Die Große Bibliothek
Der auffällig niedrige Große Bibliothekssaal, der ursprünglich offenbar über zwei Geschoße hinweg geplant war, ist über die ganze Decke hinweg mit teils in Freskotechnik (Melchior Steidl), teils in Ölfarben (Michael Wenzel Halbax nahestehend) gemalten Bildern gestaltet. Pferde gehören zum Genius loci des Saales, dessen Ausbau von Abt Severin Blaß (1651-1703) betrieben wurde. An der Westseite des Bibliothekssaales wie an zahlreichen anderen Monumenten (Hauptportal, Barockbrunnen im Innenhof, Taufbecken in der Stiftskirche) ist sein Pferdewappen angebracht. Eine beachtenswerte Kunsttischlerarbeit ist das mit prächtigen Einlegearbeiten geschmückte Bücher-Drehpult, das als Unterbau einen Schreibtisch hat. Es ist ein Unikat aus 1730 und trägt das Stifts-, Konvent- und Personalwappen des Abtes Gotthard I. Haslinger (1725-1735).
Dichtung und Musik
Pferd und Reiter sind ein unerschöpfliches Thema von Dichtung und Musik, auch in Oberösterreich: Von der mittelhochdeutschen Versnovelle Meier Helmbrecht, der mit einem Pferd zum Raubritter wird, über Adalbert Stifters Witiko, wo der Held und sein Pferd das eigentliche Thema sind, bis zu Richard Billingers „Rosse“, wo die Hauptfigur, der „Pferdeknecht Franz“ am unaufhaltsamen Schwinden der bäuerlichen Welt zerbricht.
Die Masse der Pferdegeschichten sind Gebrauchsware. In den Romanen und Reiseschilderungen Karl Mays spielen Araberpferde und Mustangs eine zentrale Rolle: Rih, Iltschi (jeweils „Wind“) und Hatatitla („Blitz“) sind die berühmten Namen. Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf mit dem namenloser Apfelschimmel wurde weltberühmt. Wenige Jahre nach Lindgrens Pippi erscheint der erste Band der dann weiter geführten Gulla-Serie. Mit Fury, also mit den frühen 1960er-Jahren, beginnt die Konjunktur des eigentlichen Pferdebuches, wie es heute ganze Regale in Buchhandlungen und Leihbüchereien füllt.
Chris Pichler liest eine kleine Auswahl berühmter Pferdetexte, in einem Wurlitzer werden Pferde-Musikwünsche erfüllt.
Pferdebibliotheken
Die mit prächtigen Reitersiegeln beglaubigten Urkunden erinnern an die bis in die Zeit der Babenberger und frühen Habsburger zurückreichende Stifts-, Markt- und Landesgeschichte. Hippologische Bücher sind ein Schatz jeder Bibliothek. Neben anatomischen und reitkundlichen Lehrbüchern aus dem Bestand der Bibliothek der Veterinärmedizinischen Universität Wien, die 1765 als Lehrschule zur Heilung von Militärpferden begründet wurde, sowie einigen graphischen Zimelien aus dem Benediktinerstift Sankt Paul im Lavanttal wird ein Querschnitt aus der hauseigenen Pferdeliteratur und Pferdegraphik des Benediktinerstiftes Lambach präsentiert: Neben biblischen Illustrationen sind vor allem Graphikbände zu nennen, die dem Bestand der Zeichenschule im Benediktinerstift Lambach angehören, die von Pater Koloman Fellner (1750-1818), einem Schüler des Kremser Schmidt und Verbreiter der lithographischen Technik Alois Senefelders, gegründet wurde. Pferde spielen auch im graphischen Werk von Alfred Kubin eine ganz besondere Rolle.
Reitersiegel
Reitersiegel, die den zum Führen des betreffenden Siegels Berechtigten als Reiter zu Pferde abbilden bzw. darstellen, sind seit dem 11. Jahrhundert bekannt; zuerst in Frankreich und England, bald auch innerhalb des römisch-deutschen Reiches. Im österreichischen Raum sind die Siegel des Herzogs Heinrich III. von Kärnten von 1103 und des Markgrafen Leopold III. von Österreich von 1115 frühe erhaltene Beispiele.
Besonders die Reitersiegel des österreichischen Herzogs Rudolf IV. (1358–1365) erreichten eine Qualität, die sie zu Gipfelleistungen nicht nur „in der heimatlichen Reitersiegelkunst, gewiss was die Lebendigkeit der gotischen Darstellung eines sprengenden Pferdes betrifft“.
Autor: Roman Sandgruber, 2016
Mensch & Pferd - Kult und Leidenschaft - Dokumentation zur OÖ Landesausstellung 2016, 29. April bis 6. November 2016 im Stift Lambach.