Das Sommerrefektorium
Pferd und Reiter

Das Sommerrefektorium

Das im frühen 18. Jahrhundert unter Abt Maximilian Pagl von Carlo Antonio Carlone ausgestaltete Sommerrefektorium ist einer der repräsentativsten Räume des Stiftes Lambach. Sämtliche Stuckarbeiten stammen von Diego Francesco Carlone. Die Decken- und Wandgemälde von Wolfgang Andreas Heindl bringen Szenen des Alten und Neuen Testaments: Jesus an der Tafel der Pharisäer, das vom Himmel regnende Manna, Moses schlägt Wasser aus dem Felsen, Jesus wird nach der Versuchung von Engeln gelabt.

Die Lesekanzel mit zweiseitigem Aufgang ist eine Arbeit des Ennser Tischlers Balthasar Melber.

Europas wichtigstes Attribut bei den in der Frühneuzeit beliebten Erdteil-Allegorien ist das Pferd: als Zeugnis seiner Bedeutung für diesen Kontinent, aber auch als Ausdruck des Eigenverständnisses der Vorherrschaft über alle anderen Erdteile. Die an den vier Ecken des zentralen Deckenfreskos in Grisaillemalerei widergegebenen Erdteilallegorien kehren im Konventhof als Erdteilputten mit ähnlichen Attributen wieder.


Regieren ist Reiten – Reiten ist Herrschaft

Die Verbindung von Pferd und Reiter ist eines der ältesten und langlebigsten Symbole von Macht und Herrschaft. Der mittelalterliche König ist ohne sein Pferd nicht König: "Mein Königreich für ein Pferd!", ruft Richard III. bei Shakespeare.
Viergespanne und Reiterstandbilder kennzeichnen die Herrscher der Antike. Hoch zu Ross erscheinen die mittelalterlichen Ritter und Fürsten. Auch für die chinesische Kultur war das Pferd Ausdruck höchster Macht. Und unter europäischem Einfluss übernahmen auch die westafrikanischen Königreiche der Frühneuzeit das Statussymbol Pferd.

Nicht nur der technische Fortschritt, sondern auch die demokratischen Reformen haben dem Pferd als Herrschaftssymbol zugesetzt. Im 20. Jahrhundert sind die jahrtausendealten traditionellen Aufgaben und Rollen des Pferdes verloren gegangen. Anton Lehmdens „Zerfallendes Pferd“ symbolisiert diesen Bedeutungsverlust. Das königliche Tier ist es dennoch geblieben, wenn auch auf demokratischem Boden und nunmehr für viele erschwinglich und zugänglich.


Reiterstandbilder

Die Städte der Antike muss man sich voller Reiterstandbilder denken, überwiegend von Kaisern, aber auch von erfolgreichen Heerführern und Honoratioren. Mit dem Ende des römischen Weltreiches wurden diese Monumente, wenn sie aus Metall waren, eingeschmolzen. Nur ein einziges kaiserliches Reiterdenkmal ist vollständig erhalten geblieben, jenes des Marc Aurel auf dem römischen Kapitol, weil man es fälschlich für eine Darstellung des ersten christlichen Kaisers Konstantin hielt.

Von den italienischen Renaissancefürsten und Söldnerführern wurde die antike Tradition des Reiterstandbilds in Italien wieder aufgegriffen, in Ferrara, Florenz, Neapel, Mailand, Piacenza, Sabbioneta und Turin. Im Absolutismus entstanden Denkmäler nicht nur in Paris, Versailles, Nancy und anderen französischen Residenzen, sondern auch in Wien, Kopenhagen, Lissabon, Madrid und Sankt Petersburg. Etienne-Maurice Falconets Standbild für Peter den Großen ist Richtungsweisend geworden. Fast immer waren es die Männer, die so repräsentierten. Zu den wenigen Ausnahmen zählen Maria Theresia oder die englische Königin Victoria, allerdings im Kabinettformat.

Autor: Roman Sandgruber, 2016

Mensch & Pferd - Kult und Leidenschaft - Dokumentation zur OÖ Landesausstellung 2016, 29. April bis 6. November 2016 im Stift Lambach.