Exorzismen

Exorzismen wurden im 3. Jh. in die Taufliturgie aufgenommen, in Berufung auf die Bibel begann man auch an Besessenen Exorzismen durchzuführen. Man rief den Namen Jesu, machte das Kreuzzeichen und blies ihnen Atem ein.
Im 7. und 8. Jh. gab es lange Exorzismusregeln, im 10. Jh. entstand eine exorzistische Liturgie, im 11. Jh. sammelte man Vorschriften für Exorzismen im „Liber Ordinium“.

1614 wurde der Exorzismus im Rituale Romanum festgelegt und 1917 im Codex des kanonischen Rechtes wieder aufgenommen. Dort findet sich neben den Taufexorzismen das Kapitel: „Wie man vom Dämon Besessene exorzieren soll“.
Dieser Teil wird als „großer Exorzismus“ bezeichnet. Nach mehreren Gebeten folgt der eigentliche Exorzismus, der mit den Worten „Ich befehle dir Geist, wer immer du auch bist“, also mit einem direkten Ansprechen des Teufels, beginnt.
Nach Lesung der Evangelien, der Bekreuzigung des Besessenen und weiteren Gebeten legt der Priester ihm die Stola auf und spricht: „Sehet das Kreuz des Herrn, flieht, ihr feindlichen Mächte.“ Nach weiteren Gebeten erfolgt der Exorzismus „Ich beschwöre dich, alte Schlange“ mit 22 Kreuzzeichen, dann der Exorzismus „Daher beschwöre ich dich, jedweden unreinen Geist.
Ist nach weiteren Gebeten die Heilung erfolgt, schließt man mit dem „Wir bitten dich, allmächtiger Gott.“ Es sind im Rituale Romanum keinerlei Heilmittel gegen Zauberei angeführt, es werden auch weder Kräuter, Schwefel, Pflanzen noch Reliquien verwendet.

Bei den kurz zuvor oder danach erschienenen Exorzismushandbüchern ist dies anders.

Girolamo Menghi, um 1600 einer der bekanntesten Exorzisten in Italien, dessen Bücher auch in Deutschland und Österreich beliebt waren, trug sicherlich zu Ausbreitung des Hexenwahns bei. Bei ihm mischen sich Vorstellungen der Dämonologie mit volkstümlichen über Hexen und Teufel. Zum praktischen Exorzismus dienten seine Bücher „Dämonengeißel“ (1576) und Dämonenkeil“ (1584). Der erste Teil dieser Bücher enthielt Instruktionen für Exorzisten, der zweite Exorzismushandlungen, der dritte Segnungen und Exorzismen gegen Zauber und Zaubermittel. Bei seinen Exorzismen wurden Reliquien, Pflanzen wie die Raute und Schwefeldämpfe verwendet, Dämonennamen auf Papier geschrieben und verbrannt.

Fünf Jahre nach dem Rituale Romanum erschien das Exorzismushandbuch von Maximilian von Eynatten. Es enthält zwar auch neben dem Exorzismus Abwehrmittel gegen Zauberei. Eynatten scheint aber ein Gegner der Hexenverfolgung und des Hexenhammers gewesen zu sein. Er wollte heilen und helfen, nicht wie im Hexenhammer gefordert, jede Hexe verbrennen.

Der Hexenhammer war 1487 erschienen. Er nannte gegen Besessenheit die Kommunion, die Anrufung von Heiligen und Gebete. Auch das Umlegen der Stola, das Ansprechen des Dämons und die Kreuzzeichen kommen hier vor. Dazu kann auch das Johannesevangelium gebetet werden.

Auch heute werden noch Exorzismen nach dem Rituale Romanum, das zuletzt 1999 überarbeitet wurde, durchgeführt. Man verwendet heute aber eher Exorzismen, bei denen der Teufel nicht direkt angesprochen wird.

Josef Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI, meinte in seinem Buch „Dogma und Verkündigung“: „Wer als Christ die Abgründe moderner Existenz, die Macht der sieben Dämonen wirken sieht, die in das leergefegte Haus zurückgekehrt sind und ihr Unwesen treiben, der weiß, dass die exorzistische Aufgabe der Kirche heute wieder anfängt, jene Notwendigkeit zu erlangen, die ihr im Aufgang des Christentums zukam. Sie weiß, dass sie hier der Welt einen Dienst schuldig ist und dass sie an ihrem Auftrag vorbeigeht, wenn sie den Dämonen hilft, sich in jene Anonymität zu hüllen, die ihr liebstes Element ist.

Am 23.05.2013 führte Papst Franziskus vermutlich einen Exorzismus durch. Eine Meldung, die um die Welt ging und von dem obersten Exorzisten des Vatikans, Gabriele Amorth, bestätigt wurde.

Autoren: Irene und Christian Keller, 2014

Glaube? Aberglaube? – Gelehrtenmagie - Dokumentation der Ausstellung im KULTURAMA Schloss Tollet vom 26. April bis 2. November 2014 und 2017.