Das Pferdefleischtabu
Pferde waren über viele Jahrtausende hinweg für die Menschen begehrte Beutetiere und Fleischlieferanten. Manche Forscher vermuten, dass sie wie in Amerika auch in Europa und Asien nach der letzten Eiszeit ausgerottet worden wären, wenn sie nicht vor vier- bis sechstausend Jahren für die Kriegsführung, Fortbewegung und Arbeit so nützlich und wichtig geworden wären.
Heute wird Pferdefleisch in vielen Regionen und von vielen Menschen abgelehnt, am stärksten im Pferdeland USA. Aber nahezu alle Menschen, die sich vor Pferdefleisch ekeln, haben es nie gegessen. Wie, wo und warum Tabuisierungen entstanden sind, etwa für Schweinefleisch in Judentum und Islam, für Rindfleisch im Hinduismus, für Hunde, Katzen und teilweise eben auch für Pferdefleisch im christlich-westlichen Kulturkreis, ist schwer zu erklären. Es gibt ökologische, ökonomische und sozialpsychologische Antworten: Pferde waren viel zu wichtig, um sie als Fleischlieferanten zu füttern. Pferde waren und sind Statussymbole. Doch passt es dann, sie zu Hunde- und Katzenfutter zu verarbeiten? Rationale Erklärungen sind gerade bei Tabus besonders schwierig.
Autor: Roman Sandgruber, 2016
Mensch & Pferd - Kult und Leidenschaft - Dokumentation zur OÖ Landesausstellung 2016, 29. April bis 6. November 2016 im Stift Lambach.