Biogas

Know-how für die Anwendung von Biogas

Im Frühjahr 2005 ging im oberösterreichischen Pucking die erste Biogasanlage Österreichs in Betrieb, die gereinigtes Biogas in das Erdgasnetz einspeist. Das international viel beachtete Projekt der OÖ. Ferngas-Tochter erdgas oö. brachte dem Unternehmen unter anderem den Energy Globe World Award 2005 in Vancouver ein.

Erste Versuche zur energetischen Nutzung von Biogas (in Form von Sumpfgas) unternahm bereits der italienische Physiker und Naturforscher Alessandro Volta im Jahr 1776. Die Biogas-Idee selbst ist also keineswegs neu. Und auch die technische Weiterentwicklung derselben erfolgte – wenn auch mit den für „unzeitgemäße“ Innovationen oft typischen Verzögerungen – im 19. und 20. Jahrhundert durchaus kontinuierlich. Spätestens seit der Jahrtausendwende sind Biogasanlagen in Österreich – u. a. aufgrund des Ökostromgesetzes, aber auch aufgrund der jüngsten Klimaschutzdiskussionen – wieder hochaktuell. Dennoch birgt die Nutzung von Biogas bis dato einige wesentliche Einschränkungen – sowohl wirtschaftlich als auch in der Auswahl der bislang möglichen Anlagenstandorte. Das Projekt „Biogaseinspeisung ins Erdgasnetz“ bietet in diesem Zusammenhang eine echte Innovationsleistung für die Zukunftsfähigkeit der knapp 230 Jahre alten Biogas-Idee, und ist möglicherweise sogar geeignet, die Ökoenergienutzung in Österreich zu revolutionieren.

Herkömmliche Biogasanlagen können das beim anaeroben Abbau organischer Stoffe entstehende Rohgas nur am Standort der Biogasgewinnung nutzen – üblich ist in diesem Zusammenhang die (Öko-)Stromerzeugung. Die bei der Stromproduktion durch den Generator entstehende Abwärme wird dabei meist bereits nur mehr zur Beheizung des Gärbehälters bei kühlen Außentemperaturen oder aber zur Beheizung des angrenzenden landwirtschaftlichen Betriebsgebäudes genutzt. Und so lange der Energieverbrauch identisch ist mit dem Ausmaß und dem Standort der Energiegewinnung ist dieses Konzept auch nach wie vor als sinnvoll zu bewerten.

Problematisch wird das Thema Biogasnutzung allerdings, sobald es darum geht, Strom- oder Wärmeüberschüsse, die nicht vor Ort gebraucht werden ohne Energieverluste zu transportieren oder aber Energieverbraucher, die nicht in landwirtschaftlichen Umfeldern situiert sind, ebenfalls mit dieser ökologisch wertvollen Energie zu versorgen. Bislang scheiterte eine sinnvolle Lösung dieses Problems u. a. an den enormen Kosten einer eigenen Biogas-Infrastruktur und -Gerätetechnologie. Denn Roh-Biogas enthält zwar die gleiche energetische Hauptkomponente wie Erdgas, nämlich Methan – aber in sehr viel geringerer Konzentration und dazu noch vermischt mit einer Vielzahl anderer – für herkömmliche gasbetriebene Technologien problematischer – Begleitstoffe.

Die Veredelung von Biogas auf Erdgasqualität und Einspeisung in das bestehende lokale Erdgasnetz ist geeignet, sowohl das Problem der Energieverluste bei Transport zu lösen, als auch jenes, dass Biogas aufgrund der Geruchsbelästigung bisher nur in landwirtschaftlichen Umfeldern breit nutzbar war. Das dritte Problem ist, dass Geräte oder Technologien (z. B. Gasautos) wirtschaftlich sinnvoll nur mit Erdgasqualität betrieben werden können.

Transportiert und erst am Ort des Verbrauchs – möglicherweise viele Kilometer weit entfernt vom Standort der Gasgewinnung – in Energie umgewandelt, erreicht das gleiche Ausgangsprodukt Biogas dazu noch weitaus interessantere Nutzungsgrade. Zum Beispiel durch die dann sinnvoll mögliche Anwendung hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplungen. Denn bislang werden Wärmeüberschüsse im Wesentlichen ungenutzt abgeführt, was die positive Ökobilanz des Energieträgers unnötig verschlechtert.

Das Roh-Biogas selbst wird im Fall der knapp zehn Jahre alten Puckinger Anlage aus der Haltung von rund 9000 Legehennen, 1500 Masthühnern und 50 Schweinen gewonnen. Theoretisch kann Biogas jedoch auch aus einer Vielzahl anderer organischer Stoffe gewonnen werden: z. B. aus Abfällen der Lebensmittelindustrie, aus kommunalen Abfällen organischer Natur (z. B. Biotonne, Laub etc.), grundsätzlich aber auch ganz einfach aus jeder Grünpflanze. Die Rohstoffversorgungssicherheit ist daher als enorm hoch einzustufen – insbesondere auch als Verfügbarkeit aus lokalem Anbau.

Die Aufbereitung des Puckinger Biogases auf Erdgasqualität durchläuft im Wesentlichen vier Stationen: Zunächst werden mittels Filteranlage feste und flüssige Stoffe entfernt. Danach erfolgt die Entschwefelung des Gases mittels Schwefelbakterien (Profaktor-Verfahren). Da das nun gereinigte und entschwefelte Biogas jedoch nach wie vor nur über einen Methangehalt von knapp 60 verfügt und der Methangehalt des Gases entscheidend ist für seinen Brennwert, erfolgt noch eine Methananreicherung mittels CO2-Abtrennung bis auf Erdgasqualität, also knapp 98 Methangehalt. Vor der Einspeisung des solcherart veredelten Biogases in das Erdgasnetz wird das Gas noch getrocknet und „odoriert“; die Odorierung ist eine Sicherheitsmaßnahme, die ansonsten geruchlosen Gasen für den Fall eines Installationsgebrechens einen typischen, identifizierbaren Geruch verleiht.

Die Puckinger Pilotanlage liefert heute pro Stunde rund 10 m³ Roh-Biogas. Nach Aufbereitung sind dies sechs Kubikmeter veredeltes Biogas, das wiederum zu nahezu 100 in das lokale Erdgasnetz der OÖ. Ferngas AG eingespeist wird. Der Energiegehalt dieses Gases beträgt jährlich bis zu 400.000 kWh, das entspricht dem durchschnittlichen Jahresbedarf von 40 Wohnungen.

Der weitere Betrieb der Biogasaufbereitungs- und -einspeiseanlage der erdgas oö. in Pucking soll vor allem Daten für die Entwicklung sinnvoller künftiger (wirtschaftlicher und technischer) Rahmenbedingungen von Biogaseinspeisungen liefern.

Redaktionelle Bearbeitung: Elisabeth Kreuzwieser, 2006