Geister und Gespenster:
Spiritismus

Die Nekromantie, die Totenbefragung zum Zweck des Wahrsagens, gab es schon in der Antike. Das Alte Testament berichtet ebenso davon wie später die mittelalterlichen Glossen.

Im Mittelalter schöpfte man das Wissen aus dem Buch „Picatrix“ (1256), einem arabischen Zauberbuch, und aus Johannes Hartliebs „Buch der verbotenen Künste“ (1456). Es gab umherziehende Nekromanten, die angeblich Tote zum Leben erwecken konnten.

Selbst Kaiser Maximilian I. ließ den Geist seiner ersten Frau durch den Abt Tritheim (Trithemius) beschwören. Er soll auch erschienen, aber wieder verschwunden sein, als Maximilian ihn umarmen wollte. Diese Geschichte kannten sicherlich auch die Jörger von Tollet, die in engem Kontakt zu Maximilian standen.

Emanuel von Schwedenburg (1688 - 1772), ein studierter Mathematiker, Theologe und Philosoph, der für seine wissenschaftlichen Schriften den Adelstitel bekommen hatte, begründete den Spiritismus. Ab 1745 beschäftigte er sich hauptsächlich mit theosophischen und mystischen Studien und gründete die „Neue Kirche“.

Außerdem entwickelte er die Gabe der Hellseherei und soll 1759 den 400 Kilometer entfernten Brand Stockholms beschrieben haben. In seinen Büchern berief er sich auf Gespräche mit Engeln und Geistern. Er glaubte an einen Mittelzustand zwischen Leben und Tod. Ein Mensch, der zum Geist geworden sei, stecke in dem Körper, den er zu Lebzeiten hatte, fest und wisse nicht, dass er tot sei. Geister würden zu Menschen genauso reden, wie Menschen miteinander, würden aber nur von Mittelspersonen gehört.

Der Umgang mit Geister könne gefährlich sein, manche würden den Menschen übel wollen und die von ihnen gegebenen Informationen hätten kaum Wert, weil sie auch nicht viel mehr wissen würden als Lebende.

Auch die Pneumatologen glaubten an eine mögliche Verbindung mit der Geisterwelt. Im tiefsten Zustand der Hypnose würde der Mensch hellsehend und könne Geister wahrnehmen. Diese könnten dabei Materie aus der Umgebung an sich ziehen, so einen Körper bilden und den Menschen sichtbar werden. Hier wird der später als „Materialisation“ beschriebene Vorgang vorweggenommen.

Der moderne Spiritismus entstand durch geisterhafte Klopfgeräusche, die Kinder einer Familie in Wayn (N.Y.) 1848 hörten. Nachbarn kamen dazu, schließlich setzte man sich um einen Tisch und stellte dem „Geist“ Fragen, die er durch Klopfen beantwortete. Dabei beobachtete man, dass das Klopfen nur in der Nähe bestimmter Menschen, der Medien, zu hören war. Man begann mit dieser Methode auch in anderen Orten zu experimentieren und setzte sich mit aneinander gelegten Fingerspitzen um einen Tisch. Dabei bewegte sich der Tisch fast immer, vielleicht durch (halb) bewusste Manipulation. Durch eine Kombination von Buchstaben und Klopfen (A= 1, B= 2…) erhoffte man sich Auskünfte über das Jenseits. Viele ernsthafte Wissenschafter der Zeit befassten sich mit den Phänomenen, die Okkultisten versuchten sie aber als Wirken einer bisher nicht entdeckten Naturkraft zu deuten.

Das „Tischrücken“ löste in manchen Gegenden Deutschlands eine wahre „Tischtanzepidemie“ aus. Die Kirche sah sich genötigt, Stellung zu beziehen. Sie lehnte den Spiritismus ab, weil angeblich Geister hier Antworten auf religiöse Fragen gaben, was eigentlich nur der Kirche zustand. Sie drohte sogar mit Exkommunikation hartnäckiger Spiritisten.

In Österreich wurde der Spiritismus auch in Adelskreisen Mode. Erzherzog Johann wandte sich in einer Schrift 1884 heftig gegen diese Praktik.

Mit Einsetzen der Fotografie entstanden auch die ersten Geisterfotos, die aber oft als Betrug entlarvt wurden. Auch die Materialisation, bei der Geister durch Medien sichtbar werden, wurde in vielen Fällen künstlich hervorgerufen. Manche Phänomene blieben aber unerklärbar.

Heute hat das Channeling den Spiritismus abgelöst. Dabei sollen übernatürliche Kanäle durch Medien angezapft und Botschaften von Geistern oder Engeln empfangen werden.

Autoren: Irene und Christian Keller, 2014

Glaube? Aberglaube? – Gelehrtenmagie - Dokumentation der Ausstellung im KULTURAMA Schloss Tollet vom 26. April bis 2. November 2014 und 2017.