Das von Diego Francesco Carlone in den Jahren 1707-1709 gestaltete prachtvolle Ambulatorium, das bei der Errichtung als „Recreations-Zimmer“ gedacht war, wird vom Deckenfresko eines unbekannten Künstlers mit der feurigen Himmelfahrt des Propheten Elias dominiert, die im Sonnenwagen der griechischen Mythologie eine Parallele hat.
In der christlichen Deutung des Motivs werden die als Schimmel dargestellten Pferde mit Gott und der Kirche gleichgesetzt.
Die übrigen Reliefs und Deckengemälde haben ebenfalls Ereignisse aus dem Alten Testament zum Inhalt, im Osten Jakobs Traum, im Westen das Dankopfer Noahs, an der Nordseite unter anderem den Turmbau zu Babel und an der Südseite drei heroische Szenen:
Moses lässt das Rote Meer sich über dem durchziehenden Heer des Pharao wieder schließen, Josua gebietet der Sonne stille zu stehen und Simson erschlägt mit dem Kinnbacken eines Esels die Philister.
Das Pferd im Christentum
Das Neue Testament schätzt den Esel mehr als die Pferde. Als unkriegerisches Tier ist er Ausdruck der Friedensbotschaft Christi. In den vier Evangelien kommen kein einziges Mal Pferde vor, Esel hingegen zwölfmal. Im Alten Testament war das anders. Hier werden Pferde 94mal erwähnt, meist im Zusammenhang mit Erfolgen des Volkes Israel über seine Feinde. Doch nur ganz selten werden ihre Eigenschaften so positiv hervorgehoben wie im Buch Hiob. Erst in der deutlich später als die Evangelien entstandenen Geheimen Offenbarung taucht mit den vier Apokalyptischen Reitern das Motiv der himmlischen Reiter wieder auf.
Pferde sind teuer. Daher sind sie Statussymbole hochgestellter und ritterlicher Heiliger: der Heiligen Drei Könige oder der Heiligen Leopold, Eustachius, Georg, Florian und Martin. Sie als Reiter darzustellen, charakterisiert ihren adeligen oder fürstlichen Rang. Pferde sind auch krankheitsanfällig. Es gibt daher eine Vielzahl von Heiligen, die man in Pferdeangelegenheiten anrufen kann: Stephan, Leonhard, Eligius, Eustachius, Georg, Martin oder Leopold, zu deren Ehre bis heute auch Pferdewallfahrten veranstaltet werden.
Der Palmesel
Christus reitet nicht auf einem Pferd, sondern auf einem Esel. Unseres Herrgotts Pferd nannte Hans Sachs daher den Esel: Beim Einzug Christi in Jerusalem, aber auch in der Legendenbildung rund um das Weihnachtsevangelium im Stall zu Bethlehem und auf der Flucht nach Ägypten kommen Esel und nicht Pferde vor. Die Palmprozession wurde früher gern mit lebendigen Eseln oder einem hölzernen Christus hoch auf dem Esel nachgestellt. Das wurde zur Zeit der Aufklärung als ungebührliche Darstellung Christi verboten. Die Gegenüberstellung des armen, auf einem Esel reitenden Heilands mit dem auf einem prunkvollen Pferd daherkommenden Papst wurde auch von der Reformation im 16. Jahrhundert bis zum Kulturkampf des 19. Jahrhunderts zu einem beliebten Motiv der Papst- und Kirchenkritik.
Das Goldene Rössl
In weiten Teilen Oberösterreichs, im Innviertel, Sauwald oder Mühlviertel, war zu Ende des 19. Jahrhunderts vom Christkind noch keine Rede. Zu Weihnachten kam das „Goldene Rössl“, flog über die Dächer und schüttete seine damals noch recht kargen Geschenke aus. Es ist seit dem Spätmittelalter im bayerisch-österreichischen Raum als Gabenbringer belegt. Natürlich könnte man an alte Mythen von der Wilden Jagd als Ursprung denken, aber auch an das berühmte Wahrzeichen des Wallfahrtsortes Altötting, das „Goldene Rössl“, das 1404 in Paris gefertigt wurde und seit 1506 in der Altöttinger Schatzkammer verwahrt ist: ein Weihnachtsvotivbild mit Maria und dem Kind und dem darunter wartenden, alle Blicke auf sich ziehenden weißen, goldgeschirrten Pferd. Ein „Goldenes Rössl“ gibt es auch im Salzburger Kloster Nonnberg. Das hier ausgestellte „Rössl“ stammt aus dem Böhmerwald und wird im Passauer Oberhausmuseum verwahrt.
Autor: Roman Sandgruber, 2016
Mensch & Pferd - Kult und Leidenschaft - Dokumentation zur OÖ Landesausstellung 2016, 29. April bis 6. November 2016 im Stift Lambach.