Meilensteine in Erdgastransport und Anlagenbau
Das erste Großbauprojekt der OÖ. Ferngas (die 1964 errichtete Leitung zur Versorgung der Linzer Stickstoffwerke erfolgt noch unter der technischen Leitung der Stickstoffwerke) ist die Hochdruckleitung von Windern nach Linz im Jahr 1972. Die regionale Öffentlichkeit feiert diese Leitung damals als „Hauptschlagader“ des so dringend benötigten und nun endlich in Aufbau befindlichen oberösterreichischen Erdgasnetzes. Die 55 Kilometer lange Stahlrohrleitung zur Versorgung der Voest wird in nur drei Monaten geplant und geht nach nur weiteren drei Monaten Bauzeit (Ende 1972) in Betrieb. Eine enorme technische und organisatorische Leistung für die damals gerade erst in Gründung befindliche Bauabteilung der OÖ. Ferngas.
Eine mindestens ebenso spektakuläre und zeitlich fast parallel (1972/73) entstehende Erdgas-Hochdruckleitung der OÖ. Ferngas ist die so genannte „Traunseeleitung“ von Gmunden (ab Hatschek-Zementwerke) durch den bis zu 196 Meter tiefen Traunsee bis nach Ebensee zur Versorgung von Solvay und Saline Ebensee. Die extrem schwierigen Baubedingungen – ein Seeleitungsprojekt in dieser Tiefe gilt zum damaligen Zeitpunkt als europaweit einzigartig – führen dazu, dass nur ein kleiner Kreis international tätiger Spezialfirmen die Bauausführung überhaupt anbieten kann. Noch während des Baus Ende 1972 entsteht an der Leitung infolge eines orkanartigen Föhnsturmes ein 25 Millionen teurer Schaden. In der Folge muss ein acht Kilometer langer bereits verlegter Rohrstrang mit Hilfe eines speziell für die schwierigen Verhältnisse am Traunsee neu entwickelten Verfahrens nochmals verlegt werden.
Eine weitere, österreichweit einzigartige bautechnische Leistung stellt das 393 Meter durch die Donau führende Hochdruckleitungsprojekt von Rainbach nach Enns im Jahr 1978 dar. Die aus Stahlrohren gefertigten Doppeldüker (Rohrnennweiten je 600 Millimeter Durchmesser) werden zur Sicherung gegen Auftrieb und mechanische Beschädigung mit einem je elf Zentimeter starken Betonmantel umhüllt und danach – anstatt mit den damals für Düker dieser Größe üblichen Stahlseilen – mit vorgespannten Polypropylenseilen armiert. Der Vorteil dieser Kunststoffarmierung ist die im Vergleich zu Stahlseilen sehr viel höhere Flexibilität.
Ein außergewöhnliches Bauprojekt – vor allem aufgrund der enormen Leitungslänge und -dimension (Nennweite 800 Millimeter) – ist die 75,4 Kilometer lange Speicherleitung von Puchkirchen bei Vöcklabruck nach Kronstorf im Jahr 1995. Für diese Leitung, die ab Juli 1995 Erdgasmengen für den RAG-Speicher Puchkirchen transportiert, sind u. a. auch wieder zwei Flüsse (Ager und Traun) mittels Doppeldüker zu queren.
In den Jahren 1996/97 errichtet die OÖ. Ferngas die Erdgas-Hochdruckleitung Aschach–Feldkirchen. Das bautechnisch heikelste Baulos im Rahmen dieses Projektes ist die 450 Meter lange Unterdükerung der Donau (Querung nicht im Flussbett, sondern unterhalb). Dieser wiederum europaweit einzigartige Leitungsbau wird in einem kombinierten Verfahren aus Horizontalbohrtechnik und gesteuertem Bohrverfahren bewältigt. Die tiefste Lage des Rohres unter dem Donaugrund beträgt 36,8 Meter.
Eine europaweit einzigartige Trassenführung bewältigten die OÖ. Ferngas-Bautechniker auch 1997 im Rahmen der 62 Kilometer langen Erdgas-Hochdruckleitung Krift–Pyhrnpass zur Verbindung des oberösterreichischen Erdgasnetzes mit jenem der Steiermark. Die Verlegung der 3,7 Kilometer langen Seeleitung mitten durch den Stausee Klaus kann aufgrund von 20 horizontalen Winkelpunkten nicht – wie bei Seetrassen bis dahin üblich – im Abwurfverfahren vorgenommen werden. Nach Verschweißung der Rohrstränge auf einem Pontonschiff wird die Leitung mit auf Pontons montierten Seilwinden unter Wasser gezogen. Diese innovative Verlegemethode mit Aufbringung einer Zugkraft auf das schwimmende Rohrsystem kommt europaweit erstmals bei der Pyhrnleitung der OÖ. Ferngas zum Einsatz.
Jüngster Meilenstein in der Errichtung der oberösterreichischen Erdgasinfrastruktur ist die Hochdruckleitung Bad Leonfelden–Linz zur Zweitversorgung des Linzer Zentralraums. Vor allem organisatorisch stellt dieses Bauprojekt das Unternehmen vor bislang ungekannte Herausforderungen. Nach jahrelangen Grundablöseverhandlungen sind – als mit der Errichtung ab Juni 2005 endlich begonnen werden kann – nicht weniger als 80 Personen, 15 Bagger, sieben Seitenbaum-Geräte, drei Schweißraupen, neun Schweißmaschinen und diverse Spezialbaumschinen im Einsatz. Der gesamte knapp zehn Kilometer lange „Bauzug“ besteht aus mehreren Arbeitstrupps, die bis zu 500 Meter lange Verlegestrecken pro Tag bewältigen. Ein Team aus Geologen und Hydrologen überwacht den Bau. Zahlreiche Brunnen zur Ersatzwasser-Versorgung des landwirtschaftlichen Nutzviehs werden gebohrt. Ein eigener Bodensondiertrupp bringt auf der gesamten Trasse Bohrungen nieder. Wo man auf Granit trifft, wird das Loch „geladen“ und eine Lockerungssprengung durchgeführt. Eine Premiere auf Ferngasbaustellen ist der Einsatz der so genannten „Paddingmaschine“; einer selbst ladenden Siebmaschine, die aus dem seitlich gelagerten Aushubmaterial unmittelbar das Bettungsmaterial für die Rohrleitung herstellt. Der Vorteil dieser teuren Spezialmaschine: Da keine schweren LKWs auf der Trasse fahren müssen, unterbleiben Aufwuchsnachteile der Feldfrüchte durch Bodenverdichtung.
Im Bereich von Druckregelanlagen und Messstationen stellt vor allem der Bau des so genannten „Knoten Ebelsberg“ im Jahr 1985 einen Meilenstein in der Errichtung der oberösterreichischen Erdgasinfrastruktur dar. Um eine Vielzahl von Fahrweisen bewerkstelligen zu können, wird der Knoten mit mehreren Gasdruckregelstrecken, einer Messstation mit sieben Messeinrichtungen sowie zwei Gasflussumschaltgruppen ausgestattet. Das Ein- und Ausspeichern von Erdgas der beiden oberösterreichischen Speicher Thann (OMV) und Puchkirchen (RAG) erfolgte jahrelang über den OÖ. Ferngas-Knoten Ebelsberg.
Redaktionelle Bearbeitung: Elisabeth Kreuzwieser, 2006