eine Einheitsliste und die Sozialdemokratische Partei. Gemeindeausschuss-Mitglied Marian von der NSDAP wurde in einen Unterausschuss gewählt. Er lehnte unter Hinweis auf die Wahlordnung ab.

1919
wurde der Straßenausschuss von 10 auf 14 Mitglieder erweitert.
Die vier Sitze fielen den Sozialisten zu.

1934
am 21. April wurde den Gemeinderäten vom Bürgermeister Asböck mitgeteilt, dass er ab nun als Regierungskommissionär amtieren müsse. Ihm beigeordnet war der Gemeindebeirat. Anwesend waren dann Franz Bittermann, Oberlehrer Josef Munsch, Karl Dallinger, Karl Wimmer, Josef Rieder und Franz Aigner.
Weiteres berichtete er über die Auflösung der Sozialdemokratischen Partei und dass er den Gemeindeausschuss in Marchtrenk auflösen müsse, da dieser beschlussunfähig geworden ist.

1937
Am 10. Juni wurden auf Grund eines Erlasses der Landesregierung vom 20.5. drei Herren als Arbeitnehmervertreter in den Gemeindetag berufen.
Am 11. Dezember starb im 74. Lebensjahr der Altbürgermeister Ignaz Huber. Zwei Tage später wurde der Enkel aus dem fahrenden Zug geschleudert, wo er dann tot liegen blieb. Großvater und Enkel wurden am selben Tag zu Grabe getragen.

1938
Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich am 13. März 1938 und der damit verbundenen Eingliederung unseres Heimatlandes Österreich als „Ostmark“ in das Deutsche Reich, kam es wie in allen übrigen Orten zu einer völligen Neubesetzung der Gemeindevertretung. Der Gemeindetag wurde aufgelöst. Herr Hans Becker war – aus Verantwortung für die Gemeinde - in den ersten 3 Tagen provisorischer Bürgermeister in Marchtrenk. Es folgte als Bürgermeister: Franz Rathmoser, Gemeinderäte: Dr. Hans Holzhey, Hans Becker, Hans Göschl, Hans Aigner, Josef Eiselberger, Josef Wiesleitner.
Am 20. Oktober trat der neue Gemeindetag zusammen.
Bürgermeister: Franz Rathmoser, Beigeordnete: Dr. Hans Holzhey, Martin Aigner, August Eiselberger. 9 Gemeinderäte.

Text: Reinhard Gantner, 2018

Marchtrenk 1900-1938. Ein kleines Dorf in schwerer Zeit - Dokumentation einer Ausstellung des Museumsvereins Marchtrenk - Welser Heide vom 20. bis 28. Oktober 2018 im Full Haus Marchtrenk.