Musik in Freistadt

Während unser Leben heute durch die Mittel der Technik in ihren verschiedenen Ausdrucksformen überflutet wird, war das ausgehende 19 Jhdt. so wie alle Jahrhunderte vorher noch nicht so voll Musik. Wer Musik hören wollte, war auf sich selbst oder auf die Gunst der Stunde angewiesen.

Nur ab und zu erklang in den engen Gassen Marschmusik, wenn die Musikkapelle zu feierlichen Anlässen ausrückte, um die festliche Umrahmung zu besorgen. Nur ab und zu erklang in der Kirche feierliche Musik. Und selbst die lustige Tanzmusik mit den bekannten Volksweisen war auf bestimmte Wochen und Ereignisse des Jahres beschränkt. Und eine Kleinstadt wie Freistadt mit nicht einmal 3000 Einwohnern unterlag voll und ganz diesem Gesetz musikalischer Sparsamkeit. Die Bewohner waren auf ihre eigene Leistungsfähigkeit und ihren Leistungswillen angewiesen. Viel mehr als in der heutigen Zeit hing das Musikleben davon ab, ob die Menschen für diese kulturelle Aufgabe und Arbeit bereit waren und ob Männer zur Verfügung standen, die sich um die Organisation der Musik kümmerten und die nötige Begabung besaßen.

In Freistadt gab es im 19. Jhdt. - sehen wir von der Hausmusik ab - nur wenige feste Orte musikalischer Betätigung: die Schulen mit ihrem Gesangsunterricht und die Kirchen mit ihren Orgeln: die Stadtpfarrkirche mit der Barockorgel des Passauer Orgelbauers Leopold Freundt aus 1705, umgebaut zu einer romantischen Orgel 1903, und die Orgel in der Frauenkirche. Seit dem ausgehenden Mittelalter bestimmte der Stadtorganist und regens chori mit seinem Orgelspiel, mit der musikalischen Betreuung der Gottesdienste und mit der Aufführung entsprechender Musikstücke und lateinischer Messen mit dem Kirchenchor das musikalische Geschehen in der Stadt. Weit mehr als heute war die Kirche damals neben ihrer religiösen Aufgabe auch bedeutsam für die Ausübung der Musik. Die benötigten Musiker, vor allem Streicher und Bläser, mußte sich der Stadtorganist oder Stadtmusikus im Privatunterricht selbst heranbilden; die Entschädigung für diese Privatstunden lieferte einen Teil seiner meistens ohnehin recht kümmerlichen Einkünfte. Aus den Jahresberichten des Gymnasiums (seit 1870) wissen wir von einem erfreulichen hohen Leistungsstand der Kirchenmusik in der Stadtpfarrkirche und dürfen daher annehmen, dass es auch in den vorangegangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten so ähnlich gewesen sein dürfte.

Autor: Othmar Rappersberger, 2017

 

Freistädter Komponisten - Dokumentation zur Ausstellung im Mühlviertler Schlossmuseum Freistadt vom 24. Juni bis 26. Oktober 2017.